„Am Ende wird alles sichtbar“

„Als ich als Kind mähen musste, schlug ich die Sense voll Zorn darüber in einen Haufen dichter Grasbüschel und spießte dabei einen Igel auf. Vater riss die Sense aus den Händen, schaute, ob die Klinge etwas abbekommen hatte. Dann trat er mit dem Stiefel so lange auf das in den Tod zappelnde Tier, bis es verendete. Als ich dies später, weil mich dieser Vorfall immer wieder beschäftigte, einem Schulfreund erzählte, lachte dieser laut auf und sagte: Was bist du denn für einer, kannst nicht einmal einen Igel umbringen?“
Dieses Kindheitstrauma des Bucherzählers ist der nicht leicht verdaubare Einstieg oder wenn man so will das Vorwort von „Am Ende wird alles sichtbar“, erschienen im Grazer Verlag „edition keiper“. In diesem Roman, der unter der Regie von Peter Keglevic verfilmt wird, wirft August Schmölzer einen wachen Blick auf jene Menschen, die durch Krieg, Hass und Kälte verwundet sind. Die Geschichte entführt in eine fiktive Gegend und in eine fiktive Welt.
Josef kehrt nach vielen Jahren in das Bergdorf, in das leere Haus seiner Kindheit zurück. Ein langes Vagabundenleben liegt hinter ihm, ihm, der mit seiner Vergangenheit und dem, was er sehen und erleben musste, fertig zu werden versucht. Denn Josef hatte sich, angesteckt vom Hurra-Patriotismus seiner Umgebung als junger Mann zum Militär als Kriegsberichterstatter gemeldet und musste die Gräuel des Krieges fotografieren.

Ort und Zeit sind nicht definiert und so wird deutlich, dass das Dorf in den Bergen, die Stadt am Meer, die Hiesigen und die Zugezogenen, die Herren und die Untergebenen, die Opportunisten, die Manipulatoren, die Dumpfen und die Dummen zeitlos sind und wie erschreckend aktuell der Roman ist. In dem düsteren Ort seiner Kindheit will Josef zur Ruhe kommen, er arbeitet als Totengräber und muss aber bald erkennen, dass die bösen Geister der Vergangenheit noch immer in den Köpfen der Leute spuken. Um am Ende doch die ersehnte Liebe zu erfahren.
Die 200 Besucher im Steiermarkhof in Graz lauschen gebannt – keinem Monolog Schmölzers, sondern einem Dialog mit ORF-Kulturchef Gernot Rath und dem unglaublich einfühlsamen Akkordeon-Spiel von Lothar Lässer. August Schmölzer, 65, geboren in St. Stefan ob Stainz, dort lehrend, mit etlichen Preisen geehrt und Initiator des Kulturzentrums Stieglerhaus, beweist an diesem Abend einmal mehr, warum er zu den gefragten TV- und Film-Darstellern im deutschsprachigen Raum zählt. Ein Zitat an diesem Abend: „Wenn man wirklich liebt, dann bleibt sie auch, die Liebe, wo soll sie denn auch hin.“

Absolviert hat Schmölzer vor dem Schauspielstudium an der Universität Kunst-Uni-Graz eine Lehre als Koch und wurde 2013 für sein humanitäres Engagement um Gustl58 als „Österreicher des Jahres“ gewählt. Er spürt offensichtlich, mittlerweile auch mit Arbeitstitel Professor „dekoriert“, was es für Zutaten für die Menschen braucht, egal woher sie kommen und wo sie leben, um wertgeschätzt zu werden.
Der Film mit dem gleichnamigen Titel ist ab 17. November in den heimischen Kinos zu sehen.
PS: „Am Ende wird alles sichtbar“ ist die Neubearbeitung des Buches „Der Totengräber im Buchsbaum“, erschienen 2014 im Verlag Merlin.

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