Tiefer Brunnen der Vergangenheit

Gedenkakt Land Steiermark: 80 Jahre Zweite Republik, 70 Jahre Neutralität – Meilensteine!

„Erinnern ist ein zweischneidiges Schwert“, analysierte der Festredner, Philosoph und Kulturpublizist Konrad Paul Liessmann in seiner gekonnten, präzisen, pointierten und klaren Rhetorik das schwierige Themenfeld. „Es kommt auf das rechte Maß an, ob wir uns produktiv erinnern oder ob wir uns von der Vergangenheit lähmen lassen.“ Einerseits sei, wer zu viel vergisst, zu wiederholen gezwungen, aber was andererseits, wenn man zu tief in den Brunnen der Vergangenheit blicke? Dann werde man womöglich von den Gespenstern der Vergangenheit verfolgt.

Kein Gedächtnis funktioniere ohne Anker – das gelte für Menschen wie Gesellschaften. „Wie funktioniert aber ein solches Gedächtnis kollektiv?“, fragte Liessmann weiter. Eine gemeinsame Erinnerungsgeschichte sei einfach nicht möglich, Erinnern sei eben individuell. „Um das kollektive Gedächtnis muss immer gerungen werden. Es gibt nicht die ein für alle Mal gültige Darstellung der Vergangenheit, jede Generation hat das Recht zu einem eigenen Blick darauf. Geschichte ist nie fertiggeschrieben, sie schreibt sich zumindest in Nuancen immer wieder neu“, formulierte er vor der politischen und gesellschaftlichen Elite des Landes. In der Aula der Alten Universität in Graz. „Umrahmt“ von den Schülern dreier eingeladener Schulklassen des Wirtschaftskundlichen Gymnasiums Graz Sandgasse, des Akademischen Gymnasiums Graz und des Bundesgymnasiums Rein – der Generation von morgen und der Zukunft des Landes.

Zuvor spannte ORF-Regisseur und Romy-Preisträger Günter Schilhan einen schillernden dokumentarischen Bogen von den Anfängen 1945 über den Staatsvertrag 1955 und den EU-Beitritt Österreichs bis in die Gegenwart – dank vieler sehenswerter Fundstücke aus diversen Filmarchiven.

In seinen Schlussworten bedankte sich der Landeshauptmann bei allen Beteiligten für den würdigen Jubiläums- und Gedenkakt. In seiner Begrüßung hatte Mario Kunasek betont: „Man wisse heute besser als gestern, Frieden sei keine Selbstverständlichkeit, Freiheit sei keine Garantie, Demokratie sei kein Automatismus. „All das muss geschützt, verteidigt und täglich neu gelebt werden.“

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