Steirerin „schreibt“ SPÖ-Parteigeschichte

Der Rücktritt von Michaela Grubesa, 34, der Vorsitzenden der Wahlkommission ist vor wenigen Minuten erfolgt und war logisch. Die Landtagsabgeordnete ist hauptverantwortlich für den Supergau und das Desaster in der österreichischen SPÖ. Ob sie auch die „Hauptschuldige“ oder nur mitschuldig (wie die anderen 18 Mitglieder der Wahlkommission) ist, das werden die nächsten Tage und Wochen zeigen. Eine zentrale Frage dabei: Warum waren die Mitglieder der Wahlkommission nicht in der Lage, die 602 Stimmen korrekt auszuzählen?
Grubesa, die kroatischen Migrationshintergrund hat, startete ihre politische Karriere 2011 bei der Sozialistischen Jugend (SJ). Am 5. Oktober 2013 wurde sie in den Landesvorstand der Sozialistischen Jugend Steiermark gewählt und stieg in weiterer Folge zur Geschäftsführerin der Sozialistischen Jugend Steiermark auf Sie ist Studentin der Rechtswissenschaften.
Grubesa wurde als Jugendkandidatin der SPÖ für den Steirischen Landtag nominiert. Die Mutter zweiter Kinder möchte sich im Landtag vorwiegend bei Themen wie Zusammenleben, Vielfalt, Mobilität oder junges Wohnen in die Landespolitik der SPÖ einbringen.
Nach der Landtagswahl sorgte Grubesa für Unmut, als sie ankündigte, gegen Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ „erbitterten Widerstand auf allen Ebenen“ zu leisten. Sie trat damit in Widerspruch zu SPÖ-Steiermark-Chef Franz Voves und verwies auf einen geltenden Beschluss aus dem Jahr 2009, der SPÖ-FPÖ-Koalitionen ausschließt.
Als Leiterin der Wahlkommission bei der SPÖ-Mitgliederbefragung setzte Grubesa auf einen transparenten Auszählungsvorgang. Vorgänger Harry Kopietz hat sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Leitungsfunktion zurückgezogen. Mit Kopietz' Entscheidung besteht die Wahlkommission nur noch aus 19 Mitgliedern.
Michaela Grubesa – sie und Doskozil-Wahlkampfleiter Max Lercher sind privat ein Paar – bekannte sich ebenfalls als Unterstützerin von Hans Peter Doskozil. Möglicherweise hatten Mitglieder der Wahlkommission bei der entscheidenden Auszählung am Parteitag in Linz das Shakespeare-Wort „Der Wunsch ist der Vater des Gedankens“, also Doskozil als Gewinner bereits im Kopf.

Die Mitglieder der Wahlkommission: Nina Abrahamczik (Wien), Nina Andree (Oberösterreich), Peter Auer (Salzburg), Nicole Berger-Krotsch (Bundesfrauenvorstand), Gerald Bischof (Wien), Sabine Engleitner-Neu (Oberösterreich), Klaudia Frieben (GewSPÖ), Michaela Grubesa (ST), Angelika Hoffelner (NÖ), Friedrich Hosner (OÖ), Patricia Katsulis (NÖ), Wolfgang Kocevar (NÖ), Günter Kovacs (B), Benedikt Lentsch (T), Martina Ludwig-Faymann (W), David Majcen (NÖ), Günter Pirker (ST), Jakob Strauß (K), Elke Zimmermann (V).
War doch bekannt, dass, abgesehen von Wien und Vorarlberg, die übrigen sieben Bundesländer sich für Doskozil als neuen Vorsitzenden schon vor der Abstimmung ausgesprochen haben.
Ausgelöst hat den Supergau in der SPÖ ORF-Moderator Martin Thür. Ihm fehlte eine Stimme im verlautbarten Ergebnis. Er twitterte bereits am Sonntag: „Nach Rücksprache mit der Leiterin der Wahlkommission: Hier ist ein Fehler bei der Transkription des Ergebnisses passiert. Es ist zurzeit nicht feststellbar, wem die eine Stimme gehört. Unklar, ob die Wahlkommission noch einmal zusammentritt.“
Geklärt werden muss nun auch, das Mitwirken und die Verantwortung jedes einzelnen Mitglieds der Wahlkommission. Üblicherweise werden bei Wahlen Stimmen drei Mal händisch ausgezählt. Gibt es stets dasselbe Ergebnis, dann wird dieses veröffentlicht. Dieses Vorgehen gab es am Samstag offensichtlich nicht. Daher ist zum jetzigen Zeitpunkt auch eine „gewollte Manipulation“ nicht hundertprozentig auszuschließen. So wie diese auch bei betrügerischen Geldwechslern auf der Straße vorkommt: Auf dem Bündel Geldscheine liegt obenauf eine richtige Note, im Bündel selbst sind dann aber falsche Scheine versteckt.
Die Eintragung des falschen Ergebnisses auf einen „technischen Eintragungsfehler“ eines Mitarbeiters in eine Excel-Tabelle zurückzuführen, scheint, so der Politologe Peter Filzmaier, nicht glaubhaft.
Nach dem Rücktritt als Vorsitzende der Wahlkommission erhebt sich die Frage, wie und ob die politische Karriere der SPÖ-Landtagsabgeordneten Michaela Grubesa weitergeht. Im kommenden Jahr gibt es in der Steiermark bekanntlich Landtagswahlen. Ihr privater Partner Max Lercher hatte ja angekündigt, sich aus der Politik zurückzuziehen, hätte Pamela Rendi-Wagner die Stichwahl gewonnen. Nun muss auch „sein Obmann-Kandidat“ Hans Peter Doskozil eine schicksalshafte Niederlage hinnehmen. Max Lercher ist Vorsitzender der SPÖ Obersteiermark-West und Nationalratsabgeordneter.
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