Franz Voves als „Märchenerzähler“

Alt-LH-Auftritte zu seinem 70er

„Unter 30 Prozent trete ich zurück“, erklärte Franz Voves noch bei seiner Stimmabgabe zur Landtagswahl am 31. Mai 2015. Das Wahlergebnis dann am Abend: Die SPÖ erreichte nur noch 29,29 Prozent. Das war ein Verlust von 8,97 Prozent. An Mandaten behielt sie 15, verlor aber 8 Mandate. Ein Ergebnis, das für Voves noch am Wahltag unvorstellbar schien.

Seine erste Stellungnahme, sichtlich gezeichnet nach den hohen Verlusten seiner Partei am Wahlabend: „Es ist ein für die SPÖ erschreckendes Ergebnis, aber es ist zur Kenntnis zu nehmen“, sagte Voves und schob die Entscheidung über seine Zukunft auf die Gremien. Vom Einlösen seines Versprechens kein Wort mehr. Zur Erinnerung: Vor der Wahl hatte er angekündigt, bei einem Ergebnis unter 30 Prozent zurückzutreten.

Und weiter erklärte Voves: „Nun ist staatstragendes Verhalten bei einem solchen Ergebnis unbedingt erforderlich.“ Ob es nun 0,7 oder 0,8 Prozent unter 30 Prozent seien, sei nicht entscheidend. Entscheiden würden die Parteigremien, aber die Zeichen stünden auf Fortsetzung der „Reformpartnerschaft“ mit der ÖVP in einer Zukunftspartnerschaft. Und dies, obwohl auch die ÖVP nahezu gleich hohe Verluste hatte, wie die SPÖ: ÖVP 28,45 % (- 8,74 %), 14 Mandate (- 8). Aber in jedem Polit-Märchen steckt ein Körnchen Wahrheit.

Kritik nach der Schlappe

Vor der Wahl hatte Voves diese auch zu einem Votum über seine Reformen erklärt und die 30-Prozent-Hürde für ihn als Mindestziel angegeben. Weil er keine Anstalten machte, seine Ankündigung zum Rücktritt wahrzumachen, nahm die Kritik aus dem bürgerlichen Lager an seiner Person zu. Peinlich für Franz Voves, für den die Kategorie „glaubhaft und entscheidungsstark“ in der Öffentlichkeit ganz wichtig war. Natürlich mehrten sich die Stimmen aus dem Nicht-SPÖ-Lager, die an Glaubwürdigkeit zweifelten. Aber auch innerhalb der SPÖ gab es Kritik an diesem Vorgehen.

Trotz der Verluste hielt die steirische SPÖ den Anspruch auf den Landeshauptmann aufrecht und drängte auch, Franz Voves zu bleiben. Doch Voves hielt sich bedeckt, diskutierte nur im engsten Vertrauen-Kreis, mied aber die Parteigremien. Er galt als besonders dünnhäutig, wenn es um Kritik an seiner Person, seinem Führungsstil und an seinen politischen Aussagen ging. Die ohne Not getane, mehrmalig wiederholte Äußerung „unter 30 Prozent trete ich zurück“ erwies sich als fürchterliches Eigentor – für ihn, aber auch die Partei. „Es war ein Schuss ins Knie“, brachte es ein angesehener politischer Beobachter auf den Punkt.
Seine Nachdenkphase dauerte mehr als eine Woche, bis er vor die Öffentlichkeit trat. Was dann am 10. Juni 2015 in der Grazer Burg bei einer denkwürdigen Pressekonferenz nach Einleitung mit den Worten „Er sagt, was er tut und tut, was er sagt“ folgte, verblüffte alle Seiten. Dabei wartete er mit einer völlig neuen „Einsicht“ auf. „Nach Vorliegen des Wahlergebnisses am Sonntag, war mir schon bewusst, dass ich meine Ansage einhalten werde.“ Kein Wort mehr darüber, dass er bei der ORF-Wahlrunde etwas völlig anderes verkündet hatte.

Schock bei SPÖ-Funktionären

„Ich trete mit sofortiger Wirkung zurück“, hatte Voves zuvor im SPÖ-Klubzimmer im Landtag die eilig zusammen getrommelten Spitzenfunktionäre seiner Partei überrascht. Er stellte die geschockten Genoss:innen damit vor vollendete Tatsachen und lieferte im Folgenden die Begründung dafür: Schützenhöfer und die ÖVP würden damit drohen, die Reformpartnerschaft zu beenden und mit der FPÖ eine neue Koalition einzugehen. Um der SPÖ eine solche Situation und Schmach zu ersparen, setze er diesen Schritt. Voves stellte sich gleichsam als Opfer dieser „politischen Drohung“ dar. Mit seinem Rücktritt bewahre er, so seine Darstellung, die SPÖ vor dem Rausflug aus der Landesregierung und den Gang in die Opposition. Nur mit seinem Rücktritt könne man die vier Landesräte und damit auch den weiteren Einfluss und die Gestaltungskraft der steirischen SPÖ retten.

Was damals der Fall war: Da und dort gab es „Wortspenden“ von ÖVP-Funktionären aus der zweiten Reihe und außerhalb der Steiermark, die auch eine Koalition mit der erstarkten FPÖ (knapp 27 Prozent) nicht ausschließen wollten. Aber bis dahin war den Spitzen der steirischen SPÖ kein Schwenk der Schützenhöfer-ÖVP in Richtung Freiheitliche hinterbracht geworden.

Daraus folgt:

Weil Franz Voves seine Glaubwürdigkeit („trete unter 30 Prozent zurück“) nicht verlieren wollte, bastelte er sich die Variante mit der bevorstehenden, drohenden FPÖ-Koalition zurecht. Wiewohl er in der Reformpartnerschaft eine Vereinbarung mit der ÖVP festlegen ließ, dass diese auf zwei Regierungsperioden ausgelegt war und der jeweils Stimmenstärkste den Anspruch auf den Landeshauptmann stellen konnte.

Steirerkrone-Interview bestätigt Polit-Märchen von Franz Voves

In einem Doppel-Interview in der Steirerkrone vom 26. Februar 2023 mit Chefredakteur Oliver Pokorny und Gerald Schwaiger bestätigt Hermann Schützenhöfer nun auch, dass die angebliche Gefahr einer ÖVP-FPÖ-Koalition nicht bestand. Den Rücktritt von Voves habe er bis zum Schluss verhindern wollen. Schützenhöfer in der Steirerkrone wörtlich: „Ich habe gesagt: Bitte bleib’! Meine Idee war ja zunächst, dass Franz Voves zweieinhalb Jahre Landeshauptmann bleibt und meine Bitte (!) war dann, dass ich in der zweiten Hälfte, die politisch natürlich die bessere ist, übernehme.“

Doch der angeschlagene SPÖ-Vorsitzende entscheidet anders, tritt zurück (O-Ton Voves: „meine Kraft war am Ende“) und überlässt der ÖVP den Landeshauptmann-Sessel als Geschenk.

Von der „Bitte“ Hermann Schützenhöfers, Franz Voves doch wenigstens einer Halbzeitlösung zuzustimmen, erfuhren die SPÖ-Spitzenfunktionäre bei der eilig einberufenen Sitzung im Landtag nichts. Bis heute gilt das Vorgehen von Voves als Überrumplung und dass dies ein Verrat an seiner Partei war.

Was nur einen Schluss zulässt: Franz Voves lehnte für sich persönlich eine Halbzeitlösung ab, wollte aber auch nicht, dass einer seiner Genossen ihm als Halbzeit-Landeshauptmann nachfolgen wollte. Er hatte bereits Michael Schickhofer als neuen Mann und Landeshauptmann-Stellvertreter der SPÖ in dieser schicksalshaften Sitzung präsentiert.

Dieser hatte dann in der Zukunftspartnerschaft mit Hermann Schützenhöfer per Handschlag und Ehrenwort die Vereinbarung getroffen, dass der Termin für die nächste Landtagswahl nur gemeinsam getroffen werde. Schützenhöfer brach dieses Ehrenwort im Jahr 2019. Er sprengt die Koalition und legt die Wahl vor. Im Steirerkrone-Interview antworteten Voves und Schützenhöfer auf die Frage „Welche Eigenschaften schätzen Sie an Ihrem Kollegen am meisten?“ unsino: „Handschlagqualität ...“

Mehr zu diesem Thema:

Voves-Replik auf „verschenkten LH“

Alt-LH Franz Voves schlägt Alarm 

Kommentare und Antworten

×

Name ist erforderlich!

Geben Sie einen gültigen Namen ein

Gültige E-Mail ist erforderlich!

Gib eine gültige E-Mail Adresse ein

Kommentar ist erforderlich!

* Diese Felder sind erforderlich.

Sei der erste der kommentiert