Die stärkste Macht in der ÖVP

Niederösterreich wählt am 29. Jänner. Mit LH Johanna Mikl-Leitner auf dem Prüfstand.

Die Landtagswahl am Sonntag in Niederösterreich ist mehr das. Sie ist nach Ansicht von politischen Beobachtern ein wichtiger Wegweiser für die künftige österreichische Innenpolitik. Johanna Mikl-Leitner holte bei ihrer ersten Landtagswahl als Nachfolgerin von Langzeit-Landeshauptmann Erwin Pröll 49,6 Prozent der Stimmen.

Sie profitierte damals auch vom Höhenflug eines Sebastian Kurz auf Bundesebene, hatte also innenpolitischen Rückenwind. Der Hype um den jungen, dynamischen Parteichef brachte im Jahr 2017 nach der gewonnenen Nationalratswahl für die ÖVP auch bei den Landtagswahlen in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg und Tirol zum Teil große Zugewinne – auch in der Steiermark.

Niederösterreich ist ein landwirtschaftlich geprägtes Bundesland. Mit dem Arbeitnehmerbund ist der Bauernbund der dominante Faktor in der ÖVP. Für Kanzler Karl Nehammer wäre ein gutes Ergebnis von Johanna Mikl-Leitner so etwas wie ein Befreiungsschlag.

Doch was ist ein gutes Ergebnis? In manchen Umfragen droht die ÖVP mit ihr auf unter 40 Prozent abzusinken. Alles über 40 würde sie auch medial zur Siegerin machen. Liegt doch die Bundespartei derzeit bei knapp 20 Prozent. Landeshauptfrau bleibt sie – unabhängig, ob über oder unter 40 Prozent Stimmenanteil. Denn in Niederösterreich wird nach der Verfassung die Landesregierung nach dem Proporzsystem gebildet.

Derzeit stellt die SPÖ mit Franz Schnabl an der Spitze zwei Mitglieder, die FPÖ einen Landesrat. Die ÖVP hat damit in der Regierung die Mehrheit. Grüne und Neos haben im Niederösterreichischen Landhaus nicht einmal einen Klubstatus. Von den 573 Gemeinden stellt die ÖVP in 452 bisher den Bürgermeister.

Mit 19.000 Quadratkilometern ohne eine einzige große Stadt hat Niederösterreich einen ländlichen Wählermarkt. St. Pölten als Hauptstadt hat gerade einmal 56.000 Einwohner. Im Lande Wahl zu kämpfen heißt große Entfernungen und viele Winkel des Landes zu bereisen. Da tut sich die ÖVP mit ihrem starken Organisations- und Funktionärsapparat viel leichter als alle anderen Parteien.

Eine nicht unwesentliche Änderung gibt es seit der letzten Wahl. Wer nur einen Zweitwohnsitz in Niederösterreich hat, der darf nicht automatisch wählen. Angeblich soll es damit 100.000 Wahlberechtigte weniger geben. Doch Niederösterreich hat auch ein originelles Schmankerl im Wahlrecht. Der Name bei der Vorzugsstimme überwiegt die Partei. Das heißt: Wer also SPÖ ankreuzt und Johanna Mikl-Leitner seine Vorzugsstimme gibt, wählt die ÖVP. Wie groß dieser Effekt ist, wagt niemand vorauszusagen.

Es war Johanna Mikl-Leitner, die sich nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz für Karl Nehammer stark machte. Dieser war bis 2015 Angestellter der Niederösterreichischen Volkspartei. Diese ist auch die Personalreserve für die ÖVP auf Bundesebene. Gerhard Karner ist das jüngste politische Exportgut. Bevor er Ende 2021 die Nachfolge von Karl Nehammer im Innenministerium antrat, war er Zweiter Landtagspräsident in Niederösterreich.

Das Bundesministerium ist beinahe schon seit dem Jahr 2000 eine Bastion für Niederösterreich und seine Politiker. Ernst Strasser übernahm es, dann folgten mit Wolfgang Sobotka, Johanna Mikl-Leitner weitere Innenminister „aus der Umgebung von Wien“.

Weitere Beispiele gefällig? Der Wiener Neustädter Christian Stocker ist der neue Generalsekretär der ÖVP. Alexander Pröll, Sohn von Ex-Finanzminister Josef Pröll und Großneffe von Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll, ist Geschäftsführer der Bundespartei.

Eines ist sicher: Das politische Österreich blickt und erwartet gespannt die erste ORF-Hochrechnung der Niederösterreich-Wahl am Sonntag um 17 Uhr.

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