Begräbnis erster Klasse für Drexlers Leitspital
Das war eine wörtliche Aussage von Christopher Drexler im Juni 2018 in einem KLIPP-Gespräch, damals noch als Gesundheitslandesrat. Drexler, von KLIPP-Journalist Jürgen Lehner damit konfrontiert, dass es viel Widerstand und auch inhaltlich Kritik am Projekt selbst gibt, nahm das eher gelassen hin.
Und auch den Einwand von KLIPP im Gespräch: Bei den Landtagswahlen im Jahr 2020 könnte dieses Projekt zum „Zünglein an der Waage“ werden, über Sieg oder Niederlage der beiden Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ. Anmerkung aus heutiger Sicht: Ein Jahr später kam es zu vorgezogenen Neuwahlen auf Bundesebene, ausgelöst durch den Ibiza-Skandal. Bekanntlich ging aus dieser Wahl Sebastian Kurz als strahlender Sieger hervor. Im Sog von Sebastian Kurz entschied Hermann Schützenhöfer sich, die für 2020 geplanten Landtagswahlen auf November 2019 vorzuverlegen. Wenige Monate zuvor hatte es am 7. April im Bezirk Liezen eine Volksbefragung zum Leitspital-Projekt gegeben. Daraus resultierte für Drexler und Co. ein unangenehmes, klares Nein in Sachen Leitspital. Das „Nein“ von zwei Drittel der Befragten im Bezirk Liezen war damit eine herbe Niederlage.
Bei der Landtagswahl ein halbes Jahr später, im November 2019, schlug sich dieses „Nein“ in der Volksbefragung nicht im Ergebnis für Hermann Schützenhöfer nieder. Im Gespräch mit Drexler hatte KLIPP-Journalist Jürgen Lehner allerdings damals schon darauf hingewiesen, das Festhalten am Leitspital-Projekt im Ennstal könnte für ihn zum Pyrrhussieg werden.
Mehrmals war dann im Laufe der Zeit danach aus ÖVP-Kreisen zu hören, dass der Sieg von Hermann Schützenhöfer bei der Landtagswahl wohl der klarste Beweis dafür sei, dass der Widerstand gegen das Leitspital bereits Geschichte sei. Es wurde dabei aber nur verdrängt, dass über das Projekt damals noch zu wenig brisante Details und auch die wirklichen Kosten bekannt waren. Das hat sich logischerweise dann mit der Zeit rasch geändert und die Bürgerinitiative „BISS“ ließ nicht locker. Schon damals sprachen sich die Oppositionsparteien, an der Spitze die FPÖ, Neos, Grüne und die Kommunisten ebenfalls gegen das Leitspital-Projekt aus.
Am vergangenen Sonntag bekamen Christopher Drexler und sein Regierungspartner Anton Lang die Rechnung für ihre Entscheidung gegen die Mehrheit der Wähler, vor allem im Ennstal und in der Obersteiermark, durch enorme Verluste präsentiert.
KLIPP schrieb im Juni 2018:
Das neue Leitspital für das Ennstal, die Region Liezen soll bis 2025 in der Gemeinde Stainach-Pürgg entstehen. Maximal 350 Millionen Euro könnte es kosten. Schon in den letzten Monaten hat sich mit der Bürgerinitiative „BISS“ eine starke Gegnerschaft gebildet. Der Schützenhöfer-ÖVP als Fahnenträger für dieses Projekt und der Schickhofer-SPÖ drohen größere Stimmenverluste bei der Landtagswahl 2020. BISS sammelte allein in den letzten Monaten 14.000 Unterschriften.
Die Gewinner dieses umstrittenen Mamutprojekts werden die FPÖ (keine Zustimmung), die Grünen und die KPÖ sein. Die FPÖ könnte damit im Wahlkreis IV auch zur Mehrheitspartei werden. ÖVP-Gesundheitslandesrat Christopher Drexler bereite die Situation keine schlaflosen Nächte. Man werde mit guten Argumenten überzeugen. In der Politik gelte es, oft Entscheidungen zu treffen, die im ersten Moment nicht populär sind.
Das von der Landesregierung erstellte detaillierte Expertenpapier ist die eine Seite, die vielen offenen Fragen und die Realität in der Gesundheitsversorgung sind die andere Seite. Denn bis zum Wahltermin 2020 werden die Bedenken zum Spitalneubau nicht zu entkräften sein, weil die möglicherweise guten Argumente für den Bau nicht ausreichend genug kommuniziert werden können. Die Art und Weise, wie die Pro-Argumente den Liezenern bisher vermittelt wurden – nach dem Motto „es gibt keine Alternative dazu“ –, ist wenig geschickt.
Die Liezener nehmen ihre gesundheitliche Versorgung zur Zeit mit dem Leitspital in Rottenmann, den Krankenhäusern in Schladming und Bad Aussee als zufriedenstellend wahr. In den Randgebieten nehmen die Bewohner auch das Salzkammergutklinikum in Oberösterreich in Bad Ischl und Spitäler in Salzburg in Anspruch.
Rund 95 Millionen Euro sind in den letzten Jahren in die drei bestehenden Standorte investiert worden. Aus Sicht der Gegner könnte man auch Rottenmann und Schladming zukunftsfähig mache, sodass ein Neubau nicht nötig wäre. Das Leitspital-Projekt der Landesregierung in Stainach-Pürgg sei in wichtigen Fragen zu wenig ausgereift, man begnüge sich mit guten Absichtserklärungen.
Eine weitere Schwachstelle liegt außerhalb des Gesundheitsbereichs – die unbefriedigende Verkehrslösung im Raum Stainach-Pürgg und von Liezen in Richtung Osten bis St. Gallen. Das Verkehrsaufkommen führt bereits an Wochentagen zu Staus und Kolonnenverkehr. Die Chancen stehen nicht gut, dass es dort bis zur geplanten Eröffnung 2025 auch eine Verkehrsentflechtung und -verbesserung geben wird. Besonders stark betroffen vom Neubau wäre die Gemeinde Rottenmann. Das bisherige Leitspital mit seinen 600 Mitarbeitern ist der größte Arbeitgeber. Der Einnahmen-Entfall an Kommunalsteuern wäre für die Gemeinde ein Kahlschlag, fast ein Todesurteil so der Bürgermeister sinngemäß. Ein Vorschlag der BISS: Ein derartiges gesundheitspolitisches Großprojekt müsse viel griffiger und wirklichkeitsnäher mit den Bürgern diskutiert werden. Nur so werde es mehrheitlich positiv aufgenommen.
(KLIPP Juni 2018)
Sei der erste der kommentiert