Geschäftsführer von 58 Firmen

Aktuell ist Lukas N. in 11 Unternehmen Geschäftsführer, neun davon sind im Firmenbuch als insolvent oder als Scheinunternehmen gekennzeichnet. In 47 weiteren Unternehmen, in denen er in den letzten Jahren Geschäftsführer war, ist seine Funktion inzwischen gelöscht, knapp die Hälfte davon sind ebenfalls insolvent oder Scheinunternehmen. Die Beschäftigten wurden teils mehrfach zwischen Gesellschaften hin- und her gemeldet, um ihnen kein Geld auszahlen zu müssen. Obwohl der Verdacht auf systematischen Betrug bereits 2023 aktenkundig war, ist es völlig legal, dass dieselben Personen weiterhin als Geschäftsführer fungieren und Arbeitnehmer:innen einstellen.

Dieses Firmengeflecht in der Immobilienbranche beschäftigt die Stabsstelle Betrugsbekämpfung der Arbeiterkammer Wien schon über Jahre hinweg. Aufgefallen durch dubiose Geschäftspraktiken: Mehr als hundert Beschäftigte wurden um ihren Lohn gebracht, Abgaben an ÖGK, Finanzamt und Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) wurden nicht korrekt bezahlt. Gegen zentrale Akteure dieses Firmengeflechts – einer davon ist eben Lukas N. – laufen Verfahren wegen betrügerischer Krida.

Ende 2023 hat die Arbeiterkammer Wien die Stabsstelle Betrugsbekämpfung eingerichtet, die systematisch gegen Sozialbetrug durch Unternehmen vorgeht. Andrea Ebner-Pfeifer, Arbeitsrechtsexpertin der Stabsstelle: „In den vielen Jahren, in denen ich mich intensiv mit Sozialbetrug durch Unternehmen auseinandergesetzt habe, war ich immer wieder überrascht, mit wie viel krimineller Energie und Skrupellosigkeit mitunter vorgegangen wird.“ Teilweise gelte es richtiggehend Detektivarbeit zu leisten, um verschachtelte Firmenkonstrukte zu enträtseln oder dubiose Subunternehmerketten zu entwirren.
Mit Stichtag 31.8.2025 bearbeitete die Stabsstelle im heurigen Jahr 105 Fälle. In diesem Zeitraum wurden alleine in der AK Wien 50 Anzeigen für 476 Arbeitnehmer:innen wegen Unterentlohnung nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) eingebracht. Bei diesen Anzeigen geht es um offene Ansprüche in der Höhe von mehr als 3 Millionen Euro. Diese Summe ist bereits jetzt doppelt hoch, wie im gesamten Vorjahr. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind. Denn nur ein Bruchteil der betroffenen Arbeitnehmer:innen findet (teilweise aufgrund von Sprachbarrieren oder fehlender Kenntnisse der eigenen Rechte) den Weg zur AK Wien.
Nicht überraschend zeichnen sich solche Entwicklungen auch in den großen Bundesländern ab – so auch in der Steiermark.
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