Kritisch bleiben ist wichtig

Corona-Situation entspannt sich

Foto: Klipp/Pixabay

Hohe Fallzahlen im Herbst und Winter, niedrige Fallzahlen im Frühjahr und Sommer – das ist ein Phänomen, das weltweit auftritt und darauf muss man sich einstellen und reagieren. Das Virus bleibt für einige Bevölkerungsteile gefährlich. Für die Mehrheit bedeutet es dank Impfung und Boostern ein akzeptables Risiko.

„Ich kann es nicht mehr hören“, das sollte nicht die Stimmung sein, in der wir über Corona sprechen. Eher sollte das Virus ein alltägliches, aber nicht omnipräsentes Thema sein. Österreich muss eine Krisenwiderstandsfähigkeit entwickeln. Nicht jede Infektion darf uns erschrecken. Leider ist die Kommunikation und Information der Regierung und Leit-Medien – besonders vom ORF – vor allem nur in eine Richtung erfolgt: Angst zu machen. Omikron ruft vermehrt milde Verläufe hervor, überlastet nicht die Intensivstationen. Also braucht es das Zurücknehmen von Maßnahmen. Wie beim Autofahren werden wir einen Sommer- und Winterreifen-Modus benötigen.

Die Pandemie hat auf brutalste Weise unsere Probleme im Pflegebereich offenbart. Bis heute werden sie leider noch immer ignoriert. Unser Gesundheitssystem muss leistungsfähiger und krisenfester werden. Dafür braucht es politischen Willen und viel Geld. Stationäre und intensivmedizinische Auslastung und Belegungskapazitäten müssen transparent für uns erkennbar, evaluiert und verbessert werden.

Das Impfen – wie es bei der Grippe nicht wirklich von den Menschen angenommen wurde – spielt bei der Coronavirus-Bekämpfung weiterhin eine zentrale Rolle. Der Impfstoff muss, wie bei der Grippe, an die jeweiligen Varianten angepasst werden. Es kann nicht die Lösung sein, dass drei, vier Mal im Jahr geboostert wird. Bei den Jüngeren muss es nicht darum gehen, um jeden Preis Infektionen zu verhindern. Auffrischungsimpfungen sollten jenen angeboten werden, die ein höheres Risiko für schwere Verläufe haben. Das sind logischerweise die über 60-Jährigen. Da macht es Sinn.

Und was wichtig ist: darauf hinzuweisen, dass sich Geimpfte und Ungeimpfte mit dem Coronavirus infizieren können und das Virus übertragen. Grundlegend ist aber auch der Gedanke: Als Gesellschaft zu akzeptieren, dass nicht jeder Bürger die Vorzüge der Impfung anerkennt. Das war ja bis jetzt auch bei der Grippeimpfung der Fall. Da stand bekanntlich nicht jeder schwer Erkrankte im Scheinwerfer der Öffentlichkeit. Und wie beim herkömmlichen grippalen Infekt: Der Schutz nach einer Infektion ist vergleichbar mit dem nach einer Impfung. Daher sollte der Genesenen-Status mit dem Status eines Geimpften gleichgestellt werden. Und ganz entscheidend: Ein positiver PCR-Test darf nicht zwangsläufig zu einer Isolierung führen.
Was es künftig braucht, ist ein Monitoring-System. Wie die Fernseh-Einschaltquoten sollte stetig beobachtet werden, wie die Fallzahlen sich entwickeln und welche Varianten es zur Zeit im Land gibt. Es braucht ein Frühwarnsystem für Pflegeheime, mit Schnelltest-Pflicht für alle Besucher und täglicher Testpflicht für Mitarbeiter, um im Zweifel rasch reagieren zu können. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass im nächsten Winter vor allem besonders gefährdete Gruppen von Menschen geschützt werden müssen.
Was es nicht braucht und was nicht passieren soll: Dass wir Österreicher uns nach der Omikron-Welle in einem hoffentlich entspannten Frühjahr auf die Schulter klopfen und sagen: „Wir sind im Großen und Ganzen gut durch die Pandemie gekommen.“
Kritisch zu bleiben ist wichtig. Ohne aber einander anzufeinden. Und in Planspielen Krisenszenarien gilt es, durch zu denken: Was passiert, wenn eine künftige Variante gegen die Impfstoffe resistent ist? Wenn heute damit begonnen wird, dann senken wir nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass weitere drastische Maßnahmen im nächsten Winter notwendig werden, sondern wir senken sie dauerhaft.

Corona und Omikron bieten eine Chance, unseren Blick endlich auf die Gesundheit unserer Gesellschaft zu richten und uns zu fragen, was wir grundlegend besser machen sollten, wenn es wirklich um Menschenleben geht. Und wenn wir zukünftige Pandemien verhindern möchten, die uns noch viel schwerer treffen könnten, als das Coronavirus. Es wäre fatal, den Corona-Tunnelblick beizubehalten.

Quellen: KLIPP-Archiv, „Die Zeit“ (20. Jänner 2022), „Wir können es besser“ (Clemens G. Arvay)

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