Nikotinbeutel – ein legales gesundheitsgefährdendes Suchtmittel

Gesetzliche Regelungen und Jugendschutz fehlen. 3 % der 15-Jährigen konsumieren täglich Nikotinbeutel.

Nach wie vor ist Rauchen die am weitest verbreitete Sucht in Österreich. In einem aktuellen Bericht des Kompetenzzentrums Sucht an der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) gibt jede fünfte Person – 21 Prozent – an, täglich zu rauchen. Trotzt eines Rückgangs liegt Österreich damit noch immer leicht über dem europäischen Durchschnitt.

Was hingegen zunimmt ist der Konsum neuer Nikotinprodukte, die kontrovers diskutiert werden. Einerseits stellen sie bei Personen, die vorher nicht geraucht haben, einen Einstieg in den Nikotinkonsum dar. Andererseits wird behauptet, dass sie hilfreich beim Rauchausstieg sein könnten. Wobei dies von der Fachwelt kritisch gesehen wird.

Kein harmloses Lifestyle-Produkt

In den täglichen Zigarettenkonsum steigen zwar immer weniger Jugendliche ein, aber vor allem der tägliche Konsum von Nikotinbeuteln, aber auch E-Zigaretten, steigt an. So rauchen gemäß einer aktuellen Umfrage zwar nur vier Prozent der 15-Jährigen täglich Zigaretten, allerdings konsumieren drei Prozent täglich Nikotinbeutel.

Nikotinbeutel kamen Ende der 2010er-Jahre auf den europäischen Markt und gibt es seit 2019 in Österreich. Die Beutel schiebt man sich in den Mund, wo sie zwischen Lippe und Zahnfleisch Nikotin ab abgeben. Dieses wird über Trägersubstanzen wie Salze, getrocknete Pflanzenteile oder Zellulose transportiert.

Auch Grüne fordern Nikotinbeutelverbot

„Nikotinbeutel stellen kein harmloses Lifestyle-Produkt dar, sondern sind ein neues gesundheitsgefährdendes Suchtmittel, dessen Konsum legal ist“, warnt man bei der steirischen Suchtpräventionsstelle VIVID. Problematisch ist, dass Nikotinbeutel derzeit vom österreichischen Tabak- und Nichtraucherinnen- und Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) nicht erfasst sind. Auch wenn eine vom Gesundheitsministerium ausgearbeitete Novelle seit Oktober 2022 auf dem Tisch der Bundesregierung liegt.

Der Gesundheits- und Jugendsprecher der steirischen Grünen Georg Schwarzl, appelliert an Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl, verstärkt Druck auf seine Bundes-ÖVP auszuüben, um ein österreichweites Verbot von Nikotinbeuteln für Unter-18-Jährige zu erreichen. „Es ist alarmierend, dass trotz unseres einstimmigen Landtagsbeschlusses noch keine entsprechende Umsetzung erfolgt ist“, kritisiert Schwarzl das schleppende Vorankommen.

Bewerbung erlaubt

Die gesetzliche Situation hat auch zur Konsequenz, dass Nikotinbeutel beworben werden dürfen, als ob sie kein Suchtpotenzial hätten. Sie dürfen als harmloses Lifestyle-Produkt vermarktet werden – mit Begriffen wie „pflanzlich“, „natürlich“ oder „mit frischen Aromen“. Auch werden sie in Form von Gewinnspielen, Plakaten, Events und Gratis-Proben vermarktet.

VIVID-Geschäftsführerin Claudia Kahr verweist darauf, dass auch die Inhaltsstoffe von Nikotinbeuteln eben nicht so deklariert werden müssen wie jene von anderen Tabak- und Nikotinprodukten. „Daher ist die Nikotin-Dosis nicht nachvollziehbar und geregelt. Sie werden niedrig besteuert, sind demnach deutlich billiger und so auch durch den Preis attraktiver.“ Außerdem gibt es keinen ausdrücklichen gesetzlichen Jugendschutz. Bei VIVID ortet man dahingehend vermehrt Anfragen von Eltern oder Lehrkräften. „Die Verunsicherung ist groß, weil Jugendliche vermehrt Nikotinbeutel konsumieren.“

Aufklärung notwendig

Mittlerweile haben alle großen Tabak-Konzerne eigene Nikotinbeutel im Sortiment und sehen dies als ein zukunftsträchtiges Produkt. Dennoch ist Aufklärung nötig, denn Nikotin in Nikotinbeuteln kann genauso süchtig machen wie Nikotin in anderen Produkten. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass Nikotinbeutel im Unterschied zu pharmazeutisch geprüften Nikotinersatztherapie-Produkten KEIN zugelassenes Mittel zur Tabakentwöhnung darstellen.

Außerdem werden Nikotinbeutel auch häufig mit sogenannten Snus verwechselt. Diese beinhalten jedoch Tabak und sind gesetzlich gänzlich auch anders geregelt. Außer in Schweden ist der Verkauf von Snus in der EU verboten.

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