Ein Feuerwehrmann vor Grazer Synagoge erinnert an Novemberpogrome

Ein Denkmal der anderen Art

Im Rahmen des Projekts „Remember Me“, welches durch die Agentur für Bildung und Internationalisierung (OeAD) initiiert und finanziert wurde, lud das Graz Museum elf Schüler:innen der HTL Ortweinschule/Abteilung Bildhauerei Objektdesign Restaurierung ein, sich intensiv mit der Ausstellung Jüdisches Leben in Graz auseinanderzusetzen und mit Betreuung der Lehrenden individuelle Denkmäler für konkrete Orte des jüdischen Lebens in Graz zu entwickeln.

Eine dieser Installationen, die Bronzefigur eines Feuerwehrmanns, der an die Novemberpogrome im Jahr 1938 erinnert, als in der Nacht von 9. auf 10. November die Grazer Synagoge nach einem Anschlag vollkommen niederbrannte, wird nun vor der Synagoge eröffnet. Das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark ist für die Realisierung der Skulptur verantwortlich.

Ein Denkmal der anderen Art

Mit viel Engagement und Einfühlungsvermögen erstellt, entstanden im Rahmen des Projektes neue und ungewohnte Blickwinkel auf das jüdische Leben in Graz und wertvolle Beiträge lokaler Erinnerungskultur. Dabei entwickelten die jungen Künstler*innen vielfältige und innovative Arbeiten, die von einem Video und der Gestaltung eines realen Brettspiels über Installationen und Sticker im öffentlichen Raum bis zu architektonischen Formationen reichten.

Bei sämtlichen Arbeiten wurde ein neuer Denkmalbegriff jenseits des klassischen Sockel-Figur-Monuments auf kreative Weise ausgelotet und erprobt. Als Präsentationsort der Arbeiten, die als Modelle und Fotomontagen visualisiert wurden, wählte man das Foyer von Jüdisches Leben in Graz, womit man den Schüler:innen einen konkreten Ort zur Aufstellung und damit einen gelungenen Auftakt in die Ausstellung bot. Eine dieser Installationen wird nun tatsächlich im öffentlichen Stadtraum verwirklicht.

Schon 2013 realisierte das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark die 2021 erneuerte Installation Lauftext der Künstlerin Catrin Bolt, die sich mit den Ausschreitungen der Novemberpogrome im Jahr 1938 auseinandersetzt. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannte die Grazer Synagoge nach einem Anschlag vollkommen nieder, Jüdinnen und Juden wurden misshandelt und deportiert, ihre Wohnungen geplündert. Einem zeitgenössischen Bericht des Oberrabbiners David Herzog folgend, brachte die Künstlerin dessen Schilderungen als Buchstaben entlang jener Straße in Richtung Synagoge auf, die er von SS-Männern entlang getrieben wurde.

Der Feuerwehrmann

Mit der Installation der Feuerwehrmannfigur von Peter Roskaric (* 2004) erhält die Stadt Graz nun ein zweites Mahnmal, das sich mit diesen ersten massiven öffentlichen Übergriffen auf die jüdische Bevölkerung auseinandersetzt und einen wesentlichen Beitrag zur lokalen Erinnerungskultur leistet. Auch diese Arbeit fordert in zeitgemäßer Sprache nicht Repräsentation und monumentale Überhöhung, sondern die Betrachter:innen zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Inhalt auf.

Der nur 44 cm große Bronzeguss eines Feuerwehrmanns, gekleidet in der zeitgenössischen Uniform der 1920er-/30er-Jahre, steht stramm und unbeteiligt auf einem Verkehrsmasten gegenüber der Synagoge. Eigentlich ein Synonym für Hilfsbereitschaft, beobachteten die Feuerwehrleute in der Nacht der Pogrome den Synagogenbrand tatenlos und verhinderten nur das Übergreifen des Feuers auf nahe liegende Gebäude. Zurückgenommen und beinahe unscheinbar legt der Feuerwehrmann mahnend Zeugnis über die Ereignisse jener Nacht ab und erinnert stumm an die Gräuel des Nationalsozialismus.

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der erste der kommentiert