Dorf im Alleingang gebaut

Handwerkerdörfl von Gerhard Seher: Drittschönster Platz Österreichs

Im Vorfeld habe er sich keine großen Gedanken gemacht und daher sei dir Freude über den dritten Platz umso größer, erklärt Gerhard Seher gegenüber der „Kleinen Zeitung“. „Die Saat ist aufgegangen“, so der Südsteirer, der mit seinem „Handwerkerdörfl“ den dritten Platz bei der ORF-TV-Sendung „9 Plätze – 9 Schätze“ erreichte, eine Genugtuung für die Würdigung seiner jahrzehntelangen Arbeit.

Wir vom KLIPP haben Gerhard Seher in Pichla bereits vor zwei Jahren besucht und mit ihm über seine Leidenschaft für alte Sachen gesprochen.

Häuslbauer aus Leidenschaft
„Alte Sachen sind einfach meine Leidenschaft – alles, was ich für die Nachwelt erhalten möchte, vor allem das, was es damals auf dem Land oder in einem Dorf so gegeben hat.“ Handwerkliche Sachen, bäuerliches Interieur, alte Werkzeuge – alles in 35 Jahren vor allem auf Fetzenmärkten gekauft, zusammengesammelt und eingelagert; vor 15 Jahren ein Grundstück gekauft, zuerst ein Wohnhaus für sich und seine Familie gebaut und dann über Jahre 25 (!)Holz-Häuser zuerst anderswo ab- und in Pichla bei Mureck wieder aufgebaut. Und jetzt kommt’s: All das hat ein Mann alleine geschafft.

Eine Meisterleistung!
Wir sind zu Besuch im Handwerkerdörfl bei Gerhard Seher, gebürtiger Wiener, der auf einem Bauernhof in der Südsteiermark aufgewachsen ist. „Dort haben wir auch ein altes Holzhaus gehabt, in dem wir zwar nicht mehr gewohnt haben, das aber ,mein Bereich‘ war und mich geprägt hat“, blickt er zurück. „Schon in meinen ersten 15 Lebensjahren habe ich mich für bäuerliches Handwerk, Volkskultur und Landleben interessiert.“ Als er mit 16 dann die Buchdrucker-Lehre begonnen und sein eigenes Geld verdient hat, begann der heute 62-Jährige, altes Werkzeug und andere bäuerliche Einrichtungsgegenstände zu sammeln. Bereits da entstand seine Vision: „Wenn ich einmal ein Grundstück habe, werde ich ein altes Holzhaus aufstellen und das muss mit Stroh gedeckt sein.“

Damit all diese Dinge auch einen gebührenden Platz finden, hat er 2003 ein altes Holzhaus abgetragen und bei sich daheim auf dem heute knapp ein Hektar großen Grundstück wieder aufgebaut. Heute sind daraus 25 geworden. „Alle aus einem Umkreis von 50 Kilometer, also der Südsteiermark“, betont Gerhard Seher sein Anliegen, dass er nur Dinge aus der Region herzeigen will. „Wenn ich irgendwo ein Gebäude gesehen habe, das auch von der Substanz her noch einigermaßen gut war und mir erhaltenswürdig schien, habe ich es gekauft“, erzählt er.

Beeindruckend, wenn man bedenkt, dass er das alles nahezu alleine gemacht hat. „Nur beim Herunter- bzw. Hinauf-Heben der großen Holzbalken brauchst du zwei Helfer, weil das geht nicht allein. Aber sonst mache ich alles alleine, denn ein Handwerker kostet Geld und alles, was du selber machst, kostet nichts außer Zeit.“

Aber das natürlich nicht zu knapp. Nachdem er 45 Jahre lang bei einer Grazer Druckerei tätig war, ist er nun in Pension und hat mehr Zeit für seine Häusl. „Ich bin meine 38 Stunden arbeiten gegangen und habe dann daheim an meinen Holzhäusern weiter gearbeitet“, so Gerhard Seher. Wie lange er für den Ab- und Aufbau eines Hauses braucht, sei individuell und hänge sehr vom Zustand ab. „Oft habe ich die Häuser vor dem Verfall gerettet. Da sind nur mehr die Wände gestanden.“ Mittlerweile habe er natürlich schon Routine. Und so ist sein jüngstes Projekt, die Mühle in einer Woche ab- und in einer Woche hier wieder aufgebaut gewesen.

Handwerkerdörfl heißt Gerhard Sehers „Museum“, das rein in Privatbesitz ist, wie er betont. „Es sind alles Häuser von den wichtigsten handwerklichen Berufen, die es früher in einem Dorf so gegeben hat – Schmied, Wagner, Schuster, Weber, hier im steirsichen Weingebiet der Fassbinder oder auch der Greißler.“ Jedes Häusl hat er liebevoll originalgetreu eingerichtet und geschmückt. Die meiste Zeit geht natürlich für die Erhaltung und Pflege der Häuser und des Geländes drauf. „Du bist quasi immer angehängt und beschäftigt – Grasmähen, Staubwischen, Zäune und Geländer reparieren, Ziegel ausbessern, und, und.“

Und was sagt seine Frau dazu: „Die sagt: ,Irgendwann ist einmal Schluss‘ und will natürlich, dass ich jetzt mehr für sie da bin“, lächelt Seher. Für den Blumenschmuck in seinem Handwerkerdörfl zeichnet natürlich seine Frau verantwortlich. „Alles andere ist Männersache.“

Gerhard Seher erreichte mit seinem „Handwerkerdörfl“ den dritten Platz bei der ORF-TV-Sendung „9 Plätze – 9 Schätze“. Fotos: Heimo Ruschitz

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Bemerkungen :

  • user
    Erich Giglleitner September 23, 2023 um 9:56 am
    Ich war dort und es ist unglaublich