Niemand will das „hässliche Äpflein“

„Insgesamt haben unsere heimischen Bauern heuer mit sehr, sehr vielen Herausforderungen zu kämpfen gehabt“, gibt es für Landwirtschaftskammer-Steiermark-Präsident heute bei der Präsentation der diesjährigen Erntebilanz keine guten Nachrichten zu vermelden. Die „Werkstätte“ der Bauern ist nun einmal unter freiem Himmel und so mache ihnen zum Einen der fortschreitende Klimawandel zu schaffen und zum anderen stellen auch die aus fernen Ländern eingeschleppten invasiven Schadinsekten eine große Bedrohung dar.
Das Risiko einer schlechten Ernte steige für die Bauern von Jahr zu Jahr, so Titschenbacher. Große Sorgen bereitet ihm daher auch die wirtschaftliche Lage der Betriebe. So ist es beispielsweise beim Mais aufgrund des anhaltenden massiven Starkregens im Frühjahr zu einem Ernteausfall von 25 Prozent gekommen. Für die Heu- und Grünlandernte gab es kaum zwei, drei schöne Tage, um diese einzubringen.

Beim Obst heißt es, in den sprichwörtlich „sauren Apfel zu beißen“. Ganze zwei Drittel (!) der Ernte hat der Frost in diesem Jahr zunichtegemacht. Und so gibt es da viele „hässliche Äpflein“, zeigt Präsident Titschenbacher einen solchen Apfel mit einem Frostring im Vergleich zu einem „schönen“, ohne Frostschaden. „Ein Apfel mit Frostring ist de facto unverkäuflich. Auch wenn es geschmacklich überhaupt keinen Unterschied gibt, nur eben optisch.“ Selbst auf Bauernmärkten seien diese „hässlichen Äpflein“ nicht zu verkaufen, weil die Leute „zum Suchen anfangen“ und dann eben doch zu einem größeren bzw. schöneren greifen. Daher könne man aus diesen nur mehr Saft machen.
Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer verspricht weitere Unterstützung und Beratung von Seiten des Landes für die dringend notwendige Anpassung an die immer herausfordernder werdenden klimatischen Bedingungen. „Das hat für uns höchste Priorität.“ Man habe bereits zahlreiche Schritte gesetzt: Von der erhöhten Förderung für Bewässerungsanlagen über die dynamische Waldtypisierung und den verstärkten Humusaufbau bis hin zum ,Masterplan Klimarisiko Landwirtschaft’.“

Niemand spritzt aus Jux und Tollerei
„In den vergangene Jahren haben sich, bedingt durch die Erderwärmung in unseren Breiten, auffallend viele eingeschleppte Schadinsekten schleichend breitgemacht, die unsere landwirtschaftlichen Kulturen bedrohen“, so Kammerdirektor Werner Brugner. Er verlangt daher eine „sachliche und keine ideologische, angstmachende Diskussion über Pflanzenschutzmittel, die eine große Errungenschaft der Wissenschaft sind und deren ausgebrachte Mengen stark rückläufig sind.“ Denn ohne Pflanzenschutz werde es künftig nicht gehen. „Wir wollen die Pflanzen schützen, um die Ernte einfahren zu können. Niemand verwendet bei uns Pflanzenschutzmittel aus Jux und Tollerei, zumal es ja mit Kosten verbunden ist.“ Dazu komme, dass die Bauern die Hoffnung verlieren, weil immer mehr bestehende Pflanzenschutzmöglichkeiten in Frage gestellt werden und die teuren Zulassungsverfahren in Österreich wegen der geringen Marktrelevanz oftmals nicht attraktiv sind. „Erleichterungen sind hier notwendig“, fordert Brugner von der neuen Bundesregierung.

„Untersaat“ schützt Kürbisse
Auch Lisa Masser, Kürbisbäuerin aus Dobl-Zwaring, setzen die Wetterextreme stark zu. „Daher beschäftigen wir uns bereits seit Jahren mit Humusaufbau – mit der sogenannten Untersaat.“ Dabei werden, bevor sich die Kürbsireihen schließen, Blühmischungen – Gras und Klee – gesät. Diese wachsen schnell, schützen die Kürbisse und den Boden vor Erosion, Hitze und Sonnenbrand und fördern die Bienen sowie Wildinsekten.“
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