Nachruf. Michael Pachleitner

... verstorben am 31. Oktober 2023

Dass Michael Pachleitner krank war, wusste man. Dass der 63-Jährige diszipliniert und Zeit seines Lebens ein Kämpfer war - auch. Das war die Hoffnung. Seit gestern, dem 31. Oktober 2023, trauern seine Familie, die Freunde und die Mitarbeiter. Im Kreise seiner Familie schlief er friedlich ein. Aufrichtiges Beileid an die Trauernden.

Vor nicht einmal einem Monat zeichnete Landeshauptmann Christopher Drexler den erfolgreichen Unternehmer mit dem Goldenen Ehrenzeichen des Landes Steiermark aus. Das nächste KLIPP geht am Wochenende in Druck. Darin war die folgende Reportage bereits ein Teil des Magazins. Aus dem aktuellem Anlass veröffentlichen wir sie heute bereits online.

Aus zwei machte er 1000 Mitarbeiter

Michael Pachleitner: „Nie das Ziel aus den Augen verlieren“

Es war im Jahr 1984. Mit 24, ein halbes Jahr vor der Promotion zum „Doktor jus.“ übernahm Michael Pachleitner die Schmuckgroßhandelsfirma seines Vaters in Graz. Dieser zog sich – als Kaufmann müde geworden – in die Pension zurück. „Ich wollt’ Notar werden, hab’ mich dann aber dafür entschieden.“ Und er übernahm die zwei Mitarbeiter. Heute zählt das Familienunternehmen tausend Beschäftigte aus 20 Nationen und beliefert 67 Länder.

Nie die Ziele aus den Augen zu verlieren, lebte der Vater ihm und seiner Schwester Sabine vor. „Er war liebevoll, aber streng.“ In den Ferien durfte der Sohn schon mit 15 am Fließband einer Firma sein eigenes Geld verdienen. Später bewohnten die Geschwister dann eine Wohnung, die dem Vater gehörte. „Aber die Betriebskosten mussten wir selbst bezahlen.“

In den Zeiten des raschen Wachstums der Michael Pachleitner Group gab es natürlich auch Rückschläge und Niederlagen, blickte der am 31. Oktober 2023 Verstorbene auf den Einstieg ins Brillenglas-Geschäft, den Aufbau einer Produktions- und Vertriebsstruktur zurück. Die nach der Finanzkrise im Jahre 2009 architektonisch auffällig gestaltete Firmenzentrale an der Stadteinfahrt in Graz-Liebenau ist zu einer Landmark geworden. „Natürlich waren die 27 Millionen Euro für das MP09 eine große Herausforderung. Skeptiker sahen darin bereits ein Himmelfahrtskommando. Wir haben dann gesagt, wir ziehen das durch. Es war zugegeben schwierig, aber es war für die Kunden, für die Lieferanten und für uns, für die Außenwirkung positiv. Wir wurden anders wahrgenommen. Man erscheint größer als man ist und es fällt einem leichter, zu expandieren.“
 

Dort, im MP09 in Graz-Liebenau entstand die zentrale Ideenfabrik, in der Augenoptik, Brillengläser, Fassungen, Sonnenbrillen, Vertriebs- und Marketing-Konzepte zu individuellen Paketen geschnürt werden. Mit klingenden, internationalen Marken wie Robert La Roche, Daniel Hechter, Jill oder Red Bull Eyewear. Ein Team von Designern und Experten aus der Trend- und Produktentwicklung bastelt ständig an neuen Produkten. Mit der Brillenglas-Fabrik in Norddeutschland und dem Logistikzentrum in Tschechien bietet man den Kunden „alles aus einer Hand“.

Hohe Ansprüche

In Pachleitners persönlichem Ziel-Katalog kam der Begriff „Kompromiss“ nicht vor. Auch sein gepflegter Glatzen-Kopf war dabei ein sichtbares, persönliches Statement. „Man sagt mir nach, dass ich ein Perfektionist bin“, bekannte er. Nicht nur in Waren zu investieren, sondern vor allem in Menschen. Sich mit Mitarbeitern zu umgeben, die in ihrem einzelnen Fachbereich wesentlich besser sind als er. „Und ich dann die Klammer bin.“
 

Das Familienunternehmen ist in Österreich heute Marktführer im Brillenglas-Geschäft. Es mussten Strukturen aufgebaut werden. Er selbst musste vor allem lernen loszulassen, Flops zu erkennen (‚„nicht zwei Mal den gleichen Fehler machen“) und für den Erfolg braucht es da und dort „eine harte Hand in der Führung“. „Es ist nicht leicht, mich zu überzeugen, aber ich lass’ mich auch. Als Familienunternehmen können wir dann schnell entscheiden.“

Sehr bewusst hat der Vater seine Kinder im Unternehmen aufwachsen und leben lassen. Michael Pachleitner: „Im ersten Stock haben wir gewohnt und im Erdgeschoß war das Geschäft.“

Was er vom Vater „geerbt“ hatte – dieser fuhr einen weißen Rolls-Royce –, war seine Liebe zu exklusiven Autos. „Ich habe den Luxus, mehrere Autos zu haben, auch einen Royce“, outete er sich auch als Autofreak. Sein „Lieblingsspielzeug“ war ein Aston Martin, Baujahr 1978. „Als Familienfahrzeug untauglich, aber er entspricht meinem Lebensgefühl."

Nicht überraschend, dass die heute so oft bemühte Philosophie der Work-Life-Balance für ihn ein „schreckliches Wort“ war. „Ich muss mich wohlfühlen mit dem, was ich tue. Geld ist nur ein Faktor. Und es muss gelingen, Menschen zuzuhören, Respekt und Wertschätzung entgegen zu bringen, in dem, was sie tun.“ Das war seine Vision von einem Team, von Zusammengehörigkeit. „Am Beispiel Fußball: Du kannst in einer Mannschaft die besten Einzelspieler haben. Wenn du den Rest des Teams nicht einbeziehst, wirst du nie die Champions League gewinnen.“ Es brauche also klare Vorgaben in einem Unternehmen. Sodass jeder weiß, was er tun muss. Das sei die Verantwortung der Team-Leader. Dann könne auch er loslassen.

 

Und damit zurück zum Unwort Work-Life-Balance: „Ich kann nicht sagen, wo die Grenze liegt. So gesehen arbeite ich überhaupt nicht oder immer.“ Er sei in der glücklichen Situation, im Sommer zweieinhalb Monate in Kärnten zu verbringen. Der Sohn studiere bereits, aber mit den beiden jüngeren Kindern und seiner Frau verbringe er viel Zeit. Selbst wenn es tagsüber stundenlange Besprechungen gibt. „Wir frühstücken gemeinsam und gehen abends gemeinsam schlafen.“ Natürlich: Es gelte darauf zu achten, dass die Kinder nicht den Eindruck gewinnen, Unternehmer zu sein, sei ein lockerer Job.

Auf die Frage, was junge Menschen in 100 Jahren antworten sollten, wenn von Michael Pachleitner die Rede ist, sagte er im Interview “Menschen im Porträt”* im Jahr 2019: „Er hat seinen Weg gefunden, war zu seiner Frau ein guter Ehemann und zu seinen Kindern ein guter Familienvater. Er hat ein Unternehmen aufgebaut, das noch immer existiert und seine Berechtigung am Markt hat.“

Sein Haus am Wörthersee – mit marokkanischem Flair

„Ich bin nicht von hier“, drückt es die Liebe von Michael Pachleitner zu Marokko auf unverwechselbare Art aus. Es steht direkt am Wörthersee, wirkt nicht fremd, sondern an die Landschaft angepasst. Wie ein Zuwanderer, der weiß, sich und seine Bekleidung den Gegebenheiten in fremder Umgebung anzupassen, ohne aber seine Identität aufzugeben – und deswegen dazugehört.

„Am Anfang stand die Idee eines Bootshauses am Wörthersee mit kleiner Wohneinheit, Dachterrasse und eigenem Boot; gefunden wurde ein Grundstück, das nach mehr verlangte. Der Wunsch war, marokkanisches Lebensgefühl und marokkanische Architektur in Mitteleuropa umzusetzen“, erzählt Michael Pachleitner in seinem Fotobuch „Haus am See“. Marrakesch war ein Lieblingsort von ihm. „Ich arbeite und lebe gleichzeitig mit meiner Frau und den Kindern hier – was gibt es Schöneres?“, beschreibt seinen Lieblingsort in Österreich.

*Quellen: KLIPP November/Dezember 2014 und Youtube-Kanal „Menschen im Porträt“ von Markus Leyacker-Schatzl

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