„Schreiben Sie, was Sie wollen, Sie Schmierfink“

Christian Pilnacek war Täter, kein Opfer. Seine Frau Caroline List-Pilnacek, Präsidentin des Straflandesgerichts in Graz in einem Telefonat im Jahr 2021.

Mit diesen Worten, einer Ehrenbeleidigung, beendete Caroline List-Pilnacek, als Präsidentin des Straflandesgerichts Graz die ranghöchste Richterin dort, ein Telefonat mit dem Journalisten Florian Klenk vom „Falter“ im Jahr 2021. Als der Journalist sie zur letztlich erfolglosen Intervention ihres Mannes beim damaligen steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer befragte. List hatte sich als Kandidatin für die Präsidenten-Funktion des Oberlandesgerichts für Kärnten und Steiermark beworben.

Ihr Mann Christian Pilnacek – als Generalsekretär und Sektionschef der mächtigste Beamte im Justizministerium, ein „vermeintlicher“ Hüter unseres Rechtsstaats – hatte am 8. Jänner 2021 um 23.23 Uhr folgende Chatnachricht an den steirischen Landeshauptmann in sein Smartphone getippt: „Lieber Herr LH, Prosit 2021 und viel Erfolg im Vorsitz der LH-Konferenz; möchte nur informieren, dass Präsident des OLG Graz ausgeschrieben ist; wäre Gelegenheit, das an unserer Familie begangene Foul auszugleichen; bitte um Deine Unterstützung; Caroline wäre wohl eine Wohltat für die Gerichtsbarkeit in der Grünen Mark; herzliche Grüße; Christian Pilnacek.“

Ein Justiz-Sektionschef interveniert beim ÖVP-Landeshauptmann dafür, dass seine Ehefrau, die Grazer Landesgerichtspräsidentin Caroline List, Präsidentin des Oberlandesgerichts wird und damit den mächtigsten Gerichtsjob im Sprengel Steiermark und Kärnten bekommt?

Weil „unsere Familie“ gefoult wurde? Ein Posten, dessen Verleihung der Personalsenat des Justizministeriums nach einem öffentlichen Hearing via Justizministerin an den Bundespräsidenten heranträgt?

Das war nicht die einzige höchst ungewöhnliche Chatnachricht Pilnaceks. Ihr Mann und der ehemalige Justizminister Wolfgang Brandstetter, damals noch Richter am Verfassungsgerichtshof, dem Obersten Gerichtshof der Republik, diffamierten hinter den Kulissen die Anti-Korruptionsbehörde WKStA, wie mit den wiederhergestellten Chats in den Diensthandys der beiden Freunde bewiesen werden kann.

In der Folge und aufgrund von Veröffentlichungen weiterer interner Chats wurde Pilnacek im Zusammenhang mit dem ÖVP-Desaster in der Causa Ibiza wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs und der Untreue von einer unabhängigen Disziplinarkommission vom Dienst suspendiert.

Und nun, vor wenigen Wochen die „Abrechnung“ der Witwe: „Christian hat sich nicht das Leben genommen. Ihm wurde das Leben genommen.“ Vom Rednerpult aus rechnete sie bei einer Totenmesse für ihren verstorbenen Mann in der voll besetzten Augustinerkirche in Wien mit seinen Kritikern und Gegnern innerhalb der Justiz und in der Politik sowie mit den Medien ab.

Ihr Mann war bekanntlich am Morgen tot aufgefunden worden, nachdem er als Geisterfahrer auf der Autobahn bei Korneuburg in der Nacht zuvor von einer Polizeistreife gestoppt worden war. Alkoholisiert. Dem Sektionschef wurden die Autoschlüssel und der Führerschein abgenommen. Er durfte nicht mehr weiterfahren. Christian Pilnacek wurde von einer Person seines Vertrauens in der Nacht abgeholt.

Wenige Tage nach seinem Tod tauchte ein privater Tonband-Mitschnitt auf. Er ist mittlerweile das beherrschende innenpolitische Thema. Auf diesem äußert sich Christian Pilnacek in klaren Worten darüber, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka bei ihm mehrmals interveniert hätte, er möge Einfluss auf laufende Verfahren nehmen, in die ÖVP-Politiker verwickelt seien. Der Tonband-Mitschnitt erfolgte im Sommer dieses Jahres, als sich Pilnacek mit Freunden und Bekannten in einem Wiener Innenstadtlokal traf. Der Verfasser des Mitschnitts und auch weitere Anwesende bei diesem Gespräch haben die Authentizität bestätigt. Man kann diese Äußerungen Pilnaceks auch als eine Art Versuch sehen, sich selbst reinwaschen zu wollen von der Verantwortung. Wolfgang Sobotka leugnet, überhaupt jemals mit Pilnacek darüber gesprochen zu haben.

Die Oppositionspartei, aber auch der Grüne Koalitionspartner, hat Sobotka in den letzten Tagen wiederholt aufgefordert, vom Amt des ersten Nationalratspräsidenten zurückzutreten. Nicht zuletzt mit dem Verweis auf das seinerzeitige Ibiza-Video, nach dessen Bekanntwerden bekanntlich Vizekanzler Heinz-Christian Strache zurücktreten musste und die Erstauflage der schwarzblauen Koalition zerbrach. Diese wurde in der Folge von der Mehrheit des Parlaments abgewählt. Kanzler Karl Nehammer zu den Vorwürfen: „Wolfgang Sobotka hat mein Vertrauen.“ Wie viel Vertrauen die ÖVP unter seiner Führung bei den Österreichern noch hat, werden die Wahlen im kommenden Jahr 2024 zeigen.

Im Parlament kommt es zu neuerlichen Untersuchungsausschüssen betreffend der Korruptionsverdachtsfälle und wegen des Verdachts des Amtsmissbrauch. Damit bleibt das Drama um Christian Pilnacek in jedem Fall ein Dauer-Thema.

Teil 2 „Uns fehlt ein Trump“

Teil 3 Pilnacek und Freunde destabilisierten Justiz

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