80-Jahr-Jubiläum: Bergleute riskierten Leben für Europas Kunstschätze


Es war am 17. Mai vor 80 Jahren. Als der Albtraum von der Sprengung des Bergwerks endgültig vorbei war. Mit Hilfe und im Auftrag der US-Militärs vor Ort wurde das Salzbergwerk in Altaussee wieder zugänglich gemacht. Und damit nicht nur die von den Nazis geraubten unschätzbaren Kunstwerke, sondern auch die Arbeitsstätte und die Zukunft der Bergleute und der Region gerettet.

Seit Spätherbst 1943 wurden auf Befehl Adolf Hitlers die wertvollsten Stücke der in ihrer zwölfjährigen Gewaltherrschaft in ganz Europa geraubten Kunstschätze für das geplante Führermuseum in Linz im Salzbergwerk von Altaussee im Salzkammergut gelagert. Sie sollten dort vor den Bomben der Alliierten geschützt sein. Ganz besonders im letzten Kriegswinter 1944/45 – das Hitlerregime war am Ende – ließen die Naziführer auch ihre privaten Kunstschätze und Reichtümer für „die Zeit nachher“ im Salzkammergut bunkern. Meist geschah dies unter chaotischsten Umständen, da die Alliierten bereits täglich Österreich bombardierten.

In den letzten Kriegsmonaten ging daher dann die Übersicht verloren, was wirklich im Salzbergwerk gelagert war. Wertvollste Kunstwerke sind bis heute nicht mehr aufgetaucht, weil sie nicht mehr ordentlich schriftlich erfasst wurden. Denn praktisch täglich tauchten Offiziere, Generäle, ranghöchste Nazischergen, aber auch Minister und Politiker aus Vasallenländern auf, die sich ins Salzkammergut durchgeschlagen hatten, um sich dort zu verstecken.
Viele von ihnen waren mit „schwerem Gepäck“ unterwegs. Sie hatten Gemälde, Skulpturen, Schmuck und Gold mit, das sie dann für ihre Zeit nach Kriegsende verwenden wollten. Noch heute spricht man im Salzkammergut davon, dass es da und dort noch immer vergrabene Kostbarkeiten (Goldmünzen, Schmuck usw.) gäbe. Nach Kriegsende tauchten viele unter, mussten aber das Meiste zurücklassen – das eigneten sich zum Teil dann Einheimische an, so wird erzählt, die damit zu Wohlstand kamen. Diesen aber über Jahrzehnte hinweg geschickt verborgen hielten.

Panik in den letzten Wochen
In den Apriltagen des Jahres 1945 war das Naziregime am Ende, die deutsche Armee war in Auflösung – da traf August Eigruber, der Gauleiter von Oberdonau, eine verbrecherische Entscheidung. Die Kunstschätze dürften unter keinen Umständen in die Hände der Alliierten und des Weltjudentums fallen. Eigruber nahm es auf sich, sie entgegen dem Befehl Hitlers zu vernichten. Die Vorkehrungen dazu waren bereits getroffen.
Eigruber hatte bereits am 10. April Bomben, versteckt in Kisten mit der Aufschrift „Vorsicht Marmor – nicht stürzen!“ in geheimer Mission in den Altausseer Salzberg transportieren lassen. Es waren 500 Kilo Bomben, Blindgänger, die von der amerikanischen Luftwaffe stammten. Zünder für die Bomben waren bereits, so hieß es, von Innsbruck aus mit einem eigenen Trupp nach Altaussee unterwegs. Es ging alles drunter und drüber.

Doch auch die Bergleute erfuhren davon und für sie war eines klar: Sie wollten diese Sprengung schon aus dem Grunde nicht, weil damit ihre Existenz und ihre Arbeitsplätze vernichtet worden wären. Die im Berg arbeitenden Kunstexperten wiederum wollten logischerweise auch die Sprengung verhindern. Es waren dann die Bergleute –, die in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Bomben aus dem Bergwerk hinausfuhren und sie draußen mit Reisig zugedeckt lagerten. Somit rettete das Salz die Raubkunst. Als Gauleiter August Eigruber davon über Telefon erfuhr, befahl er, die Verantwortlichen zu erschießen.

Doch es kam aufgrund des allgemeinen Chaos zum Glück nicht mehr dazu. August Eigruber flüchtete, wurde noch im Mai 1945 verhaftet und im März 1946 im Mauthausen-Hauptprozess angeklagt. Er wurde wegen seiner Kriegsverbrechen im Konzentrationslager Mauthausen zum Tod durch den Strang verurteilt. Ein Großteil der gegen ihn verwendeten Beweismittel stammte aus Archiven, die im Salzbergwerk in Altaussee gefunden wurden. Vielleicht ein weiterer Grund dafür, warum er die Saline hatte zerstören wollen. Eigruber zeigte keinerlei Reue und ging am 27. Mai 1947 zum Galgen. Seine letzten Worte, als sich die Falltür unter ihm öffnete, lauteten: „Heil Hitler!“
KLIPP-Projekt für Stille Helden
Spät, aber doch. Erst am 30. September 2016 würdigte das offizielle Österreich im Beisein internationaler Gäste im JUFA-Hotel und in den Salzwelten Altaussee die Stillen Helden vom Salzkammergut. Waren doch sie es, die in den letzten Kriegstagen des Jahre 1945 unter Einsatz ihres Lebens das wohl größte Verbrechen am kulturellen Erbe Europas verhindert hatten. Anlässlich dieser späten Würdigung gab die Österreichische Post sogar eine Sonderbriefmarke heraus.
Weitere Informationen, Videos und Fotos zur Geschichte der Raubkunst-Rettung und zur Würdigung der Stillen Helden finden gibt’s auf der Website http://stillehelden-salzkammergut.at/
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