Oberösterreich-SPÖ verliert gewaltig Vertrauen im Land

Luger-Affäre war unverzeihliche, politische Todsünde

Man sollte meinen, für Politiker und VIPs wären die verhängnisvollen und entlarvenden Chat-Affären um Sebastian Kurz, die erfolgten Rücktritte und noch laufenden Gerichtsverfahren eine Lehre gewesen. Doch die Dreistigkeit und politische Dummheit, mit der man in der oberösterreichischen SPÖ mit ihrem Parteivorsitzenden Michael Lindner nun aufgetauchte Chats aus dem Jahr 2016 um Bürgermeister Klaus Luger abtun wollte, ist einmalig in der Geschichte der Sozialdemokratie. Nach all den Skandalen um die türkisblaue Regierungskoalition.

Nur weil SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler Lugers Rücktritt praktisch erzwungen hat – er tat das auch für die Glaubwürdigkeit seiner eigenen politischen Zukunft –, kam es dazu.

Der oberösterreichische Parteichef Michael Lindner sah hingegen sogar noch in dieser Phase keine Notwendigkeit für Lugers Rücktritt als Bürgermeister und setzte noch eines drauf. Lindner versuchte den von Babler erzwungenen Rücktritt als dessen freie Entscheidung der Öffentlichkeit zu verkaufen. Der oberösterreiche Parteichef hat damit mittelfristig das Vertrauen der Wähler in ihn unreparierbar beschädigt.

Auf dieser Ebene weiter gedacht sollten jene oberösterreichischen Spitzenfunktionäre der SPÖ Konsequenzen überlegen, die sich bei der Abstimmung in der Krisensitzung (praktisch einstimmig) hinter den Genossen Luger gestellt hatten. Außenstehende Beobachter sehen sich fast in eine Zeit „kommunistischer Parteidisziplin“ zurückversetzt.

In der aktuellen Ausgabe schildert die Wochenzeitung „Der Falter“ nun detailliert das zusammengebrochene Lügenkonstrukt von Luger. Dieses löst nur Kopfschütteln aus. Geht es damit doch auch um den Verdacht des Amtsmissbrauchs, der Korruption und der Untreue – also ein strafrechtliches („kriminelles“) Verhalten. Im Folgenden Auszüge aus dem Bericht des „Falter“:

... Die jüngste Affäre beginnt landestypisch mit Chatnachrichten: „Lieber Dietmar! Es ist absolut vertraulich: es wird ausgeschrieben“, tippte der Linzer Bürgermeister Klaus Luger am 31. August 2016 in sein Mobiltelefon. Und später: „Hallo Dietmar! Ich könnte am Samstag ca. 10.00/10.15 für zwei Stunden zu dir nach Hause kommen. Ist das o.k.?“ Die Antwort: „Passt perfekt. Aber essen tust schon noch … Oder?“ ...

... Hier sprachen zwei Männer vertraut miteinander, die laut Luger zu diesem Zeitpunkt gar nicht miteinander bekannt waren. Der Linzer Bürgermeister und der burgenländische Kulturmanager und Tenor Dietmar Kerschbaum. Und ausgeschrieben wurde nicht irgendetwas, sondern die Position des künstlerischen Vorstandsdirektors der LIVA, der Linzer Veranstaltungsgesellschaft, zu der auch das renommierte Brucknerhaus gehört. Kerschbaum wollte den Job. Luger, nicht nur Bürgermeister, sondern auch Aufsichtsratsvorsitzender der LIVA, setzte sich mit Kräften dafür ein, dass er ihn bekommt. Ein halbes Jahr später, am 9. Februar 2017 um 11.05 Uhr, schickte Luger seinem Duzfreund vertrauliche Unterlagen, nämlich die Fragen des Hearings für die Besetzung. Damit verschaffte er Kerschbaum einen Vorteil und beging eine grobe Pflichtverletzung ...

Die Chats wurden öffentlich durch die Oberösterreichischen Nachrichten, die Luger als Lügner enttarnten. Das musste dieser am 20. August 2024 öffentlich eingestehen. Er hatte mit Kerschbaum gemeinsame Sache gemacht. Seinen Freund, als es brenzlig wurde, fallengelassen und die Öffentlichkeit in die Irre geführt. Die Chuzpe: Er hatte sogar ein Gutachten mit Steuergeld in Auftrag gegeben, um den Maulwurf zu suchen. Im März sagte er bei einer Pressekonferenz wörtlich („Falter“): Es gäbe „keinen Verdachtsmoment, wer diese Unterlage in Zirkulation gebracht hat“. Und damals sagte er noch etwas: dass dieses Handeln möglicherweise strafrechtlich relevant sein könnte. Es könnte sich um Untreue handeln. Auch eine Verletzung des Amtsgeheimnisses steht im Raum. Das alles ist noch zu überprüfen.

Eine alte Weisheit: Jedes Brieferl ist (irgendwann) ein Gifterl.

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