Ja, eine Ära ging zu Ende

Ungewiss, ob Christopher Drexler als ELHA nach Hermann Schützenhöfer eine neue schafft

Ohne Druck von außen, auch nicht aus gesundheitlichen Gründen, hat Hermann Schützenhöfer, 71, vor einem Monat seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Obwohl ihn der Landtag nach der November-Wahl 2019 für fünf Jahre zum Landeshauptmann gewählt hatte.

Es war, wie Schützenhöfer eingestanden hat, die persönliche Angst, den „richtigen Zeitpunkt“ für seinen Abschied aus der Politik zu verpassen. Natürlich weiß Schützenhöfer, dass die ÖVP bundesweit, damit auch in der Steiermark, mit stark sinkenden Vertrauen der Wähler kämpft. Dass die Ausgangssituation für die ÖVP 2024 eine viel schlechtere sein wird, als 2019 im Sog der „Kurz-Euphorie“. Und dass er am Abend des Wahlsonntags den Hut nehmen müsste. Also die Vorstellung eines schmucklosen Abschieds, die ihn quälte, die er fürchtete. Ein einschneidendes Beispiel für ihn: Siegfried Nagl, der Grazer Bürgermeister. Dieser musste im September 2021 nach verlorener Wahl – völlig unerwartet – nach 18 Jahren im Amt zurücktreten.

Heute lief im Landtag alles mit einer großen Feierlichkeit ab, wie Schützenhöfer sich das ausgedacht hatte. Die Erste Landtagspräsidentin Manuela Khom verkündete am Vormittag das Wahlergebnis im Landtag für den neuen Landeshauptmann. 32 von 46 Abgeordneten (2 waren entschuldigt) gaben Christopher Drexler ihre Stimme. Die Neos, KPÖ, Grünen und ein Teil der FPÖ-Fraktion wählten ihn nicht. Erst bei der Landtagswahl im Jahr 2024 entscheidet der Souverän darüber, sprich knapp eine Million steirische Wähler, ob sie in Christopher Drexler, dem Landeshauptmann „von Gnaden des Alten“, einen Politiker sehen, der das Zeug hat, die Steiermark in eine neue Ära zu führen.

Pandemie-Lob von allen Parteien

Der mehrmalige Griff zum Taschentuch unter etlichen Anwesenden machte deutlich, wie viel Emotionen es in der heutigen Landtagssitzung gab. Ungeteiltes Lob gab es für Hermann Schützenhöfer von allen Fraktionen für seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit, gerade in den letzten beiden schwierigen Jahren aufgrund der Pandemie. Er selbst zeigte sich bewegt darüber und erinnerte daran, dass ihn am 16. Juni 2015 der Landtag zum Landeshauptmann gewählt hatte, als sein „Traum, Landeshauptmann zu werden, eigentlich schon ausgeträumt war“.

Alt-LH Franz Voves fehlte

Möglich wurde dies damals an diesem Tag nur, weil der damalige SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves als Chef der stimmenstärksten Partei für diese Funktion nicht einen Genossen vorschlug, sondern sie Hermann Schützenhöfer überließ. Nicht zuletzt aus der Angst heraus, die ÖVP könnte die im Jahre 2010 schriftlich vereinbarte Reformpartnerschaft brechen und eine Koalition mit der FPÖ eingehen, so die Erzählung von Franz Voves. Er fehlte heute beim Abschied von Hermann Schützenhöfer im Landtag wegen einer Verpflichtung in Wien, wie es hieß. Dieses Detail am Rande zeigt, wie der Alleingang von Voves vor sieben Jahren politisch sensibel in seiner Partei heute noch gewertet wird. Wiewohl die SPÖ-Fraktion mit Anton Lang als Koalitionspartner der ÖVP die Wahl von Christopher Drexler einstimmig unterstützte.

Ja, zu einer feierlichen, würdigen Stimmung bei der Wahl eines neuen Landeshauptmannes im Landtag. Aber zu viele der Abgeordneten von SPÖ und ÖVP drinnen im Landtag leben offensichtlich in einer provinziell anmutenden„Polit-Blase“. Anders sind das übertriebene Pathos und Selbstlob, die Selbstverliebtheit, der Weihrauch und die Überhöhung der Steiermark als schönstes und stolzestes Bundesland Österreichs – bei aller Wertschätzung – nicht zu erklären. Während draußen im Land die Menschen Tag für Tag an der Tankstelle oder beim Einkaufen in den Geschäften erleben, wie schwierig der Alltag geworden ist.

Opposition skeptisch

Auch der neue Landeshauptmann Christopher Drexler meinte in seiner Regierungserklärung über weite Strecken, diese selbstgefällige Stimmung bedienen zu müssen. So sagte er unter anderem: „Ich will der Anwalt der Steiermark, unseres starken, schönen Bundeslandes sein.“ Was soll den ein Landeshauptmann sonst sein? - äußert sich ein Zuhörer im Landtag. Konkreter dann schon eines der politischen Ziele Drexlers: Wie bei der Forschung und Entwicklung soll die Steiermark auch in anderen Entwicklungsfeldern innerhalb der nächsten zehn Jahre zu den Top-Regionen Europas gehören. Weil die Steiermark so viel Chancen und Potenziale hat, so eine Dynamik in sich trägt.

Im Hinschauen, Zuhören und Zuwendung geben sieht Drexler sein erklärtes Ziel, bei aller politischen Hektik, die Menschen und Sorgen nicht aus den Augen zu verlieren. „Statt immer mehr, immer schneller, immer weiter – und weiter weg –, müssen wir wieder mehr hinschauen, mehr zuhören und mehr Zuwendung geben.“ Trotz der vielen Gespräche mit den Vertretern der Oppositionsparteien im Landtag in den letzten Wochen: Ein Drittel der Abgeordneten traut ihm dies nicht zu. Sie wählten ihn nicht.

Weniger kritisch sah die Opposition Werner Amon als neues Regierungsmitglied. Dieser erhielt 39 Stimmen.

"Schützis" letzter Arbeitstag in Bildern:

"Aufmarsch" im Landhaushof ...
Taschentuch wurde oft gezückt ...
Christopher Drexler mit Familie
... mit Klubobfrau Barbara Riener
Sandra Krautwaschl (Grüne)
Drexler bei seiner erste Rede im Landtag
Anton Lang mit dem Neo-Landeshauptmann
"Empfang" für Werner Amon, den neuen in der Landesregierung.
Gratulation von Alt-LH Waltraud Klasnic
Drexler, Amon
Applaus für Schützenhöfer
Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ)
... mit Klubobmann Johannes Schwarz (SPÖ)
Niko Swatek (Neos)
"Sessel-Übergabe"
... mit dem Landtagspräsidium: Gerald Deutschmann, Manuela Khom, Gabriele Kolar
Ehepaar Drexler

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