Klipp auf Tauchstation beim Retter in Pöllau

Also wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass ich über eine Minute unter Wasser sein kann, hätte ich gesagt: Niemals! Und die Tatsache, dass es dann sogar viel länger gewesen ist, überrascht mich nach wie vor. Aber von vorn.
"Entspannung üben und richtiges Atmen lernen mit Christian Redl" stand auf der Einladung des Seminarhotel Retter "im wunderschönen Pöllauer Tal", wie es in der Warteschleife am Telefon gesungen wird. Und die Tatsache, dass Christian Redl auch noch Weltrekordhalter und Apnoetaucher ist, hat mich dann doch neugierig gemacht. Und so sitze ich gemeinsam mit elf anderen Teilnehmern in Seminarraum 8 des Hotels.

"Mit sechs Jahren habe ich zu schnorcheln begonnen", ist Christian Redl schon seit seiner Kindheit mit dem Element Wasser stark verbunden. "Damals habe ich gemerkt, dass man unter Wasser Spannendes erleben kann und mit 10 Jahren habe ich mit dem Gerätetauchen angefangen", erzählt er uns, wie er zum Tauchen gekommen ist. Als er mit 17 den Film "Im Rausch der Tiefe" gesehen hat wo zwei Freitaucher sich gegenseitig die Weltrekorde abjagen, wusste er: "So wie Sean Reno möchte ich leben." Und genau das habe er dann eben versucht, auch umzusetzen.
11 Weltrekorde im Freitauchen
Er nahm an nationalen und internationalen Wettkämpfen teil und hat mehrere österreichische Rekorde im Freitauchen. 2003 stellte er seine ersten Weltrekorde auf. Mittlerweile sind es 11 Weltrekorde im Freitauchen. "Den letzten österreichischen Rekord habe ich im Februar 2024 aufgestellt: 75 Meter Streckentauchen unter Eis in der Badehose."


Apropos Badehose. Auch wir - mit dabei auch die "Hausherrn" Ulli und Hermann Retter - machen uns fertig für den ersten Tauchgang. In Zweier-Teams geht es ins Pool des Hotels. Unsere erste Aufgabe: Solange den Kopf unter Wasser zu halten, wie wir können, bis wir glauben, es geht nicht mehr. Meine Partnerin stoppt die Zeit, während ich unter Wasser bin. Nach 1:22, also über einer Minute (!) kann ich nicht mehr und tauche auf. Wow, hätte ich nicht gedacht, dass ich so lange die Luft anhalten kann.
Angenehme Art des Seminars
Nachdem jeder von uns seinen ersten Tauchgang absolviert hat, begeben wir uns in den Ruheraum. Eingehüllt in kuschelige Bademäntel auf einer gemütlichen Liege. Irgendwie eine äußerst angenehme Art des Seminars, stellen wir erfreut fest. Christian - alle Taucher sind per Du - will uns nun ernsthaft "weismachen", dass jeder von uns die erste Zeit später dann verdoppeln wird. Ja, sicher, schmunzle ich. Und alle schütteln wir ungläubig die Köpfe.

Alles nur Kopfsache
Doch in der folgenden Stunde erfahren wir von Christian viel über die unterschiedlichen Arten des Atmens - angefangen von der Brustatmung bis hin zur Bauchatmung. Mit letzterer lernen wir, wie man sich "herunter atmen" kann. "Eigentlich atmen wir ja alle immer falsch, auch ich. Doch wir müssen nur wissen wie wir von einer unbewussten falschen Atmung, auf eine bewusste richtige Atmung umstellen", erklärt er das "Geheimnis".
Wir atmen uns runter
Mit Hilfe dieser Atemtechnik und dem richtigen "Mindset" können wir aber nicht nur länger unter Wasser bleiben, sprich die Luft anhalten, sondern auch Angst und Stress weg atmen. "Dadurch können wir die Konzentrationsfähigkeit erhöhen", so Christian. "Oder Sportler, die zu mir in die Seminare kommen, können damit die Regenerationszeit dramatisch verkürzen." Und nicht zuletzt könne man sich damit auch in den Schlaf atmen.


Positiv denken braucht weniger Energie
Wenn man den Körper herunter geatmet hat, werden alle Systeme quasi herunter gefahren. Man braucht weniger Energie. "Es ist alles Kopfsache und kommt nur auf das richtige Mindset an", erklärt uns Christian. Dieses Zeittauchen, also Luftanhalten unter Wasser, sei eben der mentalste Sport, den es gibt. "Nur weil der Körper uns sagt, wir müssen atmen, müssen wir noch nicht auftauchen. Wir können über den Atemreiz drüber gehen." Und nicht zuletzt sollten wir auch positiv denken, denn negative Gedanken verbrauchen mehr Energie. "Daher könnt ihr eure Zeit nur unter der Voraussetzung verdoppeln, dass nichts Negatives in euren Köpfen ist."
Soweit die Theorie
Insgesamt drei Tauchgänge stehen uns nun bevor. Kopfüber treibe ich entspannt im Wasser, denke an meinen letzten Skiurlaub, lenke mich mit Fingerspielen ab. Meine Partnerin stoppt die Zeit. Meine Hände liegen nun am Beckenrand. Kopf raus an die Luft. 2 Minuten und 15 Sekunden. Einfach unglaublich. "Da geht locker mehr, denn du bist entspannt gewesen", ermuntert mich Christian. Und tatsächlich: erst nach zwei Minuten und 45 Sekunden tauche ich beim zweiten Mal auf. Ursprungszeit verdoppelt. Unfassbar für mich.


Alle haben's geschafft
Jeder von unserer Gruppe konnte seine Zeit zumindest verdoppeln. Meine Partnerin hat sich sogar von nur 15 Sekunden auf 1:15 gesteigert - also um das Fünffache! Und auch sie kann es kaum glauben. Beim anschließenden "Abschluss-Meeting" gibt uns Christian noch eine Aufgabe für daheim mit: Setzt euch daheim an einen ruhigen Ort, nehmt eure Ursprungs- und längste Zeit her und eine Stoppuhr. Ihr dürft natürlich atmen dabei, aber seht die ganze Zeit auf die Uhr. Und ihr werdet erkennen, wie lange eine Minute sein kann. Und viel Spaß all jenen, die über zwei Minuten geschafft haben", schmunzelt er.
Und so nehmen wir uns alle vor, die erlernten Atemtechniken und das Zeittauchen weiter zu üben. Aber vielleicht besser im privaten Pool, denn im öffentlichen Schwimmbad kommt möglicherweise der Bademeister gelaufen, wenn ich mehr als zwei Minuten mit dem Kopf unter Wasser "schwebe" ...
Christian Redl kommt wieder nach Pöllau zum Retter. Am 13. Oktober 2024 haben Sie die Möglichkeit, das Ganze selbst zu erfahren und richtig Atmen zu lernen. Weitere Infos und Anmeldung/Buchung finden Sie HIER
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