Erik isst, trinkt, atmet und lächelt
Dass der nur zwölf Wochen alte Erik vor Kurzem das Kinderzentrum des LKH-Univ. Klinikum Graz verlassen konnte, verdankt er der innovativen und beherzten Zusammenarbeit verschiedener Fachärzt:innen im Expertisezentrum (Typ-B) für Babys mit angeborenen Lungenfehlbildungen (CPAM). Massive Zysten in der Lunge bedrohten sowohl im Mutterleib als auch nach der Geburt das Leben des Säuglings.
Während der Schwangerschaft überlebte er dank eines einzigartigen Eingriffs an der Univ.-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, nach der Geburt dank einer intensivmedizinischen Therapie sowie einer in Graz zum ersten Mal durchgeführten, hochdiffizilen OP an der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie. Dabei entfernte das Team rund um Zentrumsleiter und Klinikvorstand Holger Till den Mittel- und den Oberlappen der Lunge. Der verbliebene Unterlappen konnte sich regenerieren und auch das Herz des Babys hat nun wieder ausreichend Platz. Eriks Eltern sind überglücklich. In seinem Heimatland Slowenien hätten die Mediziner:innen dem Baby nicht helfen können.
Vor rund einem Monat hat der kleine Erik mit Mama Nina und Papa Tadej das Uniklinikum Graz Richtung Maribor verlassen. Mit im „Gepäck“ neben der unsagbaren Freude seiner Eltern nur ein Überwachungsmonitor für Puls, Sauerstoffsättigung, Herz- und Atemfrequenz – eine Vorsichtsmaßnahme, die den Kleinen im ersten Lebensjahr im Schlaf überwachen soll. Ansonsten geht es dem Baby ausgezeichnet. Erik isst, trinkt, atmet und lächelt. „Wenn das keine guten Nachrichten sind!“, freut sich auch Holger Till, Vorstand der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie.
Innovativ gesetzter Shunt rettet Baby im Mutterleib
Aber beginnen wir von vorne, beim ersten Ultraschallbild, das eine Fehlbildung der rechten Lunge des ungeborenen Kindes zeigte. Eine schlimme Nachricht für Eriks Eltern, Nina Mohorko und Tadej Iršič, zumal die Prognose für ihr Ungeborenes äußerst schlecht war. Die Zysten in Eriks Lunge waren so massiv, wie sie Ärzt:innen nur selten zu Gesicht bekommen. Und obwohl man die Eltern auf das Expertisezentrum in Graz aufmerksam machte, hatten die Ärzt:innen in Slowenien keine Zuversicht, dass überhaupt ein Überleben bis zur Geburt möglich wäre.
Die Eltern begannen auf eigene Faust zu recherchieren und stießen dabei auf Philipp Klaritsch, den Leiter der Fetalmedizin an der Klinischen Abteilung für Geburtshilfe. In der 22. Schwangerschaftswoche kamen sie zum ihm in die Ambulanz für pränatale Diagnostik und Therapie. Klaritsch erinnerte sich heute: „Wir sahen einen bereits massiv betroffenen Fetus, der durch große zystische Lungenveränderungen, genannt CPAM, eine ausgeprägte Verdrängung des Herzens und massive Flüssigkeitsansammlungen in der Bauchhöhle aufwies. Das führt unbehandelt nahezu immer zum Tod des Ungeborenen.“
Eine Entbindung war in der frühen Schwangerschaftswoche keine Option. „Wir haben uns deshalb für einen innovativen Therapieansatz entschieden“, erzählt Klaritsch. Noch am selben Tag hat er bei Erik unter Ultraschallsicht einen Shunt durch die Brustwand in eine der großen Zysten in der Lunge gelegt. Dadurch konnte die Flüssigkeit aus der Zyste in die Fruchthöhle abfließen und der Druck auf das Herz verringert werden. Der Eingriff funktionierte, Erik überlebte. „Wir waren so unendlich dankbar und glücklich, dass man die Behandlung hier gewagt hat“, sagen Eriks Eltern.
Thoraxdrainage für das Baby, das nicht selbstständig atmen kann
Eriks Heldenreise ins Leben hatte sehr viele Hürden. Nach der lebensrettenden OP vor der Geburt (Shunt) folgte bald die nächste. Um das Kind in den Tagen nach der Geburt zu stabilisieren, hat Holger Till bei Erik eine Thoraxdrainage gelegt und Ernst Eber, den Vorstand der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, hinzugerufen. Er konnte zwar einen Tubus in die linke Lunge legen, doch diese war so stark von der rechten Lunge zusammengedrückt, dass sie Erik bei der Atmung nicht unterstützen konnte. Das Team der kinderchirurgischen Intensivstation konnte Erik gut stabilisieren, doch kurzfristig standen Erik, seine Eltern und das gesamte Team vor der nächsten nahezu ausweglosen Situation. Till: „Ohne die Drainage war der Kleine nicht lebensfähig, mit Drainage nicht entlassungsfähig.“
Erste Mittel- und Oberlappenresektion bei Baby in Graz
Bei Erik war zunächst unklar, ob nur der Oberlappen oder gleichzeitig auch der Mittellappen von der Fehlbildung betroffen sind und ob die Luftwege nicht noch zusätzlich verengt sind. Dank der kinderradiologischen Diagnostik und einer einmaligen 3-D-Rekonstruktion der Lunge durch Sebastian Tschauner, Leiter der Klinischen Abteilung für Kinderradiologie, konnte eine klare Operationsstrategie für Erik entwickelt werden: Eine Ober- und eine Mittellappenresektion waren notwendig, ein hochdiffiziler Eingriff, insbesondere bei einem Neugeborenen. Eine OP, wie sie in Graz noch nie durchgeführt worden war, war die einzige Option für Erik.
„Wir haben dann den Oberlappen reseziert, den Mittellappen reseziert und den Unterlappen belüftet – Erik hat das auf fast wundersame Weise alles gut überstanden. Es gab überhaupt keine Probleme“, so Till. „Keine Nachblutung, keine Fisteln, keine anderen Komplikationen, gar nichts.“ Noch aus dem OP-Saal heraus hat er die Eltern verständigt. „Wir waren so erleichtert“, sagt Eriks Mama.
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