Nächtliches Drama am Großglockner
Ausgerüstet mit Tourenskiern und Hochtouren- bzw. Kletterausrüstung war ein Salzburger Pärchen am vergangenen Wochenende in Kals in Richtung Großglockner-Gipfel aufgebrochen – über die fordernde Aufstiegsroute über den Stüdlgrat (Kletterschwierigkeitsstufe bei Schlüsselstellen III+ und IV-, sprich extrem schwierig).
Laut Polizei erreichten sie gegen 13:30 Uhr das sogenannte „Frühstücksplatzl“ in rund 3550 Meter Höhe. Eine Stelle, wo es heißt: Wer länger als drei Stunden von der Stüdlhütte bis hierher brauchte, sollte besser umkehren. Dies taten die 33-Jährige und ihr 36-jähriger Freund jedoch nicht und sie stiegen „konditioneller und technischer Schwierigkeiten" stiegen sie weiter auf. Damit nahm das Drama seinen Lauf.
Die Bedingungen waren an und für sich gut. Aber orkanartiger, eisiger Wind zehrte an den Kräften der beiden. Etwa gegen 18 Uhr wurden die beiden in Form von Lichtpunkten von anderen Bergsteigern wahrgenommen, welche einen Notruf an die Polizei abgesetzt haben. Angeblich seien die beiden auch über eine Webcam, welche sich auf der Adlersruhe befindet, beobachtet worden.

In der Folge wurde die Bergrettung informiert und auch ein Hubschrauber angefordert, heißt es bei der Landespolizeidirektion Tirol. Dieser sei dann gegen 22.30 Uhr ins Gebiet geflogen und habe die beiden auch gesichtet. „Sie sind aufgestiegen – wenn auch langsam – und haben auch nicht auf sich aufmerksam gemacht“, so die Polizei. Daher habe der Einsatzleiter auch keine Notwendigkeit für ein Einschreiten der Bergrettung gesehen.
Es sei gerade in dieser Zeit auch nichts Ungewöhnliches, dass Bergsteiger in der Nacht aufsteigen, bestätigt ebenso Peter Tembler, Ortsstellenleiter der Bergrettung Kals, im KLIPP-Telefonat. Die Bedingungen waren an und für sich auch gut gewesen. Aber orkanartiger, eisiger Wind zehrte an den Kräften des Pärchens. Und es war schon gegen Mitternacht, als die Frau einfach zu erschöpft war und die beiden rund 50 Meter unterhalb des Gipfels nicht mehr weiter konnten.
Offenbar aufgrund fehlenden Mobilnetzes konnte ihr Freund telefonisch von der Stelle aus nicht Alarm schlagen. Möglicherweise hat er auch keinen Akku mehr gehabt? Laut Polizei ist der Mann dann ein bis zwei Stunden bei seiner Freundin geblieben. Bis sie ihn aufforderte, allein zur Adlersruhe abzusteigen und von dort aus Hilfe zu holen. Diesem Wunsch kam der Mann dann auch nach. Man mag sich nicht vorstellen, wie schwer ihm das gefallen sein dürfte.

Rund 400 Höhenmeter sind es vom Großglockner-Gipfel hinunter zur Erzherzog-Johann-Hütte auf der Adlersruhe. Diese hat im Winter zwar geschlossen, verfügt aber über einen Raum für Notfälle. Auch dieser Abstieg ist eine Fels-Kletterei der Schwierigkeitsstufe I, mit kurzen Stellen II., wobei der Abstieg vom sogenannten „Bahnhof“ bei Schlechtwetter als problematisch angegeben wird. Und es war ja mitten in der Nacht. Also dürfte es kein Leichtes für den Mann gewesen sein, die Adlersruhe zu erreichen. Vielleicht ist er zwischendurch auch immer stehen geblieben, um zu schauen, ob sein Handy schon Empfang hat und er einen Notruf absetzen kann.
Es war gegen 3.40 Uhr, als ihm das bei der Adlersruhe dann gelungen ist. Und so machten sich die Einsatzkräfte – zwei Alpinpolizisten und vier Bergretter – dann i den frühen Morgenstunden auf den Weg in Richtung Gipfelkreuz. „Es war herausfordernd, weil sehr kalt und stockfinster“, heißt es bei der Landespolizeidirektion Tirol. Die Bergretter erreichten gegen 10.10 Uhr am Vormittag die Frau – leider bereits leblos. Der Sprengelarzt stellte als Todesursache vermutlich Erfrieren fest.
Der Mann wurde ebenfalls von den Einsatzkräften ins Tal gebracht, eine medizinische Versorgung im Krankenhaus war laut Polizei nicht notwendig. Hatten die beiden eine Biwak-Ausrüstung bei sich? Warum sind sie nicht schon am „Früstücksplatzl“ umgekehrt? Warum haben sie nicht auf sich aufmerksam gemacht, als sie den Hubschrauber hörten oder sahen? Hätte die Frau eine Chance zum Überleben gehabt, wenn ihr Freund bei ihr geblieben wäre? All dies werden weitere Erhebungen der Polizei versuchen zu klären – nicht zuletzt durch die Befragung des Mannes, der sicherlich noch unter Schock steht.
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