Beide leben in Graz mit ihren Familien

Foto (Pilnacek): SPÖ Presse und Kommunikation

Am Beispiel der Hirschmann-Preisträgerin Christina Jilek

Der „Gerhard Hirschmann Preis für Kritisches Denken“ wurde im Oktober an Ex-Korruptionsstaatsanwältin Christina Jilek verliehen. „Der Rotzbua wird unsere Partei in die Luft sprengen“, warnte der im September 2019 verstorbene Gerhard Hirschmann seine Freunde in der Politik Hermann Schützenhöfer und Christopher Drexler vor Sebastian Kurz bereits 2017. Als die Landesfürsten praktisch mit einem Kniefall alle Macht in der Partei in die Hände des knapp 30-jährigen Senkrechtstarters legten.

Vor diesem Hintergrund muss man die erste Preisverleihung des vom Land Steiermark und der Stadt Graz ins Leben gerufenen Preises sehen. Und: Die sechsköpfige Jury mit Alt-Landeshauptmann Franz Voves und Ex-Industrie-Präsident Jochen Pildner-Steinburg hatte es in sich. Denn mit der Grazerin Christina Jilek wurde jene Korruptionsstaatsanwältin (und heutige Richterin) ausgezeichnet, die mit ihrer Arbeit maßgeblich dazu beigetragen hat, dass Sebastian Kurz aufgrund seiner Aussagen im Ibiza-Untersuchungsausschuss zum Beschuldigten wurde und wenige Tage vor der Preisverleihung als Kanzler aufgrund der Umfrage-Skandals zurücktreten musste.

Die Laudatio für die Preisträgerin hielt Kulturlandesrat Christopher Drexler. Dieser hatte in einem Interview mit dem Magazin „Weekend“, ebenfalls wenige Tage vor dem Rücktritt von Sebastian Kurz sich folgend geäußert (Zitat): „Er fasziniert mich in seiner Strukturiertheit und Entschlossenheit. Ich glaube, dass er entlang der Kanzlerpersönlichkeiten in einem Atemzug mit Bruno Kreisky und Leopold Figl zu nennen sein wird.“ Ein offenes Bekenntnis, aber aus heutiger Sicht bereits eine Fehleinschätzung und ein Tritt ins Fettnäpfchen. Der Zeitpunkt der Preisverleihung hätte delikater, das atmosphärische Umfeld nicht bizarrer und grotesker sein können.

Bekanntlich hat sich auch Hermann Schützenhöfer – „wir lassen uns unseren jungen Kanzler nicht herausschießen“ (TV-Pressestunde) – bis zur letzten Stunde schützend vor Sebastian Kurz gestellt. Das Polit-Duo hat beim Festakt in der Aula der Alten Universität in Graz versucht, die Entscheidung der Jury mannhaft hinzunehmen und das Beste aus der Situation zu machen. „Die Jury hat keine bequeme, sondern eine mutige Entscheidung getroffen“, so Schützenhöfer knapp.

Preisträgerin Christina Jilek ist Mit-Initiatorin des Anti-Korruptions-Volksbegehrens. Sie hat als Beamtin und Staatsanwältin ihren Auftrag zu Ermittlungen ernst genommen und ist offensichtlich in den Widerstand gegen Versuche der Einflussnahme und Unterdrückung getreten, sagte sie vor dem Untersuchungsausschuss als Zeugin aus. Sie hat es abgelehnt, unter widrigen Bedingungen ihren Auftrag nur teilweise zu erfüllen und daraus persönlich Konsequenzen gezogen, um sich damit der Ohnmacht einer Mittäterschaft zu entziehen, die da lauten: Postenschacher, Freunderlwirtschaft, politische Intervention und mangelnde Transparenz. Sie hat mit ihrer Arbeit dazu beigetragen, dass der Schleier in einer Parallelwelt gelüftet wird.

Von Gerhard Hirschmann (siehe Kasten) sagte Schützenhöfer: „Er war süchtig nach dem Widerspruch, war mit seinen Ideen und was er gemacht hat, seiner Zeit voraus.“ Auch was die Einschätzung des vermeintlichen ÖVP-Heilbringers Sebastian Kurz betraf. Christina Jilek zog sich als Staatsanwältin freiwillig zurück und ist heute Richterin in Graz. Gestern Staatsanwalt, heute Richter – sowas ist auch nur in Österreich möglich. Jilek ist keine Heldin per se, hat nie um ihre berufliche Existenz fürchten müssen. Und doch hätte Hirschmann zu Christina Jilek als Preisträgerin zustimmend genickt.

Der suspendierte Sektionschef Christian Pilnacek löste VP-Desaster aus

Christian Pilnacek war der mächtigste Mann im Justizministerium. Generalsekretär, Chef der Weisungssektion, Cheflegist und damit so etwas wie ein Schatten-Minister. Jetzt, da er suspendiert ist, kann er seiner Frau am Wochenende galant beim Einkauf am Kaiser-Josef-Platz den Einkaufskorb tragen. Trotz seines noch nicht rechtskräftigen Freispruchs wegen des Delikts des Verrates von Amtsgeheimnissen trägt er schwer an seinem Schicksal. Denn nicht zuletzt die Umtriebigkeit und Machtbesessenheit des Spitzenbeamten mit den guten Kontakten in die ÖVP haben dazu geführt, dass ÖVP-Minister, aber auch er selbst und auch Johann Fuchs, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, also auch ein Aufsichtsorgan, über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt (WKStA) Beschuldigte in einem drohenden Strafverfahren sind.

Pilnacek hat stets versucht, Spuren seiner Interventionen in Strafverfahren unsichtbar zu machen. Er hat seine Chats stets gelöscht. Aber die Staatsanwaltschaft hat in einem versteckten Ordner geheime Dokumente gefunden, die ihn nun zum Beschuldigten gemacht haben. Möglicherweise hat er nie damit gerechnet, dass ihm ein Staatsanwalt sein Diensthandy einmal wegnehmen könnte. Stand doch der Sektionschef Pilnacek irgendwie über den Dingen. Aber die Google-App merkt sich alles und IT-Experten haben jene Dateien wieder aktiviert – darunter auch Verschlussakten, die den suspendierten Sektionschef nichts angehen. Aus ihnen ist ersichtlich, dass Pilnacek – besonders pikant – als Aufsichtsorgan der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt den Finanzminister Gernot Blümel, einen Freund von ihm, als Beschuldigten gegen die WKStA berät. Dazu gehört auch eine Vorinformation über die Hausdurchsuchung beim „Gernot“, wie Pilnacek den Finanzminister amikal nennt. Pilnacek spielt also quasi den privaten Strafverteidiger.

Der Hass des mächtigen Sektionschefs auf die ihm formal untergebene Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwalt ist auf eine Dienstbesprechung zurückzuführen, in der Pilnacek einen seiner cholerischen Auftritte hatte. Die Kollegen mögen doch die Ermittlungen in Sachen Eurofighter-Ankauf endlich „daschlagen“, dann werde er in einem anderen Fall ein Auge zudrücken, lautete seine Empfehlung. Was Pilnacek nicht ahnen konnte: Die Dienstbesprechung wurde von einem Teilnehmer der Besprechung heimlich aufgenommen. Davon erfuhren auch die Medien. Damit wurde der Grabenkrieg zwischen Pilnacek und der WKStA praktisch öffentlich. Der vorläufige Schlusspunkt war dann Pilnaceks Demütigung, indem ein Staatsanwalt-Kollege ihm sein Diensthandy abnahm und er sein Büro nicht mehr betreten durfte.

Es ist dies einmalig in der Geschichte der österreichischen Justiz und es wurde damit sonnenklar, wem nicht zu trauen war. Nicht rote Netzwerke haben die Justiz unterwandert, wie Kanzler Kurz und die ÖVP wiederholt trommelten, sondern schwarze. Nicht die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft spielte die Akten raus, wie behauptet wurde, sondern ein Sektionschef mit den besten Kontakten in die ÖVP, der sich auch zum erweiterten Kreis der viel zitierten „Familie“ zählte.

Diese Kontakte nützte Pilnacek auch in einer privaten Angelegenheit. Seine Frau ist Präsidentin des Straflandesgerichts in Graz. Als solche bewarb sie sich um die Präsidentschaft beim Oberlandesgericht in Graz. Ihr Mann wollte ihrer Bewerbung, was persönlich verständlich ist, Nachdruck verleihen und intervenieren. Dazu erbat er sich von Hermann Schützenhöfers Sohn, der im Justizministerium beschäftigt ist, die Handynummer des Vaters. Zu mitternächtlicher Stunde schrieb er diesem eine Nachricht, in der er darum bat, dass Hermann Schützenhöfer als Landeshauptmann die Bewerbung seiner Frau für das Präsidenten-Amt am Oberlandesgericht in Graz doch unterstützen möge. „Caroline wäre eine Wohltat für die Justiz in der Steiermark.“ In der TV-Pressestunde im Sommer dieses Jahres dazu befragt, stellte der steirische Landeshauptmann jede Intervention in Abrede. Pilnaceks Frau ist in der Folge auch nicht Präsidentin des Oberlandesgerichts Graz geworden.

Im Zusammenhang mit der Suspendierung ihres Mannes führte Christian Pilnaceks Frau auch ein Telefonat mit Florian Klenk, dem Chefredakteur der Wochenzeitung „Der Falter“. Die Präsidentin des Straflandesgerichts Graz beendete das Telefonat mit dem stets höflich gebliebenen Chefredakteur mit den Worten: „Schreiben Sie, was Sie wollen, Sie Schmierfink.“ Eine deftige Ehrenbeleidigung. Nicht gerade souverän für die oberste Richterin am Straflandesgericht in Graz.

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