„The Sound of St. Lambrecht“ im Museum für Geschichte in Graz

Kann man einen Ort akustisch vermessen? Wie klingt St. Lambrecht und welche Klänge verbinden die Menschen der Region mit dem Ort? Fragen wie diesen ging der Kulturwissenschaftler und Kurator Thomas Felfer in der Ausstellung „The Sound of St. Lambrecht“ nach. Das Ergebnis sind Collagen von Klanglandschaften aus Geräuschen, Sprache und Lärm. 

„Sound Studies“ und „Soundscape Studies“

Als Grundlage der Ausstellung dient das interdisziplinäre Forschungsfeld der „Sound Studies“. Es widmet sich der Untersuchung von Klängen in ihren vielfältigen Erscheinungsformen als Musik, Geräusch, Sprache oder Lärm. Als Wegbereiter gilt der Komponist Murray Schafer. Ausgehend von einer Diagnose der zunehmenden „Umweltverschmutzung“ durch Lärm erdachte er in den 1970er-Jahren den Begriff „Soundscape“ bzw. „Klanglandschaft“. Im Rahmen der „Soundscape Studies“ oder „Sound Studies“ werden Klänge in ihren unterschiedlichen sozialen und kulturellen Dimensionen für den Alltag erforscht. Die Ausstellung greift unterschiedliche Aspekte dieser Forschungsrichtung auf, um sie am Beispiel von St. Lambrecht zu zeigen.

Glockenabnahmen im Ersten und Zweiten Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg wurden Kirchenglocken zunächst freiwillig, gegen Ende des Krieges zwangsweise abgeliefert. Die Glocken bestanden überwiegend aus dem für die Waffenherstellung dringend benötigten Kupfer. Auch die Gemeinde St. Lambrecht musste Glocken abgeben und nur die größte und die kleinste Glocke blieben erhalten. Nach dem Krieg gab es schon bald Bemühungen, die leeren Glockentürme wieder mit Klang zu füllen. St. Lambrecht erhielt 1923 neue Stahlglocken der Firma Böhler. Im Zweiten Weltkrieg mussten erneut Kirchenglocken abgeliefert werden, auch in vielen Gemeinden im Bezirk. Stahlglocken waren von der Abnahme ausgenommen und so blieben die Glocken von St. Lambrecht erhalten. Das Läuten der Kirchenglocken ist einer der eindringlichsten Klänge von St. Lambrecht. Die Reichweite definiert die Gemeinde als akustischen Raum.

Der Wandel der Klänge

Klänge unterliegen einem ständigen Wandel. Was wir in diesem Moment hören, ist im nächsten Moment bereits Geschichte. Sprache und Dialekt sind mögliche Ansatzpunkte, um die Veränderung der Klänge nachzuzeichnen. Aber auch die Klanglandschaft im Allgemeinen sowie unsere Klänge im Alltag verändern sich und können verschwinden. Mittels Notenschrift oder Beschreibung von Gehörtem durch die menschliche Sprache hat die Weitergabe von Klängen Tradition. Aber erst mit der Erfindung des Phonographen 1877 durch Thomas Alva Edison war es technisch möglich geworden, Klänge, Töne oder Stimmen aufzunehmen und für die Nachwelt zu erhalten. Das älteste Tonarchiv der Welt ist das im Jahr 1899 gegründete Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien.

Klang und Menschen

Menschliches Dasein und Klang stehen in direkter Verbindung. Das Wort „Person“ kommt aus dem griechischen Schauspiel und leitet sich von „per-sonare“ (durch-klingen) ab, was zeigt, dass der Klang eine wichtige Rolle hinsichtlich des menschlichen Daseins spielte. Klänge sind für sich alleine gesehen bedeutungslos. Erst im sozialen und kulturellen Leben erlangen sie eine Bedeutung, die wiederum Rückschlüsse auf das menschliche Zusammenleben zulässt.

The Sound of St. Lambrecht. Der Klang eines Ortes
Museum für Geschichte, Sackstraße 16, 8010 Graz
Eröffnung: 12.01.2023, 19 Uhr
Laufzeit: 13.01.2023–11.06.2023
Kuratiert von Thomas Felfer
Information: +43-316/8017-9800

www.museumfürgeschichte.at

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