Test-Flut an Schulen verhindert nachhaltiges Lernen

Ständig wachsender Leistungsdruck, ein Stakkato an Prüfungen, Lernstoff, dem wenig Bedeutung für die eigene Zukunft attestiert wird und den man gleich nach der Prüfung wieder vergisst – das Bild, das Österreichs Schüler:innen von der Schule zeichnen, ist teilweise erschreckend. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage des Nachhilfeinstitutes LernQuadrat hervor. An den Lehrkräften liegt es dabei am wenigsten, dass Schule in erster Linie als stressige Pflichtübung erlebt wird. Diese erhalten in der Bewertung der Schüler:innen bessere Noten als der Lernstoff oder gar das Schulsystem.

Bulimie-Lernen im Prüfungs-Stakkato

„Das sogenannten ‚Bulimie-Lernen‘ hat sich in den letzten sieben Jahren noch einmal deutlich verschlimmert. Mittlerweile erklären bereits 76,6 Prozent der Schüler:innen, dass sie häufig so viel lernen müssen, dass sie das Gelernte nach der Prüfung gleich wieder vergessen“, berichtet LernQuadrat Unternehmenssprecherin Angela Schmidt. Bei einer vergleichbaren Umfrage vor sieben Jahren waren das noch weniger als die Hälfte. Mädchen neigen deutlich häufiger als Burschen zum ‚Bulimie-Lernen‘, ältere Schüler:innen mehr als jüngere.

Dass für nachhaltiges Lernen wenig Platz bleibt, ist für Angela Schmidt angesichts der herrschenden Flut an Leistungsüberprüfungen nicht verwunderlich. Nach Einschätzung der Schüler:innen gibt es Schularbeiten, Tests und Referate im Schnitt 56 Mal pro Schuljahr und damit an nahezu jedem dritten Schultag. „Primär geht es immer darum, gute Noten zu erhalten. Gelernt wird dementsprechend, was sich halt ausgeht, die Entwicklung von echtem Interesse an den Inhalten kommt dabei oft zu kurz“, erklärt Schmidt. Üblicherweise beginnt erst drei bis vier Tage vor der Prüfung eine etwas tiefere Befassung mit dem Lernstoff, mehr scheint pragmatisch gesehen einfach nicht möglich.

Leistungsdruck hat stark zugenommen

Dramatisch gestiegen ist laut der Umfrage in den letzten sieben Jahren der Leistungsdruck, den Österreichs Schüler:innen verspüren. 74,9 Prozent machen sich selbst hohen Druck, 68,3 Prozent verspüren starken Druck seitens der Lehrkräfte, 44,8 Prozent durch die Eltern. Auch Corona hat die Jugendlichen nicht gerade zur Schule und zum Lernen hingeführt, jede/r Dritte hält jetzt die Freizeit für wichtiger als früher. Lediglich 18,6 Prozent geben der Schule nunmehr einen höheren Stellenwert.

„Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“ bleibt in diesem Szenario weiterhin ein frommer Wunsch. 71,8 Prozent der Schüler:innen sind der Ansicht, nicht einmal die Hälfte des Gelernten im späteren Leben brauchen zu können. Besonders schlecht schneiden dabei die Wiener Schulen ab, AHS schlechter als BHS. Ausgenommen von dieser Einschätzung wird vor allem Englisch, von dem 89,2 Prozent der Befragten annehmen, dass sie es im späteren Leben brauchen werden. Bei Deutsch und Mathematik sind dies bereits weniger als zwei Drittel, die „Nebenfächer“, insbesondere Musik und Bildnerische Erziehung, aber auch Physik und Chemie, rangieren weit abgeschlagen. Ideen für spannenden Schulstoff gibt es bei den jungen Menschen durchaus, beispielsweise mehr Finanzbildung, Wirtschaft oder „Alltagskunde“, nicht so sehr hingegen Politik und Kunst.

„Wir dürfen uns mit den Ergebnissen nicht einfach abfinden. Schule kann und muss besser gelingen“, ist LernQuadrat-Sprecherin Schmidt überzeugt. Im permanenten Vorbereitungsmodus auf Prüfungen sei es schwierig, echtes Interesse oder gar Begeisterung für den Lernstoff zu wecken. Die Allmacht der Noten erzeuge zudem immensen Druck und mindere die Freude an Schule und Lernen gewaltig. „Statt überfrachtetem Faktenwissen sollte der Schwerpunkt noch mehr auf Kompetenzvermittlung gelegt werden, der praktische Nutzen des Gelernten verdeutlicht werden und den Lehrkräften freiere Entfaltung ermöglicht werden, statt sie mit Bürokratie zu überhäufen“, so Schmidt.

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