Zitterpartie für steirische ÖVP

Die Landtagswahl am kommenden Sonntag (24.11.) wird zur Zitterpartie für die steirische ÖVP. Der Verursacher dafür ist nicht zuletzt Alt-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. Warum?
2019 war das beste Jahr für Schützenhöfer
Im Sog von Sebastian Kurz und dessen Erfolg legte Hermann Schützenhöfer gegen den Willen seines Koalitionspartners in der Landesregierung die Landtagswahl auf den 24. November 2019 vor. Diese sah Hermann Schützenhöfer als klaren Wahlsieger mit 36,05 Prozent gegenüber der SPÖ mit 23,02 Prozent. Es war das erste und einzige Mal, dass Hermann Schützenhöfer als Spitzenkandidat aus einem Stimmengang als Sieger hervorging. Damals sicherte er den steirischen Wählern zu, natürlich die gesamte Regierungsperiode (also bis 2024) zu bleiben.

Ohne Not Abschied angekündigt
Und dann die Überraschung: Ohne Not – Schützenhöfer war völlig gesund und die unangefochtene politische Persönlichkeit im Land – kündigte er im Sommer 2022 seinen Rücktritt an. Von niemandem dazu gedrängt. Wenige Monate vorher hatte er seinen 70er groß gefeiert und in Interviews sprach er sogar davon, möglicherweise noch einmal antreten zu wollen. Praktisch aber waren das Fake News. Denn Schützenhöfer hatte für sich und mit seinem engsten Umfeld seinen vorzeitigen Abgang bereits besprochen.

Die Übergabe seiner Funktion als Landeshauptmann erfolgte dann kurzfristig angekündigt am 3. Juni 2022. Der Kandidat für seine Nachfolge war keine Überraschung – sein politischer Ziehsohn Christopher Drexler. Der Landtag wählte diesen am 4. Juli 2022 zum neuen Landeshauptmann.
Der Sieg von Elke Kahr war ein Schock
Persönlicher Auslöser für seinen verfrühten Abschied war Graz. Dort kam es bei der Gemeinderatswahl am 26. September 2021 zu einem politischen Erdbeben. Langzeit- und Vorzeige-Bürgermeister Siegfried Nagl verlor die Wahl gegen Elke Kahr und musste daraufhin zurücktreten. Seine Karriere endete damit von einem auf den anderen Tag. Ein Schock in mehrfacher Hinsicht für Schützenhöfer. Hatte ihn doch die ÖVP fünf Jahre zuvor noch als Triumphator mit seinen Anhängern gefeiert. Aber für Schützenhöfer kam es noch schlimmer. Er musste als Landeshauptmann erstmals in Graz und Österreich mit Elke Kahr eine Kommunistin als Bürgermeisterin in der zweitgrößten Stadt der Republik vereidigen. Mehr politische Demütigung für den bekennenden Katholiken Schützenhöfer ging nicht.

Nagls Abgang – ein Schock
Ein solches Schicksal und Scheitern wollte Schützenhöfer für sich persönlich „ausschließen“. Damals begann er, über seinen vorzeitigen Abschied nachzudenken und grübelte (Schützenhöfer O-Ton) über den Zeitpunkt. Es sei der passende Moment, erklärte er dann bei seiner Ankündigung am 3. Juni 2022 in der Grazer Burg.
Strategischer Fehler
Ob er damit Recht behält, wird sich in wenigen Wochen, am 24. November, zeigen. Mit ihm als Landeshauptmann und seinen Sympathiewerten hätte er die ÖVP, so wie er es zugesichert hatte, nicht in jene Situation geführt, in der sie sich nun befindet.

Dazu kommt, seine politische Fehlentscheidung, wiewohl er als Parteichef eine andere Weichenstellung für die Landesregierung vornehmen hätte können. Siegfried Nagl, damals 59, wäre als „Personalreserve“ und damit als Kandidat für eine Funktion in der Landesregierung zur Verfügung gestanden.
Wie man aus dem engeren Umfeld von Siegfried Nagl erfahren konnte, wurde dieser von Schützenhöfer aber nicht in Erwägung gezogen. Das Duo Schützenhöfer/Drexler hatte mit Werner Amon einen Kampfgefährten aus der Zeit der Jungen ÖVP vorgesehen. Schon damals wiesen politische Beobachter und ÖVP-Politiker darauf hin, dass man mit Siegfried Nagl und seiner nach wie vor gegebenen Popularität in Graz die Landeshauptstadt für die Landtagswahl politisch absichern hätte können. Dazu kam es bekanntlich nicht.

Jetzt muss Alt-Landeshauptmann Schützenhöfer darum zittern, dass seine politische Fehleinschätzung vor zwei Jahren nicht in einer Niederlage für die ÖVP mündet und die FPÖ zur stimmenstärksten Partei in der Steiermark wird. Und dafür „beten“, dass die steirische ÖVP die Funktion des Landeshauptmannes „noch retten“ kann. Doch der politische Preis wird hoch sein.
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