Seit dem Jahr 1971 gibt es in Österreich die Schülerfreifahrt. „Der finanzielle und rechtliche Rahmen gehört allerdings dringend reformiert“, fordern Gemeinden sowie Vertreter der Wirtschaftskammer. Denn: Immer mehr Unternehmen ziehen sich aus diesem Bereich zurück, immer mehr Gemeinden können die Schülerbeförderung nur mehr mit hohen Zuzahlungen aufrechterhalten. Zurzeit sind es bundesweit rund 2.500 Unternehmen, die die Schulbusversorgung in Österreich garantieren. Von insgesamt rund 1,1 Millionen Schülern werden knapp 660.000 im Linienverkehr und rund 100.000 Schüler im Gelegenheitsverkehr sicher zur Schule gefahren. Für die Beförderung dieser 100.000 Schüler, die vor allem am Land auf die Schülerbusse angewiesen sind, wendet der Bund an die 84 Millionen Euro pro Jahr aus dem Familienlastenausgleichsfonds auf.
Die Entwicklung der Schülerbeförderungstarife und der Beförderungsrichtlinien führt jedoch dazu, dass oftmals nur mehr 50 Prozent der entstehenden Kosten abgedeckt sind. Die Schülerbeförderung kann in diesen Fällen nur mehr dann aufrechterhalten werden, wenn Kommunen die Differenzzahlung übernehmen. Aus diesem Grunde haben nun mehrere Gemeinden eine Petition gestartet mit der sie eine Neuregelung der veralteten Bestimmungen sowie eine Anpassung der Tarife an die wirtschaftlichen Notwendigkeiten fordern. Dahingehende Rufe blieben im Ministerium bis dato nämlich ungehört, wie die Bürgermeisterin von Passail, Eva Karrer, betont: „Es liegt nicht in der Verantwortung der Gemeinde, den Schülertransport zu finanzieren, es darf keine Kostenverschiebung vom Bund auf die Gemeinden geben!“ Dringend gefordert wird auch eine Änderung der sogenannten „2-Kilometer Regel“, denn bis zu dieser Distanz sei Kindern ein Fußweg zumutbar. Dazu Bürgermeister Franz Feirer, Marktgemeinde Stallhofen: „Ein bis zu 2 Kilometer langer Fußweg auf zum Teil unbeleuchteten Gemeindestraßen ohne Gehsteig bei allen Jahreszeiten und Wetterlagen ist nicht zumutbar und veranlasst Eltern, den Schülertransport mit dem privaten PKW durchzuführen.“ Auch Bürgermeister Kurt Riemer aus Maria Lankowitz fordert den Bund auf „sich nicht vor seiner Verantwortung zu drücken und die Zumutbarkeitsregeln komplett neu zu überdenken“.
„System der Schülerbeförderung muss grundlegend überarbeitet werden“
Dazu ergänzt Sylvia Loibner Obfrau Fachgruppe Personenbeförderungsgewerbe: „Die grundsätzlich sinnvolle Einführung neuer Buslinien im öffentlichen Verkehr hat unter anderem dazu geführt, dass sich für die Schüler aufgrund des Vorrangs des Linienverkehres nun deutlich längere Wartezeiten ergeben“. Selbst Volksschülern sind aufgrund der Durchführungsrichtlinien des Ministeriums Wartezeiten von einer Stunde vor Schulbeginn und einer Stunde nach Schulschluss „zumutbar“. Loibner weiter: „Häufig bleiben im Gelegenheitsverkehr nur mehr sogenannte Stichfahrten, die als Zubringer zum Linienverkehr fungieren.“ Diese Fahrten sind meist schlecht bezahlt und führen dazu, dass Kinder teilweise mehrmals am Schulweg umsteigen müssen. „Dieses System gehört grundlegend überarbeitet und unter Einbeziehung von Schulen, Gemeinden und Unternehmen neu aufgestellt.“
Nationalrat Christoph Stark, der auch Bürgermeister von Gleisdorf ist, verweist auf das Regierungsprogramm, in dem eigentlich festgeschrieben ist, „dass eine Prüfung einer Neuorganisation des Schülergelegenheitsverkehrs angedacht ist, um eine Steigerung der Planungseffizienz und eine faire Ausfinanzierung zu erreichen“. Peter Lackner, Geschäftsführer der Fachgruppe, bezeichnet es als bezeichnend, dass seit 2019 ein Antrag des Gemeindebundes an das Ministerium gestellt wurde, im September 2020 sich die Landesverkehrsreferentenkonferenz mit dieser Thematik an die Bundesregierung gewendet hat und es zuletzt eine Anfrage von Bundesrätin Grossmann zu den Problemen bei den Schülertransporten gab. „Wir unterstützen gerne diese wichtige Petition und nehmen Sie zur weiteren parlamentarischen Behandlung entgegen, weil Familien am Land nicht benachteiligt werden dürfen. Es geht auch um die Stärkung des ländlichen Raumes, denn bei der Wohnortentscheidung spielt die Erreichbarkeit von Bildungseinrichtungen eine große Rolle. Sehr oft bleibt es dann an den Müttern hängen, täglich als Schultaxi zu fungieren. Das ist aus Umwelt-, frauen-und regionalpolitischer Sicht abzulehnen“, so Grossmann. Und auch ÖGB-Chef Horst Schachner unterstützt als Mitglied des Bundesrates die Petition zur Absicherung des Schülertransports: „Für Kinder und Eltern ist es entscheidend, dass der Weg in die Schule und der Weg von der Schule nach Hause gut funktioniert. Im ländlichen Raum entlasten Schülertransporte insbesondere berufstätige Väter und Mütter, außerdem verhindern wir dadurch viele PKW-Fahrten und tragen damit zum Umweltschutz bei. Aus diesen Gründen sind Schritte zur Absicherung eines guten Schülertransportwesens richtig und wichtig“, betont Schachner abschließend.
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