Er machte den Symbolberg für die Grüne Mark zum Energiekristall

Wir sitzen am Besprechungstisch im Büro von Planai-Geschäftsführer Georg Bliem. Draußen, hinter ihm, auf dem Zielhang der Planai brettern Downhiller mit ihren Mountainbikes die schwierigen, kurvenreichen Passagen hinunter. Das war bereits im Sommer, als sich Georg Bliem – der „Dachsteiner“ – für KLIPP Zeit nahm, über sein Lebenswerk zu plaudern. Da waren die jüngsten Auszeichnungen noch kein Thema.

Grünes Herz zur Marke gemacht

Unser Gespräch führt uns aber anfangs in die Vergangenheit, 20 Jahre zurück. Es war Georg Bliem, der als Tourismusdirektor des Landes Steiermark das heute so bekannte Grüne Herz als Logo für den steirischen Tourismus erfolgreich wiederbelebte. „Es symbolisiert für mich auch den Pulsschlag Österreichs“, beschreibt Georg Bliem das Grüne Herz, mit dem die Steiermark in seiner Zeit als Tourismusdirektor touristisch von Jahr zu Jahr stark zulegte.

„Ich musste mich binnen weniger Stunden entscheiden“

Mit dem Höhepunkt, der Alpinen Skiweltmeisterschaft 2013 in Schladming. Doch diesen sollte Georg Bliem nicht mehr als Tourismusdirektor mitverantworten, weil der damalige Geschäftsführer der Planai Bahnen Ernst Trummer ins Visier der Landespolitik kam. Obwohl er sehr erfolgreich war, musste er seinen Hut nehmen. Es gab im Land Steiermark heftigste politische Konflikte und gegenseitige Attacken zwischen Landeshauptmann Franz Voves und der ÖVP. Tourismuslandesrat Hermann Schützenhöfer zog die Notbremse. Georg Bliem: „Ich musste mich binnen weniger Stunden entscheiden.“ Er wurde zum Nachfolger von Trummer, praktisch wenige Monate vor der WM, bestellt. „Ich hab’ mich anfangs nur als Übergangslösung gesehen. Mittlerweile sind es aber zwölf Jahre geworden“, blickt der gebürtige Schladminger zurück.

10 Jahre Plan im Kopf gehabt

Mit dem Neubau der Dachstein-Bergstation auf 2.775 Metern Höhe – stolz Energiekristall genannt, ist ihm das Meisterstück in seiner beruflichen Laufbahn gelungen. Die neue Bergstation hat das Zeug, zu einem touristischen Juwel, zu einem Hotspot für den steirischen Tourismus zu werden. Das zeichnet sich schon wenige Monate nach seiner Eröffnung ab. Ganz im 21. Jahrhundert verortet, wie das im Neudeutsch heißt – mit allen technischen und nachhaltigen Auffälligkeiten, die so ein Energiekristall braucht. Mit 338 Modulen auf 633 Quadratmetern platziert erzeugt er 100.000 Kilowattstunden Strom und damit 80 Prozent der benötigten Energie selbst. 200 Sitzplätze lassen die Gäste im Bergrestaurant mit einem 280-Grad-Blick bei entsprechendem Wetter ein herrliches Panorama genießen.

Alles lief wie im Krimi ab

Der Bau der neuen Bergstation mit den Herausforderungen war wie ein Krimi. „Ich hatte den Plan, wenn man so will, zehn Jahre im Kopf gehabt“, sagt Bliem. Allein die Höhenlage. 2.775 Meter – damit die höchste Baustelle Österreichs. Da waren das wechselhafte Wetter, der Nebel, die Windgeschwindigkeiten, die Temperaturen, bis zu 20 Grad minus, die Logistik für das Baumaterial, dieses in die Höhe zu transportieren, die körperliche und psychische Belastung für die Mitarbeiter.

„Namhafte Firmen haben unterwegs das Handtuch geworfen – wir schaffen es nicht. Es gab hunderte Fragen: Wer kann das überhaupt? Wer macht das dann? Welche Firma entschließt sich dazu? Wir haben, Gott sei Dank, Partnerschaften gehabt, die das dann ermöglichten. Die Firma Liebherr hat einen eigenen Kran konzipiert, der in Pamplona in Spanien gebaut wurde und dann rauf transportiert worden ist. Er ist mit 38 Teilen im Felsen verankert.“

Namhafte Firmen gaben w.o.

Ganz wichtig waren da die Planer. „Wir haben ein junges Grazer Planungsteam gehabt – mit Pilz & Partner. Die haben tolle Arbeit geleistet. Denn die Statiker sind in diesem Fall die Wichtigsten. Allein dir Kran-Fundamente, dann die Fundamente der Terrassen – das waren Mega-Mega-Aufgaben. Im Frühjahr – da war ich verzagt, zum Teil, weil eben Firmen w.o. geben mussten. Das meiste haben wir mit salzburger und steirischen Unternehmen geschafft. Die haben viele Bergsteiger als Mitarbeiter – ob das nun Elektriker, Fassadentechniker, Stahlbauer sind. Es musste ja im Freien die meiste Zeit über gesichert gearbeitet werden.“

Kranführer als Lebensretter

„Zu Advent im Jahr 2023 waren wir mit dem Gebäude dicht. Und doch wurde es in den letzten Monaten bis zur Eröffnung im Mai 2024 noch einmal ganz, ganz hart. So etwas brauche ich nicht mehr. Aber es war dann letzten Endes doch eine Punktlandung – im Nachhinein betrachtet ein Wahnsinn. Wir haben 280 Tonnen Stahl hinauf geführt. Und das Ganze ist nur mit viel Handwerkskunst gelungen.“

Der „Lebensretter“ zum Gelingen war der Kran. Und da dann die Frage: Wer kann diesen bedienen? Wer setzt sich da in 40 Metern Höhe hinauf? Windgeschwindigkeiten bis zu 120 km/h von vorn, von der Seite, von hinten. Im Winter mussten die Mitarbeiter täglich hinaus, um das Eis abzuklopfen, sonst wäre der Kran zusammen gebrochen. Der Kranführer kam dann aus Köln. Er war ein Schwergewicht, ist täglich um sieben Uhr in der Früh die 40 Meter hinauf, dann sechs, sieben Stunden dort oben geblieben. Dabei musste er Maßarbeit leisten, das ganze Material einpassen, mit einer Präzision, die praktisch unvorstellbar ist.

„Tränen der Rührung gehabt“

„Es ist schon eine Art Lebenswerk“, resümiert Georg Bliem, „und es hat schon Tränen der Rührung gegeben“, gesteht er. „Aber alle, die dabei waren, sind stolz.“ Und der Erfolg gibt ihm Recht. Das Interesse am Dachstein geht durch die Decke. Er ist zu einem Symbolberg geworden. Nicht zuletzt ist auch viel Mystik dabei. Die Hallstattkultur, die Weite des Dachsteins mit all seinen Geschichten. „Selbst den Gletscherschwund gehen wir proaktiv an“, erklärt Bliem. „Wenn du das gut machst, dann funktioniert es. Es kommt deswegen kein Gast weniger. Du musst die Gäste nur informieren, was passiert.“

Seit 1880 gibt es die Aufzeichnungen über den Gletscher. Damals bereits sprach ein Professor Simoni vom Rückgang der Gletscher. „Und wir haben das bis zum Jahr 2000 dokumentiert. Das kommt narrisch guat an, was wir da alles haben – mit dem Eispalast, der Himmelsleiter, der Hängebrücke, der Treppe ins Nichts, und und.“ Aber was bei den Gästen im Kopf bleibt? Bliem salopp: „Was picken bleibt, ist der Panorama-Blick. Der Besucher steht in einer Hochgebirgswelt, sieht bei entsprechendem Wetter runter zum Triglav nach Slownien, sieht rauf zum Böhmerwald, hinüber in die Zillertaler Berge. Das bleibt für immer im Kopf.“

250.000 Besucher pro Saison

2.500 Besucher lassen Bliem und sein Team täglich maximal auf den Dachstein. „Wir könnten auch 1.000 Karten mehr verkaufen, aber das tun wir nicht. Die Verteilung passt, wie auch die Anreise und das Parkplatzmanagement. Es soll ein Erlebnis bleiben.“ Das System ist einfach. Es gibt Slots, die man kaufen kann. Da wird die Bergfahrt und die Talfahrt gebucht. „Es ist nicht ganz streng, aber im Regelfall bleiben die Leute etwa drei Stunden. In einer Saison werden wir 250.000 Besucher begrüßen. Das heißt von März bis Oktober.“

„Der Winter ist eine andere Herausforderung, aber da wird mir auch nicht bange, denn Langlaufen, Skiwandern, Bergsteigen, aber auch Skifahren ist am Dachstein möglich. Es gibt keine Lifte mehr, aber eine 25 Kilometer lange Strecke bis nach Obertraun in Oberösterreich. Für die Kondition eine Herausforderung, aber zu bewältigen ist das für jeden normalen Skifahrer. In geführten Gruppen ist es sinnvoll“, so Bliem. „und da kann man gemächlich unterwegs sein, sich nicht hetzen. Es soll zu einer Genusstour werden.“ 8.000 Gäste waren es in der letzten Saison, die sich dieses Erlebnis gönnten.

Gletscher-Frühstück um halb vier Uhr früh

Ein besonderes Erlebnis sind auch die Gletscher-Frühstücke. Um halb vier Uhr in der früh geht es hinauf. Alle 25 Termine waren ausgebucht. Und jetzt erweitert die Planai das mit einem Dinner für den Sonnenuntergang. „Es läuft wie verrückt.“ Der Gutschein-Verkauf musste sogar gestoppt werden, weil dies als Geschenkidee super ankommt.

Beim Thema Freizeit ist der Dachstein der Inbegriff für Alpinismus – noch vor dem Arlberg und vor dem Großglockner. Dachstein kann sowohl der Holländer, als auch der Engländer ohne Probleme aussprechen. „Der Dachstein ist ein Symbolberg für den Alpinismus und damit auch ein Glücksfall für uns.“


3 x Gold, 1 x Doppelgold & eine Auszeichnung für das Lebenswerk

Das Prestigeprojekt „Dachstein“ der Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH wurde beim Internationalen Skiareatest 2024 mit einem wahren Preisregen bedacht. Neben dem Titel „Testsieger Österreich Sommer 2024“ erhielt der Dachstein auch in den Bereichen „Kunst & Kultur“, „beliebtestes Bergrestaurant“ sowie „Nachhaltigkeit“ Gold bzw. Doppelgold. Georg Bliem, Geschäftsführer der Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH, wurde zudem für sein Lebenswerk geehrt.

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