Was aber? – wenn zu viel gleichzeitig sparen
Anlässlich des Weltspartages am 29., 30. und 31. Oktober stellte die Steiermärkische Sparkasse gestern (23.10.) die Studie der Erste Bank & Sparkassen zum Sparverhalten der Österreicher vor. Steiermärkische-Vorstandschef Gerhard Fabisch ging speziell auf jenes der Steirer ein.
Eines gleich vorweg: Österreich befindet sich weltweit im Spitzenfeld jener Länder, in denen das Sparverhalten ganz stark ausgeprägt ist. Rund 330 Euro sind es laut Studie, die Steirer:innen monatlich „weg legen“ (Österreich-Durchschnitt: rund 300 Euro).
1,5 Millionen Österreicher armutsgefährdet
Vorausgesetzt man hat als Einzelner oder als Familie ein monatliches Einkommen, das höher ist als das, was man für das tägliche (Über-)Leben braucht. Denn es können eben nur jene sparen, die mehr verdienen, als sie für das tägliche Leben ausgeben müssen.
17,7 % der österreichischen Bevölkerung sind allerdings armutsgefährdet – das sind über 1,5 Millionen Menschen. Besonders Frauen im Alter, Kinder, Alleinerzieherinnen (jede dritte erwerbstätige Alleinerzieherin ist armutsgefährdet!), Langzeitarbeitslose und Menschen mit chronischer Erkrankung.
„Notgroschen“ für die Zukunft
Für 75 Prozent der Steirerinnen und Steirer ist laut Studie Sparen wichtig – sie nutzen Sparbücher, Sparkonten und Sparkarte. Die Gründe dafür sind vielfältig. Jene, die in der Lage sind zu sparen, tun das, weil sie in der Zukunft einen „Notgroschen“ haben wollen, im Alter, in der Pension abgesichert leben möchten. Jüngere wiederum, weil sie sich ein Haus, eine Wohnung anschaffen wollen oder für ihre Kinder und Familien vorsorgen. Die Überlegungen dazu sind unterschiedlichst.
Aufgrund der Teuerung in den letzten zwei Jahren sind, so gestern bei der Vorstellung der Studie, auch knapp die Hälfte der Steirer:innen unzufrieden damit, weil sie nicht mehr sparen können. Dazu tragen auch die wirtschaftlich unsicheren Zeiten mit den täglichen „Spar-Appelle“ der Regierenden und in den Medien bei.
Kehrseite der Medaille des Sparens
Was für den Einzelnen vernünftig und richtig ist, birgt für ein Land, eine Region, für Europa auch die Gefahr – das klingt eigenartig, ist aber so –, dass damit auch der Wohlstand gefährdet oder zurückgehen kann. Und das ist dann der Fall – wenn zu viele GLEICHZEITIG (das ist entscheidend!) sparen und sich nichts gönnen wollen.
Denn was passiert dann? Bleiben wir bei einem Beispiel in unserer Nähe – einer Stadt wie Feldbach oder dem Land Steiermark. Dann gehen (trotz aller Werbung!) die Umsätze im Lebensmittelhandel zurück, kommen weniger Kunden, kaufen die Menschen weniger ein. Sie investieren weniger in Möbel, lassen weniger Dinge in ihren Häusern und Wohnungen reparieren oder gönnen sich weniger, sodass im Tourismus und der Gastronomie Gäste aus bleiben. Gerade Österreich ist als Export- und Tourismusland von einer solchen Entwicklung stark betroffen.
Wohlstand gefährdet
Eine entscheidende Konsequenz: Die Unternehmen müssen daraufhin Mitarbeiter entlassen, kündigen – egal, ob im Möbel- oder Autohandel, beim Frisör, in der Gastronomie, in der Bauwirtschaft oder in der Dienstleistungsbranche. Unser Wohlstand ist damit gefährdet, geht zurück. Für das ersparte Geld gibt’s auf der anderen Seite keine oder nur wenig Verzinsung. Eben weil die Banken „zu viel davon“ haben. Es droht, dass sich die schon oft genannte „Spirale nach unten“ in Gang setzt. Denn eines darf man nie aus dem Auge verlieren: Die Ausgaben des einen sind die (erwarteten) Einnahmen des anderen. Und umgekehrt.
Steiermärkische-Vorstandschef Gerhard Fabisch zu dieser Thematik befragt: „In der Steiermark haben wir eine Sparquote von 11,4 Prozent des Nettoeinkommens. Alles ein Durchschnitt.“ Aber es gäbe etwa auch übervorsichtige Menschen, die ihren Konsum so stark einschränken und 20 bis 30 Prozent ihres Einkommens sparen. „Das ist meiner Meinung nach überschießend.“ Er halte generell eine Erhöhung der Sparquote aus volkswirtschaftlicher Überlegung daher natürlich nicht für sinnvoll.
Ökonomen warnen: Europa spart sich kaputt
Wenn sich niemand mehr verschulden will (oder kann), dann kommt es in unserer Geldwirtschaft zu einer Rezession, sprich zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung – das ist eine Grund-Wahrheit. Vor einer solchen Entwicklung warnen daher logischerweise internationale und namhafte Ökonomen. Nicht zuletzt aufgrund der täglichen „Spar-Appelle“ innerhalb der EU. So sagt etwa der US-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz: „Europa spart sich kaputt.“
Es gibt nur einen vernünftigen Ausweg, wenn private Haushalte und Unternehmen in einer solchen Phase weit mehr sparen wollen und weniger investieren: Dass die öffentliche Hand – sprich Länder, Gemeinden, der Staat insgesamt – in einer solchen Situation „einspringen“muss, indem „Geld in die Hand genommen wird“. Im Notfall auch Kredite. Und die öffentliche Hand damit in einer solchen Phase große Infrastruktur-Projekte initiiert. Wie etwa den Bau und die Einrichtung von Bildungsstätten, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, in den Klimaschutz investiert, in Dienstleistungsgewerbe, in das Gesundheitswesen, und, und. Und man damit mittelfristig durch Steuerleistungen wieder höhere Einnahmen im Budget erzielt und auch Arbeitsplätze schafft, sichert. Damit aber auch Einkommen für die Menschen. Wir leben in einer Geldwirtschaft und diese funktioniert als Kreislaufwirtschaft nur auf diese Weise.
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