„Jahrhundertauftrag“ für Verkehr auf Schiene

Maschinenfabrik Liezen tätigt daher Millionen-Investition zur Standortsicherung

Die Maschinenfabrik Liezen beschäftigt derzeit rund 750 Mitarbeiter. Man zählt – in einem schwierigen Branchenumfeld – zu den den größten Arbeitgebern in der Region und ist somit ein Standort mit Tradition.

Verständlich, dass der Großauftrag der deutschen Helrom-Gruppe gefeiert wird. Es handelt sich um innovative Güterwaggons für ständig wachsenden Verkehr auf Schiene. Dadurch erfolgt auch eine Absicherung des Standorts für die Zukunft. Der Bahn-Spezialist produziert in einer ersten Phase 40 neuartige Highend-Güterwaggons, mit denen Lkw-Transporte einfach von der Straße auf die Schiene verlagert werden können. Langfristig soll das Engagement dem Leitbetrieb Umsätze von einer Viertelmilliarde Euro bescheren.

Die Maschinenfabrik hat am Standort Liezen bereits eine bewegte Geschichte hinter sich. Bis Ende der 1980er-Jahre gehörte sie zum voest-Konzern und war eine der in der Öffentlichkeit wenig bekannten gefragten Waffenschmieden für die Rüstungsindustrie. Als die Produktion zu einem heftigen innenpolitischen Wirbel führte – bekannt geworden als Noricum-Skandal wegen der Lieferung an kriegsführende Länder –, kam es zu weiteren Turbulenzen und dem Aus der Produktion.

Mitte der 1990er-Jahre kam es zum Neustart mit neuen Eigentümern. Das durch den Autobahnbau bekannt gewordene oberösterreichische Unternehmen der Familie Haider ist seit damals einer der Eigentümer der Maschinenfabrik Liezen und Gießerei (MFL). Die Waffenproduktion war mit dem Neustart Vergangenheit, so Eigentümervertreter Reinhard Haider.

„Schon vor Jahren stellte die Maschinenfabrik Liezen und Gießerei“, so Geschäftsführer Herbert Decker, „die Weichen für Produkte für die internationale Schienenverkehrstechnik.“ Mit dem bislang größten Auftrag in der Firmengeschichte nimmt die strategische Ausrichtung des österreichischen Unternehmens nun volle Fahrt auf: Noch in diesem Jahr wird mit der Produktion der Highend-Güterwaggons begonnen. Das damit einhergehende Auftragsvolumen, das sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag beläuft, soll sich langfristig noch deutlich steigern: Nach der einjährigen Produktionseingangsphase verfügt Helrom über die Option, die Fertigung der innovativen Güterwaggons bis 2033 zu verlängern. In diesem Fall würde sich der Projektumfang auf mehrere Hundert Wagen – und knapp eine Viertelmilliarde Euro erhöhen. „Es ist tatsächlich nicht übertrieben, von einem Jahrhundertauftrag für die MFL zu sprechen.“ Der Frage nach detaillierteren Zahlenangaben weicht Herbert Decker aus.

„Grüne“ Güterlogistik mit Revolutionspotenzial

Die MFL ist damit wichtiger Kooperationspartner in Helroms Vision einer nachhaltigen Güterlogistik, die den Lkw mit Hilfe der neuartigen Güterwagen, sog. Helrom-Trailer-Wagen, in die Lage versetzt, die Distanzen zwischen internationalen wirtschaftlichen Ballungszentren auf dem Schienenweg „barrierefrei“ zurückzulegen. Heißt: Mehr als 95 Prozent der in Europa im Einsatz befindlichen Lkw-Sattelauflieger benötigen für den Umschlag auf den Güterzug teure und nur an wenigen Standorten verfügbare Terminals. Helrom löst dieses Problem, indem der Trailer-Wagen zur Seite hin ausschwenkt.

Dadurch können die Sattelauflieger mit Hilfe einer Zugmaschine auf den Wagen geschoben werden – ohne Terminal und Kran. Eine ebene Fläche neben dem Gleiskörper genügt. So avancieren einfache Lade- oder Nebengleise zur Be- und Entladezone eines ganzen Zuges, mit einer Verladezeit von nur zwei Minuten pro Trailer. Durch diese weltweit patentierte Technologie lässt sich der Lkw-Güterverkehr schneller und einfacher von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Laut Helrom sei dies „ein entscheidender Baustein für die Erreichung der europäischen Klimaziele“.

10.000 Tonnen weniger CO2-Emissionen

 

„Mit der MFL haben wir einen in der Planung und Umsetzung erfahrenen Partner an Bord, für den Nachhaltigkeit eine übergeordnete Rolle spielt“, erklärt Helrom-CEO Roman Noack. Schon jetzt betreibt Helrom eine voll ausgelastete Verbindung zwischen Wien und Düsseldorf mit logistischem Einzugsbereich von Ungarn, Rumänien und Serbien bis nach Benelux und Großbritannien. Roman Noack betont den großen Beitrag zur CO2-Reduktion: „Für einen Helrom-Zug ergibt sich je Sattelauflieger eine Einsparung von bis zu 700 Kilogramm CO2 für jeden Trailer pro Fahrt auf einer Strecke von Wien nach Düsseldorf. Auf dieser Verbindung wurden allein bis Ende 2022 mindestens 16.000 Lkw-Trailer zahlreicher Spediteure und Verlader von der Straße auf die Schiene gebracht. Dies entspricht einer Einsparung von mehr als 10.000 Tonnen CO₂-Emissionen.

Der bei der Präsentation heute anwesende Landeshauptmann Christopher Drexler und Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl waren ebenfalls voll des Lobes für die künftige Produktion. Hier in Liezen werde Zukunft gemacht und für eine exportgetriebene Industrie, wie sie in der Steiermark gegeben ist, seien solche Projekte von weitreichender Bedeutung. Diese erstmalige Produktion von innovativen Güterwagen unterstreiche eindrucksvoll die Kompetenz der Steiermark und insbesondere der Maschinenfabrik Liezen in den Bereichen Mobilität sowie Maschinen- und Anlagenbau. 

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