Tierliebe 1 x andersrum

„Wenn du uns dafür Heu spendierst, dann werden wir als Dank dafür unser Kamelbaby den Namen Werner geben“, scherzte Thomas Schober, Juniorchef der Mostschenke in Ratschendorf, beim vierzigsten Geburtstag seines Freundes. Die Mostschenke ist weit bekannt für ihre Kamelherde. So geschah es dann auch. Doch offensichtlich hatten die beiden die Rechnung ohne Werners Kamelmama gemacht, denn diese lehnte ihr Baby vom ersten Tag ab, machte nach der Geburt sofort einen großen Kreis um das Kameljunge.


„Weil ich wollte mit ihm gar nichts zu tun haben“, sagt Irmi Schober. Während sonst Kamelmütter uns Menschen gar nicht näherkommen lassen, wollen sie zu ihrem Jungen. Aber bei Werner sah man sofort, dass die Mutter es nicht abschleckte oder anschubste, um ihm beim Aufstehen zu helfen oder trinken ließ sie es gar nicht. „Das gibt‘s auch bei uns in der Menschenwelt“, merkt Irmi Schober an, die „Ersatzmutter von Werner.“


Die Schobers mussten rasch reagieren, denn sonst wäre das Kamelbaby von der Herde totgetrampelt worden, und es eben absondern. Das war vor vier Monaten. „Wir hatten vor Jahren schon einmal ein solches Baby und daher bereits Erfahrung“, sagen die Schobers. Werner bekommt daher alle vier, fünf Stunden ein Flascherl Milch. „Er trinkt zwei Liter und dann fühlt er sich wieder wohl“, sagt Irmi Schober. Und jetzt wird es sogar weniger, weil er auch schon beginnt zu fressen. Doch aufgenommen in die Herde, da gibt es keine Chance.

Aber auch in der Tierwelt gibt es offensichtlich Erbarmen. Denn mittlerweile hat Werner schon Anschluss gefunden. Und zwar bei einem noch jungen Esel, der ihm immer zur Seite steht. Er heißt Leo und hat sich mit Werner auf der Weide der Mostschenke in Ratschendorf richtig angefreundet.
Seit kurzem ist die Freundesrunde für Werner noch größer geworden. „Wir haben zwei Lamas aus Oberösterreich als Zuwachs bekommen“, sagt Irmi Schober, „kleine Kamele und Lamas sehen einander ja ähnlich. Und da werden die beiden Lamas denken“, so scherzt Irmi Schober: „Bist du ein witziges Lama“. Und Werner wird denken: „Seid ihr zwei witzige Kamele.“ Also es passt. Fürs Bild der Bremer Stadtmusikanten fehlt praktisch ja nur noch der Hahn. Sobald Werner ein Jahr alt ist, soll er kastriert werden. „Denn, so denken wir“, heißt es bei den Schobers, „dann wird er auch ruhiger sein und von der Herde akzeptiert.“
Was Werners Schicksal zeigt: Kamel sein ist nicht immer leicht. Du kommst auf die Welt, hast niemandem etwas getan und bist dennoch sofort ein Außenseiter …
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