Wer geht am Vormittag ins Kino?

Montag Vormittag, 11:15 Uhr KIZ Royal Kino Graz. Wir haben uns „Wienfilm 1896–1976“ von Ernst Schmidt jr. aus dem umfangreichen Diagonale-Programm heraus genommen, um ein uns unter die Zuschauer zu mischen. Wer nimmt sich zu Wochenbeginn am Vormittag die Zeit, um ins Kino zu gehen? Und warum?
Im Gastgarten des Kinos in der Grazer Conrad-von-Hötzendorfstraße sitzt ein älterer Herr mit Zeitung, Zigarre und Kaffee in der Sonne. Kein „gewöhnlicher Zuschauer“, sondern der österreichische Schriftsteller und Drehbuch-Autor Gustav Ernst, wie ich im kurzen Gespräch erfahre. „Ernst Schmidt jr. hab’ ich noch persönlich gekannt und im Film selbst kommen viele Figuren vor, die ich noch auch selbst kannte, die aber leider nicht mehr leben“, erzählt er. Der 80-jährige schaut sich den Film noch einmal an – aus sentimentalen Gründen, wie er sagt. „Eine sehr schöne Erinnerung am Montag morgen.“
So etwas wie Diagonale-Stammgast, könnte man sagen, ist ein Pensionisten-Ehepaar. „Seit zehn Jahren ist es ein Fixpunkt bei uns und wir schauen, dass wir da sonst nichts anderes vorhaben“, erzählen sie. „Bis zu zwölf Filme haben wir uns da bei jeder Diagonale angeschaut, aber mit dem zunehmenden Alter ist das schon fast zu viel.“ Diesmal sind es acht. Und wie wählt man da aus? „Wir gehen systematisch vor. Zuerst schauen wir, wann wir Zeit haben und dann, welche Filme es sind.“ Vorrangig wählen sie Dokumentarfilme aus, weil „Spielfilme ja eh ins Fernsehen kommen“, schmunzeln sie.

Wobei nach der Filmauswahl eher das Ticket das Schwierige ist, denn: „Wir kaufen nicht online über Handy, sondern gehen direkt hin“, so das Ehepaar. Und so ist auch das eine oder andere Mal die Enttäuschung groß, wenn es heißt: „Ausverkauft“. „Es tut mir dann leid, wenn wir keine Karten mehr kriegen – auch nicht über die Warteliste, wo es manchmal klappt – und dann aber erfahren, dass der Kinosaal halb leer war.“
Auf Anfrage bei der Diagonale heißt es dazu, dass die Diagonale ja nicht nur ein Festival für das Publikum sei, sondern auch für die Fach-Branche. Daher gebe es auch für diese ein bestimmtes Kontingent, wobei, wie man betont, der größte Teil in den freien Verkauf geht und es, für den Fall, dass Reservierungen der Filmleute usw. nicht wahrgenommen werden, es entsprechende Wartelisten gibt und man über diese in den meisten Fällen ein Ticket erhalte.

Apropos Fach-Publikum: Auch unter den rund 70 Zuschauern des „Wienfilms“ hier im KIZ Royal Kino sind Schauspieler von anderen Diagonale-Filmen unter den Zuschauern. Ich treffe die deutsche Schauspielerin Hannah Schutsch aus Berlin. Die Darstellerin aus dem Kurzspielfilm „Eva“ hat die „Gelegenheit beim Schopf gepackt“, um sich andere Filme im Programm anzuschauen.
Und nicht zuletzt finden sich auch Medienleute im Publikum. Wie beispielsweise eine vierköpfige Journalisten-Gruppe aus Berlin: „Wir sind schon öfters dabei gewesen.“ Nicht zuletzt auch, weil „Graz einfach eine so schöne Stadt ist und man Arbeit mit dem Angenehmen verbinden kann.“
Bis morgen haben sie dazu noch die Gelegenheit. HIER finden Sie Infos zum Programm. Heute Abend um 19:30 Uhr gibt’s übrigens die große Diagonale Awards Preisverleihung im Annenhof Kino mit anschließender Awards Afterparty.
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