„Du fühlst dich völlig allein gelassen“

Covid-Opfer verzweifeln an Österreichs Gesundheitssystem

Das ist der Befund von Melitta B. (Name geändert): „Hätte ich nicht mein familiäres Umfeld, ich weiß nicht, wie ich überleben soll.“ Ende September vorigen Jahres erkrankt die Kindergartenpädagogin an Corona. Sie bekommt Fieber, massive Kopfschmerzen. „Habe es nur im abgedunkelten Zimmer ausgehalten.“ Nach einer Woche wurde es besser. „Ah, jetzt geht’s vorbei“, dachte sie. Doch es war ein großer Irrtum.

In der darauffolgenden Woche wurde es wieder schlechter. „Ich konnte mich kaum duschen, weil ich 140 Puls hatte, mir war die ganze Zeit schlecht. Ich habe kaum noch gehen können, viel doppelt gesehen.“ Und das Schlimmste: „Allein habe ich gar nicht mehr außer Haus können.“ Ihr Kopf fühlte sich an, als wäre er in einen Schraubstock eingeklemmt. Vernünftig und ausreichend essen – das ging kaum noch. „Ich war körperlich ganz schwach.“ Dazu kam dann noch ein Darmvirus.

Die nächsten zweieinhalb Monate waren ein Horror. „Da bin ich ganz viel im Bett gelegen. Sobald ich aufzustehen versucht habe, kamen die Kopfschmerzen, der Schwindel, das Herzrasen.“ Auch ihre Hausärztin konnte ihr keine Tipps geben, die geholfen haben. „Meine Mama hat mir geholfen, so gut sie konnte. Allein hätte ich kaum eine Chance gehabt.“ Alle Ärzte, die sie kontaktiert hat, konnten nicht helfen. Melitta B. war zur Untersuchung beim HNO-Arzt, ließ eine Gastroskopie über sich ergehen, es folgte eine MRT-Untersuchung. „Aber man konnte mir nicht sagen, was ich tun soll.“

Mitte Dezember vorigen Jahres versuchte sie, in der Covid-Ambulanz des Landes in Hörgas einen Termin zu bekommen. Der war dann Ende Jänner. Weil es ihr schlecht ging, musste sie dazwischen ins Krankenhaus. Dort fühlte sie sich aber nicht ernst genommen. „In meinem Ärztebrief stand: Ich sei im guten Allgemeinzustand entlassen worden, obwohl ich schwach war und ziemlich verzweifelt.“

Erst zur Jahreswende fand sie in einer TCM-Ärztin die erste Hilfestellung. Diese: „Ich hab’ schon mehrere Patienten mit Long-Covid betreut.“ Die Vitamin-Infusionen und Aminosäuren für den Zellenaufbau, das Enzym Q10 und andere Mittel halfen. „Ich fühlte mich dann tatsächlich besser.“ Den Tipp hatte sie von einer Bekannten erhalten, der es nach dreimonatiger Behandlung dort besser ging.

Mit der Gesundheitskasse und ihren Besuchen dort kam eine schwere Depression. „Man gab mir dort das Gefühl, dass ich simulieren würde und schrieb mich einfach gesund.“ Der Befund der Long-Covid-Ambulanz war zu wenig. Sie habe nicht mehr gewusst, was sie tun und wohin sie gehen könne. „Ich war verzweifelt und bin es noch. Wenn du als Long-Covid-Kranker nicht Familie, Freunde und Bekannte hast, die dir helfen, schaffst du es nicht einmal zu einem Pflichttermin in der Gesundheitskasse.“ Und weil man keine Diagnosen für Long-Covid von den Ärzten bekommt, läuft man praktisch immer im Kreis. Wie viele Long-Covid Patienten Österreich hat – dazu gibt‘s keine Information.

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