Die Faszination Nepal

Teil 1: Kathmandu, ein geordnetes Chaos

„Bitte, auf jeden Fall Ohrstöpsel einpacken!“ Dieser Tipp steht in keinem Reiseführer, er lässt einen – mich auch – auf jeden Fall ruhiger schlafen. Allein in der Millionenstadt Kathmandu leben zigtausend Straßenhunde. Am Tag „hört“ man sie nicht. Die sonst ruhige Nacht wird aber ständig durchbrochen, indem irgendwo in der Nachbarschaft oder auch weiter weg andauerndes Hundegebell diese durchbricht. Und wer am frühen Morgen in der alten Königsstadt Bhaktapur über Lautsprecher den Muezzin zu hören glaubt, der täuscht sich. Es ist der Fahrer des Müllautos, der durch die Straßen fährt und die Bewohner auffordert, ihren gesammelten Plastikmüll zu bringen.

Nicht einschüchtern lassen

Es gibt in Nepal natürlich, wie bei uns, Verkehrsvorschriften, Sperrlinien, Hubverbote, Geschwindigkeitsbegrenzungen, Überholverbote und im Übrigen Linksverkehr. Aber die Nepalesen beweisen sich täglich, dass der Verkehr auch ohne Einhalten der Regeln läuft. Es gilt nur eine ungeschriebene: Sich selbst nicht einschüchtern lassen, aber den anderen dann auch respektieren, nicht gefährden. Abertausende sind auf ihren Rollern, Motorrädern, Mopeds, mit Autos, Taxis, LKW, Bussen von frühmorgens bis in die Dunkelheit unterwegs.

Permanent wird überholt, kommt einer auf der Gegenseite entgegen. Selbst in den engsten Gassen queren Fußgänger die Straße und machen mit sanften Handbewegungen auf sich aufmerksam. Es wird gehupt, bevor es brenzlig wird, die Geschwindigkeit gedrosselt, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, weil ein Auto mitten im dichtesten Verkehr glaubt, abbiegen oder gar umdrehen zu müssen.

Chaos durchleben

Als Europäer wäre man verloren, bekommst du als Beifahrer, auch sogar noch auf den Hintersitzen eines Taxis, Panik, dass sich das alles nicht mehr ausgeht, was sich da vor einem auf der Straße abspielt. Zugegeben, alles läuft sehr viel langsamer ab als bei uns. Da liegt zwar viel Staub in der Luft, aber keine Aggressivität, kein Stinkefinger-Zeigen, keine gegenseitigen Beschimpfungen. Da staunt man, wie gelassen die vielen Polizisten – ihr Gesicht mit Mundmasken vor dem Smog schützend – als Obrigkeit und Autorität das letzte Wort haben.

Diese aber nicht nützen, um einzugreifen, wenn aus einem Kleinauto sich sieben oder acht Personen heraus zwängen oder hinein, auf einem Roller Vater, Mutter, Baby oder Kleinkind oder Jugendlicher zu dritt unterwegs sind und links und rechts vorne, seitlich auf einer eigenen Konstruktion Taschen oder kleine Koffer pendeln. Kleinkinder, in einem Rucksack auf den Rücken oder in einem Behältnis vorne bei einem Motorrad auf dem Tank liegend, lassen sich auch bei Überlandfahrten von den unzähligen, knöcheltiefen Schlaglöchern nicht aus dem Schlaf bringen.

Der Verkehr in Nepal ist der Beweis, dass der Mensch das Chaos durchleben muss, um eine neue Ordnung zu schaffen. Wenn die Straße der einzige Verkehrsweg ist, denn Eisenbahnnetz gibt es in Nepal keines. Die 30 Millionen Nepalesen haben das in ihrem 147.180 Quadratkilometer großen Land geschafft. In Nepal leben 100 verschiedene Volksgruppen. Die Nachbarn sind im Norden China und im Süden Indien.

Nepal liegt auf einer durchschnittlichen Höhe von 3.270 Metern über dem Meeresspiegel und zählt somit zu den höchstgelegenen Ländern der Welt. Der höchste Berggipfel des Mount Everest liegt auf 8.848 Metern Höhe. Er ist sozusagen das Dach der Welt. Die höchsten Berge dieser Erde rund um den Mount Everest sind von vielen Orten aus zu sehen. Auf spektakulären Trekking-Touren erleben Wanderer und Bergsteiger die Naturwunder. Der Himalaya als mächtigster Gebirgszug der Welt zieht sich vom Westen bis zum Osten über hunderte Kilometer.

Friedliches Miteinander

Das labyrinthartige Altstadtviertel von Kathmandu beherbergt zahlreiche buddhistische und hinduistische Schreine. Im Kathmandu-Tal liegen der buddhistische Tempel Swayambhunath mit einer eigenen Affen-Population, der riesige, buddhistische Stupa im Bodnath, der hinduistische Pashupatinath-Tempel mit Verbrennungsstätten sowie die mittelalterliche Stadt Bhaktapur.

Der Tempel Pashupatinath und die riesige Buddha-Anlage sind das hinduistische und das buddhistische Gesicht von Kathmandu. Wobei der Tempel Pashupatinath einer der wichtigsten Pilgerstätten des Hinduismus ist. Gott Shiva wird hier als „Gott des Lebens“ verehrt. Und so verwundert es nicht, dass das Betreten des eigentlichen Tempels den Hindus vorbehalten ist. Am Fluss Bagmati, der die Tempelanlage durchläuft, ist die Luft erfüllt von den zahlreich gesprochenen Gebeten der Gläubigen, zu denen sich gelegentlich der süßliche Geruch von rituell verbrannten Toten gesellt.

Ein Besucher-Hotspot ist der Bezirk Boutha – vor allem wegen seines riesigen Stupas, der hier erhaben in den Himmel ragt. Täglich sind dort tausende Menschen unterwegs. Sie umkreisen den Stupa und treiben die Gebetsmühlen an, die rundum am Stupa angebracht sind. Alles im Uhrzeigersinn. Rund um die Stupa sitzen Mönche, die mit zeremoniellen Gebeten, Gesängen, Schellen, Trommeln die Besucher zum Innehalten bewegen.

JL

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