Chancen für Aufbruch
Zu tiefgreifenden Veränderungen ist man im privaten, beruflichen Leben, aber auch in der Politik erst meist dann bereit, wenn die Not am größten ist.
So wie das derzeit bei der steirischen Volkspartei und SPÖ nach der Wahlniederlage der Fall ist. Haben doch die erfolgsverwöhnte ÖVP (-9,3 %) und der Koalitionspartner SPÖ (-1,4 %) ihre absolute Mehrheit im Land verspielt. Die steirische ÖVP mit ihrer Zentrale am Karmeliterplatz in Graz hat ihre sprichwörtlich historische „steirische Breite“ verloren. Sie ist praktisch zu einer ÖAAB-Partei retardiert. Keine Rede mehr von einer durch die drei Teilorganisationen – Wirtschaftsbund, Bauernbund, Arbeiter- und Angestelltenbund – wirklichen Volkspartei. Wie das noch zu Zeiten einer Waltraud Klasnic oder eines Josef Krainer in der ÖVP-Fraktion im Landtag sicht- und spürbar war. Die Fenster am Karmeliterplatz müssen weit geöffnet werden, um frische Luft herein zu lassen.
Bei der steirischen SPÖ wiederum drängt sich niemand als Nachfolger von Anton Lang auf. Auch kein Ruhmesblatt, personell so ausgedünnt aufzutreten. Jörg Leichtfried als stellvertretender Klubobmann in Wien, unter Pamela Rendi-Wagner sogar Klubobmann, hat es nicht geschafft, sich wirklich den Ruf „unverzichtbar“ zu erarbeiten. Seine Statements und sein Politiker-Speech versprühen eher die Wirkung einer Schlaftablette. Auch Hannes Schwarz, der Klubobmann im Landtag, wäre als neuer Mann an der Spitze keine Lösung mit politischer Exklusivität und Charisma für die Zukunft. Das Casting für die Nachfolge Langs muss daher sorgfältigst aufbereitet werden.
Anton Lang „kann“ also nicht Landeshauptmann, wie er plakatieren ließ. Aber er könnte doch noch zu seinem großen Auftritt kommen und in der österreichischen Innenpolitik für Aufmerksamkeit sorgen. Wenn er und Mario Kunasek sich auf eine blau-rote Koalition im Land Steiermark einigen könnten. Denn, dem verbindlich wirkenden Mario Kunasek würde dann auch in der österreichischen Politik Historisches gelingen. Als freiheitlicher Landeshauptmann, noch dazu in einer Koalition mit rot, würde das gleichsam den demokratischen Ritterschlag bedeuten. Damit stünde Kuansek auf einer Ebene mit Parteiobmann Herbert Kickl und wäre als Rechtsverbinder in seiner Partei nicht mehr zu übersehen. Anton Lang auf der anderen Seite hätte damit die sogenannte „Vranitzky-Doktrin“ zu Grabe getragen, die da lautet. Keine Koalition mit den Freiheitlichen. Diese hat die Sozialdemokraten bis heute in ihrem politischen Handlungsspielraum stark eingeengt.
Und nicht zuletzt, auch ein positives innenpolitisches Ausrufezeichen für Norbert Hofer, der bekanntlich im Jänner als blauer Spitzenkandidat und Herausforderer im Burgenland gegen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil antritt.
JL
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