Erst umjubelt. Dann tiefer Fall.

Alt-LH Waltraud Klasnic feiert 80er. Ihr 60er war ein „Trauertag“.

Gestern (27.10.) feierte die einst so, vor allem von der ÖVP, bejubelte erste Frau auf dem Landeshauptmann-Sessel ihren 80. Geburtstag. Vor 20 Jahren, im Oktober 2005, war dieser Tag der Tiefpunkt in ihrem politischen Leben. Ein Schock. Für sie völlig unerwartet.

Nur fünf Jahre davor gelang ihr ein historischer Triumph bei der Landtagswahl. Mit wenigen tausend Stimmen Überhang gegenüber ihrem SPÖ-Herausforderer Peter Schachner-Blazizek verwies sie diesen auf den zweiten Platz. Sie wurde als Frau erster weiblicher Landeshauptmann in Österreich und damit bekannt und populär. Mit ihrem bodenständigen Auftreten, ihrer Herkunftsgeschichte aus ärmsten Verhältnissen, aufgewachsen bei einer Ziehmutter, nur mit Pflichtschulausbildung sicherte sie sich viele Sympathien.

Ihre einmalige Chance kam im 1995

Nach dem Verlust der absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl im Dezember 1995 hatte sich Josef Krainer – bis dahin Landeshauptmann – aus der Politik zurückgezogen. Sein Kronprinz Gerhard Hirschmann, 2019 verstorben, lehnte aus familiären Gründen ab. Damit kam Waltraud Klasnic – bis dahin ein politisches Leichtgewicht in der steirischen ÖVP – völlig überraschend erst zum Zug. Mit den Stimmen der damaligen Haider-FPÖ wählte sie der Landtag als erste Frau zum Landeshauptmann.

Ihr ungezwungenes Auftreten verschaffte Klasnic rasch Sympathien unter den steirischen Wählern. Auch österreichweit sorgte sie für Schlagzeilen in den Medien.



Als Wolfgang Schüssel nach der Nationalratswahl 1999 die schwarz-blaue Regierung bildet, bietet er sowohl Waltraud Klasnic als auch der früheren Nationalbank-Präsidentin Maria Schaumayer die Führung in der schwarz-blauen Regierung an. Denn Schüssel weiß, dass seine Wahlkampfansage, bei Nichterreichen von Platz 2 in Opposition zu gehen, schlecht mit der Übernahme der Kanzlerschaft zusammenpasst. Die Zeitungen sind damals voll mit entsprechenden Vorwürfen. Schüssel erwägt also, den Rückzug in die zweite Reihe und versucht, jemanden zum Kanzler zu machen, der von der umstrittenen Wahlkampfaussage der ÖVP unbelastet ist.

War’s das?

Doch Klasnic kennt ihre Grenzen und winkt sofort ab. Der Triumph bei der Wahl 2001 gibt ihr im Nachhinein Recht. Doch nur vier Jahre später stürzt sie ab und musste in die Polit-Pension. Auslöser waren ÖVP-interne Konflikte zwischen ihr und dem damaligen Landesrat Gerhard Hirschmann. Aber nicht zuletzt auch eine einsame Entscheidung während der regierungssitzungsfreien Zeit im Sommer. Klasnic hatte damals eine Millionen-Förderung (noch in Schilling) an die Familie Herberstein und deren Schloss-Umbau bewilligt. KLIPP titelte in seiner letzten Ausgabe vor der Landtagswahl: „War’s das?“

Und so war es dann auch. Franz Voves von der SPÖ gewann die Wahl. Er war als Quereinsteiger erst drei Jahre zuvor in die Politik gekommen und blieb dann zehn Jahre bis 2015 im Amt.

Waltraud Klasnic haderte, nicht überraschend, mit ihrem Schicksal. Sie brauchte Jahre, um diesen Tiefpunkt zu überwinden. Verschaffte sich aber persönlich wieder Respekt und Anerkennung in der Öffentlichkeit mit dem Vorsitz der Unabhängigen Opferschutzkommission. Diese arbeitete in den letzten 15 Jahren 3.000 Missbrauchsfälle auf und stand den Betroffenen finanziell und therapeutisch zur Seite.

Für die einstige ÖVP-Vorzeige-Frau und -Politikerin gab es in den letzten Tagen viele „Happy Birthday“ bei den Feierstunden zu ihrem 80. Geburtstag. KLIPP schließt sich diesen an.

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