„Der böse Geist Lumpazivagabundus“ im Grazer Schauspielhaus

Mit „Der böse Geist Lumpazivagabundus“ gelang Johann Nestroy 1833 der Durchbruch – und bis heute zählt das Stück zu den meistgespielten Werken des österreichischen Volkstheaters. Inmitten gesellschaftlicher Umbrüche geschrieben, stellt es bis heute aktuelle Fragen: Was bedeutet ein erfülltes Leben? Ist Glück planbar? Und was ist unser Platz in einer von Unsicherheit geprägten Welt? Gerade jetzt, da Zukunftsängste wieder auf der Tagesordnung stehen, ist das Stück anschlussfähig an die Themen unserer Zeit.

Regisseur Matthias Rippert zeigt das Stück im Grazer Schauspielhaus lustvoll doppelbödig. Das künstlerische Team entwickelt die Konzeption der Aufführung aus der Rahmenhandlung im Feenreich und folgt damit konsequent Nestroys Genrebezeichnung „Zauberposse“. Folgerichtig rücken die Feen in Ripperts Inszenierung in den Mittelpunkt: Verkleidet als die Menschen, denen die Handwerksburschen Leim, Zwirn und Knieriem im Laufe des Stücks begegnen, greifen sie direkt in die Handlung ein. Die Lebenswege der drei werden so zu Versuchsanordnungen einer übermenschlichen Rivalität. Die Feen steuern, verführen und übertreten Grenzen – sie alle wollen den Wettstreit für sich und ihre Position entscheiden.

So entfaltet die Inszenierung von Nestroys Text und seinen Figuren ein Spiel über Einfluss, Manipulation und der Suche nach Orientierung. Aus der Geschichte über Glück und Verführung, wird in Ripperts Lesart eine bittere Farce über das Ringen um das richtige Lebensmodell. Auch die Kostüme unterlaufen bewusst Sehgewohnheiten: Die Feen erscheinen nicht als märchenhafte Lichtgestalten, sondern zeigen einem entrückten Look zwischen Verführung, Künstlichkeit und Kontrollverlust, der auch in der Menschenwelt durchscheint. Einzig ihre langen Haare bleiben als Relikt einer klassischen Lesart der Feenwelt.

Die Couplets der Inszenierung stammen von der Grazer Autorin, Schauspielerin und Regisseurin Pia Hierzegger. Mit herrlich sprödem Humor wirft sie einen heutigen Blick auf das Innenleben der Figuren, schaut genau hin bei scheinbar beiläufigen Handlungsdetails und nutzt – ganz im Nestroy’schen Sinn – die Gelegenheit, um pointiert und treffsicher die aktuelle politische Lage aufzugreifen.
Am Ende steht Lumpazivagabundus als zynischer Beobachter über dem Geschehen: Der Geist der Unangepasstheit fordert mit einem letzten Couplet das Publikum verführerisch dazu auf, die Zwänge des bürgerlichen Lebens zu befragen.

Die nächsten Termine: 12. Juni, 14. Juni, 17. Juni und 21. Juni
Tickets gibt’s HIER

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der erste der kommentiert