Sich selbst zu Fall gebracht

Am 8. Oktober sorgte „Kleine-Zeitung“-Journalist Bernd Hecke mit einem Bericht über Extragagen aus dem Steuertopf an FPÖ-Klubobmann Armin Sippel für Aufregung im Grazer FPÖ-Funktionärskader und in der Landespartei. Jahrelang hätte er sich mit Zustimmung des Parteichefs Mario Eustacchio aus der Klubförderung (Steuergeld) für Repräsentationsaufwand und andere Aktivitäten Gelder genehmigt. Kritik kam darauf von den politischen Mitbewerbern und man kündigte an, im Gemeinderat ein Transparenzpaket für Parteien- und Klubfinanzierung beschließen zu wollen.
Von der FPÖ-Spitze her leugnete man derartige Vorgänge, man sei Opfer einer rufschädigenden Kampagne. Zu diesem Zeitpunkt war aber bereits erkennbar, dass FPÖ-intern über diese eigenmächtigen Geldzuwendungen durch Mario Eustacchio und Armin Sippel Informationen an die Medien geflossen sind. In diesem Zusammenhang gab es auch beträchtliche Gelder an zwei FP-nahe Vereine, wie die „Kleine Zeitung“ am 29. Oktober enthüllte. Insgesamt geht es um Beträge von zumindest rund 30.000 Euro. Eustacchio und Sippel schlossen zu diesem Zeitpunkt einen Rücktritt noch aus. Man werde die Sache intern aufklären und damit basta.
Doch FPÖ-Landeschef Mario Kunasek weiß um die Brisanz solcher „Spesenenthüllungen“, die auch Heinz-Christian Strache letztendlich zu Fall brachten. Er ordnet daher eine Prüfung der Grazer FP-Finanzen durch Rechnungsprüfer an und informiert die Medien. Eustacchio bleibt dabei, von Rücktritt sei keine Rede.
Als dann am 31. Oktober auch andere Medien nachstoßen und von „Zahlungen der Grazer FPÖ an ihre Burschenschaften aus dem Steuertopf“ berichten, ist der Rücktritt der Grazer FPÖ-Doppelspitze Eustacchio/Sippel besiegelt.
Seine stärkste Phase hatte Mario Eustacchio als Oppositionspolitiker. 2009 wurde er mit 93 Prozent zum Grazer FPÖ-Obmann gewählt. Er nahm in der Folge als Banker (Privatkunden-Vermögensverwaltung) seinen Abschied beim Bankhaus Krentschker und war so gesehen ein Quereinsteiger in die Politik. 2009 hatte er die Partei von Susanne Winter übernommen, die mit ihrer Islam-Hetze im Wahlkampf 2008 bundesweit für Aufregung und Schlagzeilen gesorgt hatte.
Bei der Wahl 2012 konnte er 15.733 Grazer (13,75 Prozent) für die FPÖ gewinnen, bei der Wahl im Jahre 2017 waren es knapp 20.000 (15,86 Prozent). Mit Strache an der Spitze war dies die erfolgreichste Phase für die FPÖ. Mit seinen häufigen, medienwirksamen Attacken auf den damaligen Bürgermeister Siegfried Nagl in den Jahren 2012/2017 machte Eustacchio einen guten Job als Oppositionspolitiker. Er stellte sogar selbst den Bürgermeister-Anspruch. Dennoch einigte sich die Grazer FPÖ nach der Wahl auf eine Koalition mit Nagl und die „Agenda 22“ als Programm. Mario Eustacchio wurde forthin nur noch als Junior-Partner in der Koalition und nicht als Mitgestalter der Stadtpolitik wahrgenommen.
Dies zeigte sich auch bei der jüngsten Wahl am 26. September 2021. Nagl wurde bekanntlich durch den Erfolg der KPÖ-Chefin Elke Kahr – der künftigen Bürgermeisterin – abgewählt. Nun ist auch Eustacchio Geschichte. Mit 10,61 Prozent (12.612 Stimmen) schaffte er den Sitz in der siebenköpfigen Stadtregierung ohnehin nur noch hauchdünn. In der Landespartei war man mit den Wahlergebnissen unter Mario Eustacchio in Graz nie wirklich zufrieden. Dem engagierten blauen Burschenschafter war es in nie wirklich gelungen, das rechts-konservative Grazer Bürgertum von sich zu überzeugen, wie das einst einem Alexander Götz gelungen war. Noch ist unklar, wer Eustacchio folgen wird.
Hektisch sucht man nun nach Nachfolgern für Eustacchio und Sippel. Dass sich die interimistische Obfrau Gemeinderätin Astrid Schleicher halten wird, scheint unwahrscheinlich. Claudia Schönbacher ist die Nummer 3 auf der Gemeinderatsliste. Am 8. November 2021 wird in einer Sitzung der Stadtpartei über die neue Führungsspitze in der Grazer FPÖ entschieden.
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