Aufsteirern – nur anders

Ort des Festes ist das Landhaus in der Herrengasse er Grazer Innenstadt. Es entstand 1527–1531 als erster Renaissancebau der steirischen Landeshauptstadt, erbaut 1557 nach den Plänen des Architekten Domenico dell’Allio. Genauer gesagt, Ort des „Aufsteirerns“, ist die Landstube und der Landtagssitzungssaal. Anlass ist die sogenannte konstituierenden Sitzung des neuen 48-köpfigen Landtags, mit der anschließenden Wahl der Landesregierung.
Draußen in der Herrengasse protestieren die „Omas gegen rechts“, während drinnen im Hof des Landhauses eine Schülergruppe die Eiskrippe bewundert.

Eine Stunde vor Sitzungsbeginn geht es schon rund in der Landstube, sind alle Kameras für die Übertragung ins Fernsehen schon aufgebaut. Die Moderatoren bereiten sich für den Live-Einstieg vor und die anwesenden Fotografen und Medienleute erhalten ein kurzes Briefing. Wo darf man während der Sitzung hin und wo nicht. Alles ist genau geregelt.

Pünktlich um 10 Uhr eröffnet die zu diesem Zeitpunkt noch Erste Landtagspräsidentin Manuela Khom die Sitzung. In ihrem rosafarbenen Jäckchen fällt sie auf, sind doch die meisten der Abgeordneten und Zuschauer im Auditorium zwar festlich „aufgemascherlt“, aber doch eher in gedeckten Farben gekleidet.

Man fühlt sich wie beim Aufsteirern, viel Prominenz aus der grünen Mark füllt den Zuschauerraum. Obwohl – auch wenn es feierlich wirkt, Musik gibt’s keine. Aber so ist es nun einmal in der Politik, salopp gesagt, eher fad. Was auffällt, der grüne Steirer-Look und das Dirndl im Gegensatz zur Vergangenheit nicht mehr dominieren. Selbst Alt-Landeshauptmann Christopher Drexler, der vor der Wahl aufrief, steirisch zu wählen kommt „in Zivil“.
Auf die Tracht setzt gezielt die FPÖ als „Heimatpartei“. Allen voran natürlich auch Gerald Deutschmann, der als Erster Landtagspräsident Manuela Khom nach der Wahl des Dreier-Präsidiums am höchsten Platz im Saal ablöste.

Und wie es sich für eine konstituierende Sitzung gehört, haben die Abgeordneten auch ihr Erkennungszeichen an ihrem Revers: Bei der SPÖ ist das traditionell die rote Nelke. Und bei den Freiheitlichen ist es estmals das Edelweiß. Die Neos-Abgeordneten tragen ihr pinkes Parteilogo und bei den anderen Parteien gibt es kein gemeinsames Erkennungsmerkmal.

Neue Sitzordnung
Augenscheinlich ist auch, dass es ein Sesselrücken im Landtag gegeben hat – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Denn ÖVP und FPÖ mussten nach sieben Jahrzehnten erstmals im Landtag „die Seiten tauschen“. Früher hatten die Schwarzen rechts, vom Landeshauptmann aus gesehen, die Sitzreihen abonniert. Dort sind nun die Plätze der Freiheitlichen Mandatare. Die SPÖ musste der ÖVP Platz machen und ist nun nach hinten in die Mitte gerückt. Nur die Mandatare von Neos und KPÖ haben praktische ihre Plätze behalten. Die Verteilung sieht so aus: Für die FPÖ sitzen im Landtag 17 Mandatare, die ÖVP 13, die SPÖ 10, die Grünen und Neos jeweils 3 und die KPÖ 2.

Nach rund zwei Stunden ist es dann soweit, hat der Landtag die neuen acht Regierungsmitglieder – je vier von FPÖ und ÖVP – gewählt. Sie nehmen auf der Regierungsbank Platz. Mario Kunasek hält – klarerweise im Blitzlichtgewitter dutzender Kameraleute – seine erste Rede als Landeshauptmann. Manuela Khom, hält auch eine kurze Ansprache, diesmal in ihrer neuen Funktion als Landeshauptmann-Stellvertreterin.

Übrigens: Morgen ist es dann ganz offiziell gültig, wenn Bundespräsident Alexander Van der Bellen den steirischen Landeshauptmann angeloben wird. Denn laut der Österreichischen Verfassung ist der Landeshauptmann, vor dem Landesamtsdirektor oberster Beamter eines Landes. Und als solcher muss er die Gesetze der Republik vollziehen. Er erhält sein Salär ja auch von der Republik.


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