AUS für Amtsgeheimnis

Nach 100 Jahren: „Revolution“ am 1. September 2025. Bürger nicht mehr Bittsteller!

„Das geht Sie nichts an, das ist privat, unterliegt dem Amtsgeheimnis.“ Dieser legendär gewordene Beamtensatz gilt ab 1. September 2025 nicht mehr. Millionen von Bürgern ärgerten sich darüber über Generationen hinweg, wenn sie eine Auskunft wollten.

Am 1. September 2025 wird das Amtsgeheimnis endgültig abgeschafft und durch das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ersetzt. Alle Informationen in öffentlicher Hand sind von nun an grundsätzlich einsehbar. Der Bürger als Empfänger und nicht mehr als Bittsteller. Das bedeutet eine radikale Umkehr der bisherigen Logik. Diese geht zurück auf die Habsburg-Monarchie. Kaiserin Maria Theresia drängte ihre Beamten stets zur „Verschwiegenheit“. Dieser Grundsatz sollte sogar die Monarchie überdauern.

Seit 100 Jahren war das Amtsgeheimnis in der österreichischen Verfassung festgeschrieben. Das letzte seiner Art in Westeuropa. Ein Anachronismus, der für viel Kritik und Spott sorgte. Typisch, dass im Land von Sisi und Franz die Bürger noch immer wie Untertanen behandelt werden. („Die Zeit“ 24 / Juni 2025)

Ein „Hurra“ für die Bürger

Alle Informationen in öffentlicher Hand sind von nun an grundsätzlich einsehbar. Städte und Gemeinden ab 5.000 Einwohnern müssen Informationen von öffentlichem Interesse sogar proaktiv veröffentlichen. Ausnahmen müssen gut begründet werden. Bislang war es umgekehrt.

Eltern können erfragen, aus welchen Gründen ihnen ein Kindergartenplatz verwehrt wurde; Nachbarn den Umwidmungsprozess eines Grundstückes von Acker, Wiese in Bauland erforschen; auch die Gehälter und Einstufungen von Gemeinde- und Landesbediensteten. Neugierige können in amtlichen Statistiken, Tätigkeitsberichten und Studien blättern.

Ohne Kosten für Bürger

Anders als in Deutschland hat der Gesetzgeber in Österreich den Weg zu den Informationen leicht gestaltet. Größere Gemeinden sollen alle Informationen von „allgemeinem Interesse“ auf der zentralen Plattform des Bundes veröffentlichen. Es reicht für den Bürger ein formloser Antrag auf Auskunft bei der Gemeinde oder beim Land. Da und dort kann auch schon ein Anruf zur Auskunft führen. Kosten dürfen dabei für den Bürger keine entstehen.

Vier Wochen hat eine Gemeinde Zeit, um die Informationen frei zu geben oder eine Ablehnung zu begründen. Der Städtebund hat dafür bereits Musterbescheide erarbeitet.

„Milch und Honig“ für Querulanten

Als ÖVP und Grüne das Gesetz zum Ende des Amtsgeheimnisses verhandelten, meinte der damalige Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP): „Querulanten könnten die Verwaltung lahm legen.“ Nehammer traf damit einen wunden Punkt bei Ländern und Gemeinden. Nicht leicht wird es in kleinen Gemeinden, wenn es darum geht: Wer soll wann und wie welche Auskunft geben müssen? Josef Niggas, Bürgermeister der 3.600 Einwohner großen Marktgemeinde Lannach: „Wir lassen das grundsätzlich einmal auf uns zukommen. Prinzipiell ist ja bei uns ohnehin viel einsehbar und sollte es kompliziert sein, müssen wir uns halt genau damit beschäftigen. Ich denke, in unserer Gemeinde sind wir sehr transparent.“

Eine Befürchtung ist, dass alles weitergehen wie bisher, obwohl das Amtsgeheimnis abgeschafft wurde. Mitentscheidend ist dafür, dass die Verantwortlichen in den Gemeinden und im Land entsprechend geschult werden. Technisch und rechtlich wird das möglich sein. Nur der Zeitaufwand dafür ist vorerst noch nicht einzuschätzen. Auch Sicherheitsfragen werden eine Rolle spielen. Geht es zum Beispiel um typische Infrastruktur in Gemeinden, die ja vor Cyber-Angriffen durch strenge EU-Richtlinien geschützt sein müssen.

Noch ist also nicht abschätzbar, was nach dem 1. September sich da zur Thematik „Aus für das Amtsgeheimnis“ an Dynamik in Bewegung setzen wird. Es bleiben die Fragen: Handelt es sich um ein begründetes öffentliches Interesse? Überwiegen Datenschutz, Sicherheit, Firmengeheimnisse? Oder müssen die gewünschten Informationen der Bürger überhaupt erst erhoben werden? Wie heißt es so schön abgewandelt in Amtsstuben und Büros: Abwarten und vorerst einmal Kaffee oder auch Tee trinken …

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Bemerkungen :

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    Martina Bergmann June 10, 2025 um 7:48 am
    Finde ich generell gut, nur das Gehalt von jemandem geht einen anderen nichts an - außer man teilt es freiwillig mit. Ich kann auf der Bank auch nicht den Gehalt meines Bankberaters erfragen...
  • user
    Werner Riegelnegg June 6, 2025 um 3:22 pm
    Wieder ein Schritt ins 21. Jahrhundert ✔️