Weil Österreich morgen den Nationalfeiertag begeht: Am 26. Oktober 1955 verließ der letzte Besatzungssoldat der vier Mächte USA, Russland, Großbritannien, Frankreich unser Land aufgrund des abgeschlossenen Staatsvertrages. Österreich war seit Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 besetzt. „Österreich ist frei“, rief der damalige Kanzler Leopold Figl vom Balkon des Belvedere in Wien den jubelnden Menschen zu – mit dem Staatsvertrag in den Händen.
Wenig Jubel, sondern massive Kritik löste Andreas Gabalier mit seinem klaren Standpunkt aus, die Bundeshymne nur in der „alten Version“ zu singen: „Heimat bist du großer Söhne“, ohne die neue Einfügung „… und Töchter“. Dafür muss er viel Kritik in den Medien einstecken, auch im „Falter“ und dem „Standard“. Den „Falter“-Redakteuren – an der Spitze Florian Klenk – stellte er sich im Frühsommer zu einem Interview. Aus aktuellem Anlass eben nun einige Auszüge daraus.
Die Wochenzeitung „Der Falter“ hat Schlagerstar Gabalier gegen Nazi-Vorwürfe verteidigt, aber seinen Heimatkitsch, sein Frauenbild und so manche seiner erzkonservativen Ansichten kritisiert. Mit diesen Feststellungen wird das Interview eingeleitet. Gabalier wiederum verspottete den „Falter“ vor einer jubelnden Masse in der Stadthalle als „Esel und Ochs“. Anlass für das Interview war auch die neue Single von Gabalier „Liebe leben“, in der Homosexualität besingt und nicht mehr „disst“. Man traf sich zum ersten Interview im Wiener Restaurant „Motto“.
Im Folgenden Auszüge daraus:
Herr Gabalier, was ist Ihre liebste Krippenfigur?
Gabalier: Der Ochs und der Esel. Vor zwei Jahren haben die mir in der Krippe gefehlt, das war kurz vor dem Tourabschluss in der Wiener Stadthalle. Da habe ich mich riesig gefreut, dass jemand eingesprungen ist. Die Chefs der Zeitungen „Flatter“ und „Standort“.
Was haben wir Ihnen getan, dass Sie uns vor Ihren Fans verspottet haben?
Gabalier: Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Davor lagen Jahre der Vorurteile, der bösen Schlagzeilen und nicht zu Ende gedachten Recherchen, ohne nur ein Mal mit mir gesprochen zu haben. Mir ist bewusst, dass das giftige Verhältnis zum Teil meine Schuld war. Aber es gibt in Österreich auch eine Volkskrankheit, Patzer mit viel mehr Freude abzufeiern als Positives. Das spaltet, ich wollte nie als gehässiger Mensch wahrgenommen werden.
Wer wollen Sie sein?
Gabalier: Jemand, dem beim Bundesheer beim Grenzschutz alleine in der Nacht mit Stift und Block so fad war, dass er Verse aufgeschrieben hat. Und jemand, der nach dem Suiziden seines Vaters und seiner kleinen Schwester diese Gedichte eingesungen hat (…)
Anmerkung KLIPP: Andreas Gabalier, 36, ist der Sohn einer Lehrerin und eines Architekten aus Graz. Gabalier war aufgrund vieler Äußerungen über Frauen und Homosexuelle im links-liberalen Milieu lange Zeit umstritten.
Der „Falter“ kommentierte damals, dass Gabaliers Platten-Cover kein Hakenkreuz darstellen soll. Er verwies auf Gabaliers Spenden an Asylvereine, aber empfand seine Musik als schlecht. Trotzdem bezeichnete Gabalier das Medium als „Esel“. Gabaliers Reaktion im Interview: Moment, ich war Nummer 1 in „best of böse“. Der „Falter“ hat mich mit Teufelshörndln am Weihnachtsabend aufs Titelblatt gesetzt. Ihr kennt mich doch überhaupt nicht, wir haben nie geplaudert. Auch so etwas spaltet (...)
Zur Problematik des Genderns Gabalier im Interview: (…) Ich möchte keine Figur verkörpern, die gegen linke Lebenseinstellungen steht. „Genderverseucht“ habe ich nie gesagt, das wurde falsch wiedergegeben. Ich habe meine Oma zitiert, die mit dem Genderwahnsinn – das war ihr Wort – nichts anfangen kann (…) Aber ich bin kein Steinzeitarfferl. Auch ich sehe nicht ein, dass Frauen niedrigere Gehälter bekommen.
Gendern Sie die Bundeshymne eigentlich schon?
Gabalier: Nein. Es gibt ein paar Dinge in der Geschichte, die man nicht krampfhaft abändern muss. Diese Hymne wurde von einer Frau gedichtet, ihre Erben waren gegen den Eingriff in das Urheberrecht. Wenn man diese nicht mehr will, soll man eben eine neue Hymne schreiben. Wir haben so viele andere Sorgen im Land, da muss man sich nicht auf solche Pseudothemen aufhängen.
Warum halten Sie dann so eifernd daran fest? Das wäre doch nur ein kleiner symbolischer Akt.
Gabalier: Theoretisch ja. Aber wir tauschen jetzt auch nicht den Stephansdom in Stephaniedom um. Der steht schon lange genug als Mandl mitten in Wien.
Das Gespräch mit Andreas Gabalier gibt’s auch als Podcast auf www.falter.at/radio und jeder Podcast-App. Quelle: Falter 23/Ausgabe 2021, Seite 26 bis 29
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