Ein Faible für mörderische Frauenzimmer

Die Grazer Autorin Mirella Kuchling

Wir sitzen im Grazer Café Kaiserfeld. Dort, wo Mirella Kuchling am kommenden Montag (10.3.) und Dienstag aus ihrem neuesten Werk „Die Engelmacherin von Graz“ lesen wird. „Das Grauen naht“, steht zum Buch auf ihrer Website. „Dachte mir, hier in der Innenstadt ist der passende Ort für die Buchpräsentation. Ist ja auch die Polizei gleich in der Nähe, falls sich jemand fürchtet und Angst kriegt“, scherzt die Grazer Autorin zu Beginn unseres Gesprächs.

Vom viktorianischen England in die Grazer Gründerzeit

Es ist ihr erster zusammenhängender Kriminalroman: „Ja, weil ich mir bei der Recherche für meine Sammlung von True-Crime-Geschichten ,Mörderische Frauenzimmer’, erschienen im Jahr 2023, eine Geschichte aufbewahrt habe. Die kam nicht in die Sammlung, denn ich fand sie so spannend und beschloss, darüber ein eigenes Buch zu schreiben.“

Geworden ist daraus der erste Grazer Bezirkskrimi. „Wobei sich die ursprüngliche Geschichte im viktorianischen England ereignet hat“, verrät sie. „Dort hat es die Pflegemutter Amelia Dyer gegeben – eine böse Frau, die 200 bis 400 Säuglinge um die Ecke gebracht hat: in Papier eingewickelt, mit einem Bindfaden herum und mit einem Stein beschwert in die Themse geworfen.“ Eine Serienmörderin par excellence. Geschnappt wurde sie übrigens, nachdem ihre Adresse auf einem nach oben getriebenen Paket noch leicht zu lesen gewesen war. „Sie hat das Packpapier immer wieder verwendet. Und so hat Recycling quasi zur Hinrichtung geführt“, schmunzelt Mirella Kuchling.

Diese „wilde Geschichte“ hat sie dann auf Graz herunter gebrochen, zumal regionale Geschichten ja sehr beliebt sind. Darum geht’s in „Die Engelmacherin von Graz“: Während das Zentrum von Graz in der Gründerzeit aufblüht, ist auf der rechten Seite der Mur wenig davon zu spüren. Hier hausen die „Engelmacherinnen“ und Verbrechen stehen an der Tagesordnung. Unerwünschte Schwangerschaften treiben unglückliche junge Frauen zu Mütterlein Schreiner, die dafür bekannt ist, solche Probleme kurzerhand und herzlos aus dem Weg zu räumen …

Und so „mordet sich“ Mirella Kuchling nun also durch die Grazer Bezirke. „Das Morden ist mir schon ein bisschen auch in die Wiege gelegt worden. Aber nicht, weil wir einen Mörder in der Familie hätten“, lacht sie, „sondern: ich bin in einem Haus aufgewachsen, das der Schwester des Briefträger-Mörders Hans Hold gehörte. Er hat in den 70er-Jahren Briefträger ermordet.“

Eine der ersten Stationen in der schreiberischen Laufbahn von Mirella Kuchling – noch während sie studierte – war übrigens Klipp. Der Journalismus ist dann zu ihrem Brotberuf geworden. 1998 schaffte sie den Sprung in die „Kleine Zeitung“, dann war sie beim „Grazer“. Mittlerweile hat sie aber dem Medienwesen den Rücken zugekehrt und ist seit 2023 beim Bildungsnetzwerk Steiermark, einem vom Land Steiermark geförderten Verein für Erwachsenenbildung.

Das Schreiben und „Morden“ ist also zu ihrem Hobby geworden. „Ja, ich schreibe eher am Wochenende oder auch in der Nacht.“

Die ersten „Testleserinnen“ ihrer Bücher sind ihre Mutter und eine Nachbarin „Da gibt es einen eigenen Gradmesser: Wenn meine Mutter, die beim Lesen meist einnickt, bei meinem Buch dann eben nicht eingeschlafen ist, ist das für mich das äußerste Qualitätsmerkmal“, lächelt Kuchling.

Mittlerweile ist die Autorin so etwas wie das „weibliche Zugpferd“ der edition keiper. Zu Beginn war die Chefin Anita Keiper unsicher, ob Frauenromane sich überhaupt verkaufen lassen. Mit „Mörderische Frauenzimmer“ war Kuchling dann aber einer der vier Verlagsbestseller, die anderen drei Bücher sind von Männern geschrieben, wie sie stolz erzählt.

Die Autorin: „Ich bin auch offen für Ideen.“ Also, liebe Leser:innen, wenn Sie einen Mörder in der Familie hatten oder haben …

IH

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