Johann Stüdl – Visionär und moralischer Kompass des Alpenvereins

Die Stüdl-Hütte und der Stüdlgrat sind nach ihm benannt und mit den Medienberichten über das tragische Unglück eines Salzburger Bergsteiger-Prächens am Großglockner (auch wir berichteten) ist sein Name auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt: Als Mitbegründer, Ideengeber und Umsetzer prägte Johann Stüdl die ersten Jahrzehnte des Alpenvereins.
Seinen Lebensabend verbrachte der in Prag geborene Kaufmann in Salzburg, wo der Alpenverein nun zu seinem 100. Todestag morgen, am 29. Jänner eine Gedenkfeier veranstaltet.
Das Programm, organisiert vom Alpenverein Salzburg, beginnt um 11:00 Uhr mit einer Kranzniederlegung an Johann Stüdls letzter Ruhestätte am Kommunalfriedhof Salzburg, an der führende Alpenvereinsfunktionär:innen aus dem In- und Ausland teilnehmen werden. Ab 15:00 Uhr wird im Römersaal des Mozartkinos der Dokumentarfilm „Johann Stüdl - Visionär und Erschließer der Alpen“ gezeigt.
Eine musikalische Performance mit Martin Gratz (Trompete) und Peter Girstmair (Saxofon) begleitet die Vorführung. Im Foyer des Mozartkinos gibt die Fotoausstellung „Johann Stüdl & seine Zeit in Salzburg“ Einblicke in sein Leben und Wirken. Ein besonderes Highlight der Veranstaltung ist die Buchpräsentation „Johann Stüdl - ein Leben für die Alpen“ von Friedl Klein, einer Urenkelin Johann Stüdls.

Werte und Visionen eines Alpinismus-Pioniers
„Die von Johann Stüdl geschaffenen Grundlagen - von Schutzhütten bis zur Professionalisierung des Bergführerwesens - sind bis heute unentbehrlich. Seine Vision hat den Alpenverein geprägt und ist für uns ein Auftrag, seine Werte weiterzutragen“, sagt Wolfgang Schnabl, Präsident des Österreichischen Alpenvereins.
Johann Stüdl, geboren 1839 in Prag, gehörte zu den Gründervätern des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins und prägte den modernen Alpinismus wie kaum ein anderer. Seine Vision war es, die Bergwelt durch die Planung und den Bau von Schutzhütten und Wegen auch für jene Menschen zugänglich zu machen, die keine erfahrenen Bergsteiger waren. Bereits 1868 initiierte er den Bau der Stüdl-Hütte am Fuß des Großglockners, einer der ersten alpinen Schutzhütten in den Ostalpen.

Mit der Gründung und Ausstattung des ersten Bergführervereins in Kals setzte Johann Stüdl Standards, die später für ganz Österreich maßgeblich wurden und den Alpinismus sicherer und zugänglicher machten.
Positionierung gegen Antisemitismus
Die Hochgebirgslandschaft war für Stüdl und für seine Zeitgenossen ein Naturerlebnis, das Menschen verbinden und inspirieren sollte. Neben seinen praktischen Beiträgen war Johann Stüdl ein entschiedener Verfechter ethischer Prinzipien. In den 1920er-Jahren, als der Antisemitismus im Alpenverein um sich griff, positionierte er sich klar gegen den Ausschluss der Sektion Donauland und ihrer jüdischen Mitglieder: „Das himmelschreiende Unrecht, [...] wird dem Alpenverein nicht den Frieden, sondern den Fluch der bösen Tat bringen.“

Pragmatismus und Bescheidenheit
Stüdls Lebensphilosophie war geprägt von Pragmatismus, Bescheidenheit und Menschlichkeit. „Nicht verzweifeln, sondern anpacken!“ und „bescheiden und liebenswürdig mit allen Menschen umgehen“ - diese Maximen bestimmten sein Handeln. Seine Liebe zu den Bergen brachte er auch mit Skizzen und Gebirgsdarstellungen zum Ausdruck, die bis heute erhalten sind.
Johann Stüdl legte großen Wert darauf, den Alpinismus nicht nur als körperliche Herausforderung, sondern als kulturelles und soziales Projekt zu sehen. Durch den Bau von Hütten und Wegen wollte er Städtern die Möglichkeit geben, die Natur der Alpen zu erleben und gleichzeitig die lokale Wirtschaft zu stärken. Dieser Gedanke der Verbindung zwischen Stadt und Bergregion, zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, dient dem Alpenverein bis heute als Vorbild.
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