Graz wird umgekrempelt

Bald-Bürgermeisterin Elke Kahr in Graz: „miteinander, niemanden ausschließen“

„Man merkt den Unterschied“, stellt Wahlgewinnerin Elke Kahr zu Beginn ihrer heutigen Pressekonferenz leicht ironisierend fest. Der KPÖ-Klubraum in einem hinteren Winkel des Grazer Rathauses – er wird künftig größer sein – ist bis auf den letzten Platz besetzt und TV-Kameras und Mikrofone prägen das Bild.

Und Elke Kahr wiederholt in ihrer ruhigen Art auch gleich ihr „altes, neues Credo“. „Es geht um ein Miteinander, wir werden niemanden ausschließen und auch am Boden bleiben.“ An ihrer Seite die beiden künftigen KPÖ-Stadträte Robert Krotzer (seit 2017 im Amt) und der neue, dritte Stadtrat Manfred Ebner.

Künftig werden bei den Sitzungen der Stadtregierung auch die Klubobleute jener Fraktionen dabei sein, die ohne Regierungssitz sind und damit kein Ressort führen. So sei dann jeder über die Entscheidungsvorgänge in der Stadtregierung informiert und eine alte KPÖ-Forderung, die Siegfried Nagl über all die Jahre hin abgelehnt hat. Ihm streute sie zum Abschied Blumen, er sei sehr fleißig gewesen und immer respektvoll im persönlichen Kontakt mit politischen Minderheiten im Rathaus – weniger allerdings sein Umfeld.

Als künftige Bürgermeisterin strebt Elke Kahr die Ressorts Soziales und Wohnen an. „Die sind für eine Stadt ganz wichtig.“ In diesen Bereichen werde es von den Ideen, Projekten wesentliche Veränderungen geben. Diese werden die Grazer Bürger dann aber im positiven Sinne registrieren. Im Mittelpunkt stünde alles, was Kinder und Familien angeht und die Stadt lebenswerter macht. Großprojekte wie U-Bahn, Plabutschgondel werde es mit ihr als Bürgermeisterin keine geben, sondern sie werde bemüht sein, jene Vorhaben umzusetzen, welche die KPÖ schon seit Jahren fordert. Dazu zählen auch die Bereiche im öffentlichen Verkehr, Klima- und Umweltschutz. Klar sei für die KPÖ auch, dass es da und dort im Grazer Rathaus mehr Personal geben muss. In etlichen Abteilungen arbeiteten die Bediensteten schon jetzt „am Anschlag“.

Nicht überraschend: Manfred Ebner, künftig neuer Stadtrat, bisher Klubobmann, macht deutlich, dass die KPÖ in den Verhandlungen mit den politischen Mitbewerbern das Finanzressort für sich beanspruchen werde. Kahr wiederum signalisiert, dass es in diesen Verhandlungen nicht darum gehe, bisherige ÖVP- und FPÖ-Ressorts aus- und abzuräumen, sondern man wolle jeder Regierungsfraktion ein ordentliches Arbeiten im künftigen Ressort ermöglichen.

Entscheidende Schnitte werde es allerdings in der Holding Graz geben. In dieser – auch „Haus Graz“ genannt – sind ja alle Tochtergesellschaften der Stadt gebündelt: zum Beispiel der Flughafen, die GVB, der Wirtschaftshof, Wasserwerke, usw. Der Aufsichtsrat dort trifft die wesentlichsten Entscheidungen für die Entwicklung der Stadt. Siegfried Nagl und Mario Eustacchio haben seit 2017 aus dem Aufsichtsrat alle „nicht-türkis-blauen-Vertreter“ entfernt und die führenden Posten ausschließlich mit Gefolgsleuten besetzt. Auch da gelte, so Kahr, der Grundsatz, dass sich in der Holding Graz künftig auch das politische Spektrum der Stadt Graz abbilde.

Aber es müsse niemand als Beschäftigter der Stadt Graz um seine Existenz fürchten, seinen Job zu verlieren. Auch die Grazer Wirtschaftstreibenden müssten keine Angst haben, spricht Manfred Ebner an, die künftige KPÖ-Politik werde am Wohle der Stadt Graz ausgerichtet. Insgesamt war das KPÖ-Führungstrio heute bemüht, jedwede atmosphärische Verunsicherung nach dem Wahltriumph vom Sonntag zu vermeiden. Klar ist aber auch, dass es in den künftigen Wochen beinharte Verhandlungen geben wird, geht es bei allen freundlichen Worten und Gesten doch um die politische Macht für die nächsten fünf Jahre in Graz.

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