„Als Vize-LH stehe ich nicht zur Verfügung“

In der selben oder in welcher Formation und „Reihenfolge“ werden die Spitzen des Landes beim Neujahrsempfang der Medien in der Grazer Burg im Jänner 2025 auftreten bzw. dabei sein? Darüber wurde natürlich beim gestrigen Empfang (9.1.2024) im Weißen Saal der Grazer Burg nur in kleinen Runden diskutiert. Obwohl Landeshauptmann Christopher Drexler den ganzen Abend anwesend war und wenige Tage vorher in einem zweiseitigen – wie könnte es dort anderes sein – überaus behutsam geführten Interview in der „Kleinen Zeitung“ mit einer politischen Überraschungsantwort aufwartete

Im Gespräch mit seinen „Du“-Freunden wird Christopher Drexler gefragt: „Ist es für Sie denkbar, Landeshauptmann zu bleiben, wenn die ÖVP am Wahltag Zweiter wird?“ Christopher Drexler: „Mein Ziel ist es, als Nummer 1 durchs Ziel zu gehen. Im aktuellen politischen Umfeld glaube ich, dass das ein realistisches Ziel ist, dem ich mit großer Zuversicht entgegengehe.“ Und dann der überraschende Zusatz: „Als Vize-LH stehe ich nicht zur Verfügung.“

Eine Aussage, die bei jedem kritischen Journalisten sofort die Fragen ausgelöst hätte: „Warum nicht? Was sind Ihre Gründe? Ist Ihnen diese Funktion zu wenig oder dann Ausdruck Ihres persönlichen Scheiterns? Scheiden Sie dann aus der Politik aus? Oder wechseln Sie in die Bundespolitik?“ Völlige Fehlanzeige. Möglicherweise hat Drexler den ihm mit „Du“-Wort verbundenen Journalisten „off records“ Erklärungen dafür erläutert, aber gebeten, diese nicht zu veröffentlichen. In der größten regionalen Tageszeitung Österreichs ein seltsames Interview mit vielen Fragezeichen.

Denn was sind die Fakten?
Christopher Drexler, 52, hat die Funktion des Landeshauptmannes durch den „Zuruf“ oder die „Gnade“ seines Vorgängers – je nach dem, wie man es sehen will – in einer laufenden Regierungsperiode von Hermann Schützenhöfer am 4. Juli 2022 in einem „fliegenden Wechsel“ übernommen. Im Landtag erhielt Drexler dann durch die Stimmen des Koalitionspartners SPÖ die erforderliche absolute Mehrheit für seine Wahl zum Nachfolger Schützenhöfers. Dieser hatte Monate mit sich gerungen, wie Schützenhöfer selbst bei seinem Abschied zugab, den richtigen Zeitpunkt für sein Ausscheiden aus der Politik zu erwischen. Ein Prozess, der ihn zögern ließ und ihm schlaflose Nächte bereitet hatte.

Im „Kleine-Zeitung“-Gespräch erklärt Christopher Drexler, dass er im November dieses Jahres wählen lassen möchte. Im bevorstehenden Wahlkampf tritt er zum ersten Mal als Spitzenkandidat überhaupt bei einer großen politischen Wahl an. Und es ist absolut verständlich, dass er mit der steirischen Volkspartei neuerlich zur stimmen- und mandatsstärksten Partei werden möchte und damit auch wieder zum Landeshauptmann gewählt wird.

Aber warum dann gleich eine so überheblich klingende Formulierung „Als Vize-LH stehe ich nicht zur Verfügung“? Wäre dies dann das Eingeständnis seines Scheiterns? Wiewohl er als Landespolitiker für die derzeitige mäßige Wählerakzeptanz der ÖVP österreichweit nicht verantwortlich war und ist. Sein Vorgänger Hermann Schützenhöfer scheiterte zwei Mal als Spitzenkandidat, bis er in der Hochphase von Sebastian Kurz sein politische Ziel erreichte. Das war im Jahr 2019. Die ÖVP errang 36 Prozent der Stimmen (+7,6 Prozentpunkte) und 18 von 48 Sitzen im Landtag. Man darf daher also davon ausgehen, dass auch Christopher Drexler – ein VP-Kenner: „er sieht sich gern als politischer Vorzugsschüler“ – bei der bevorstehenden Landtagswahl keine Chance hat, die absolute Mehrheit zu schaffen.

Gegenwärtig zeigen die Umfragen, dass die ÖVP mit Drexler, die SPÖ mit Anton Lang als Koalitionspartner und die FPÖ mit ihrem Obmann Mario Kunasek bei einem Stimmenanteil von rund 25 Prozent (+/- einige Prozentpunkte) liegen. Christopher Drexler hat eine Koalition mit der Kickl-FPÖ mehrmals ausgeschlossen. Warum legt er sich dann so fest? Oder sieht er nach der Wahl in der steirischen Landes-FPÖ durchaus einen Koalitionspartner, obwohl sie ein Teil der Kickl-FPÖ ist?

Seine Aussage „Ich stehe als Vize-LH nicht zur Verfügung“ wirkt noch seltsamer, gerade im Zusammenhang mit seiner „Dauerbotschaft“, dass die Steiermark mit ihrer Regierungszusammenarbeit zwischen den Parteien ein Vorbild in der politischen Debatte darstellt. Diese tätigte er auch beim Medienempfang: „Gerade in schwierigen und herausfordernden Zeiten können wir dem Land mit dem steirischen Weg der Zusammenarbeit einen großen Dienst erweisen. Schauen wir, dass in diesem Jahr die Politik gemeinsam mit den Medien ein gutes Stück demokratischer Debattenkultur schreibt.“

Und wieso sollte Christopher Drexler in der Position des Vize-Landeshauptmanns mit seinen politischen Fähigkeiten nicht auch einen wesentlichen Teil dazu beitragen können? Aber offensichtlich ist ihm die Position des Zweiten politisch einfach zu wenig. Wo doch in seiner Laudatio die politische Kultur und die Zusammenarbeit in der Steiermark ohnehin vorbildlich ist. Wie passt das alles zusammen? Eine Frage, die sich nicht nur Beobachter stellen.




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