„Mit manchen Kindern den ganzen Tag nicht einmal sprechen“

„Kinderzukunftsindex“ der AK zeigt angespannte Lage bei Kinderbetreuung

Knapp ein Drittel der Befragten geben an, dass Kinder öfter unbetreut bleiben müssen. 59,90 Prozent haben das Gefühl, die Kinder im Stich zu lassen. Oder: „Mit manchen Kindern in meiner Gruppe kann ich den ganzen Tag nicht sprechen“, geben sogar zwei Drittel der Befragten an.

Die Ergebnisse des jüngst erhobenen „Kinderzukunftsindex“ der steirischen Arbeiterkammer sind ernüchternd. Dieser hat die Qualität der Betreuung in Kinderkrippen und Kindergärten im Fokus und erfasst die Folgen des Personalmangels dort. 1.633 Beschäftigte in steirischen Einrichtungen haben sich an der Umfrage beteiligt.

Patrick Hart, Geschäftsführer der IGSF (Interdispziplinäre Gesellschaft für Sozialtechnologie und Forschung), welche die Erhebung durchgeführt hat, fasst die zentralen Ergebnisse zusammen: „Rund 90 Prozent der Befragten geben an, dass die Kindergruppen zu groß sind, 60 Prozent melden, dass die Kinder in den Gruppen deswegen nicht mehr ausreichend betreut werden können. Fast die Hälfte des Personals hat die Kinder oft nicht mehr im Blick. Dies führt zu vermeidbaren Verletzungen, Streit und Aggressivität unter den Kindern.“

Weiterhin hohe Belastung

Das Durchschnittsbelastungsniveau der Beschäftigten liegt demnach bei 47,4 von 70 möglichen Punkten. „Das entspricht einer leichten relativen Entspannung der Situation, allerdings liegt die absolute Belastung noch immer im gleichen Bereich wie im Vorjahr“, so Patrick Hart. 45 Prozent der Befragten denken aufgrund der Situation ernsthaft über einen Berufswechsel nach, was den Personalmangel aber klarerweise weiter verschärfen würde.

Mit 1. September 2023 trat bekanntlich die „Novelle des Steiermärkischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetztes in Kraft, welche einige Erleichterungen bringen sollte. „Die erste Umfrage im Vorjahr war vor dieser Novelle und damals war der absolute Tiefpunkt erreicht“, so AK-Frauenreferatsleiterin Bernadette Pöcheim. Wiewohl diese Novelle unter anderem eine schrittweise Reduktion der Gruppengrößen über mehrere Jahre hinweg vorsieht und es eine Verbesserung der Entlohnung des Betreuungspersonals gegeben hat: „Diese ist bei den Beschäftigten sehr gut angekommen. Aber die Arbeitsbedingungen sind immer noch die gleichen“, weiß auch Beatrix Eiletz, Betriebsratsvorsitzende der Volkshilfe.

AK fordert Masterplan

Angesichts der Umfrageergebnisse sieht AK-Präsident Josef Pesserl daher akuten Handlungsbedarf. Man könne nicht nur immer betonen, dass es sich um Bildungsstätten handelt und keine Aufbewahrungsorte, aber im Gegenzug die notwendigen Maßnahmen nicht umsetzen, damit dort auch Bildung erfolgen könne. Pesserl: „Zum Wohl der Kinder, der Beschäftigten und der Gesellschaft braucht es dringend einen Masterplan mit konkreten und verbindlichen zeitlichen Umsetzungsschritten.“

So sollte es zu einer Bedarfserhebung der zu benötigten Kinderbetreuungsplätze in der gesamten Steiermark kommen und in der Folge zu deren Ausbau. Außerdem fordert die AK einen Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Betreuungsplatz sowie mehr Personal. Und nicht zuletzt müsse es zu einer massiven Attraktivierung des Berufsbildes kommen, mit mehr Ausbildungsplätzen.

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