Ihr Buch war der Auslöser

„Frau-Bauhaus“-Autorin Jana Revedin las in Graz

Da hat man mehr Zeit zum Lesen. Hans Roth, Gründer von Saubermacher und bekannt als Kunst- und Kulturförderer, las das Buch am Krankenbett auf der Stolzalpe. „Ich war so beeindruckt, gefesselt, hab’ das in einem Zug durchgelesen.“ Die 22 Auflagen des Buches heute – „Jeder hier nennt mich ,Frau Bauhaus’‘ – der in Konstanz geborenen Jana Revedin zeigen – sie ist Architektin und Schriftstellerin –, dass nicht nur ihn die Geschichte in seinen Bann zog. Spontan habe er nach der Lektüre mit der Autorin, 57, den Kontakt gesucht. Sie lebt mit ihrer Familie in Venedig und in Wernberg, Kärnten. Man traf sich mit Freunden in Venedig, wo die Familie ihres Mannes seit Generationen ihr Zuhause hat. Und die Lagunenstadt bestimmte ihren weiteren Lebensweg.

„Dort habe ich vor 27 Jahren im Karneval meinen Mann kennengelernt“, so Jana Revedin. „Und ich habe sie dann bei unserem Treffen zu einer Lesung und Vorstellung ihres neuen Buches nach Graz eingeladen“, erzählt Hans Roth am Rande der Lesung in der Buchhandlung Moser.

Jana Revedin hat sich als Verfasserin von Standardwerken der Architekturtheorie auf die Reformarchitektur der Moderne spezialisiert. Nach ihrem Studium in Buenos Aires, Princeton und Mailand promovierte und habilitierte sie an der Universität Venedig. Heute ist sie ordentliche Professorin für Architektur und Städtebau an der École Spéciale d’Architecture Paris.

Zum 100-Jahr-Jubiläum von Bauhaus in Weimar trat der Verlag DuMont an sie heran, zu Walter Gropius, den Gründer der berühmten Architektur- und Designschule, ein Sachbuch zu verfassen. Sehr rasch sah sie aber, bereits in der Anfangsphase ihres Quellenstudiums, so die Schriftstellerin beim Gespräch in Graz, dass der Aufstieg von Walter Gropius und sein Leben durch eine starke Frau im Hintergrund bestimmt war. Sie hieß Ise Frank, war bis zur Entdeckung durch Jana Revedin in deutschen Archiven über das Bauhaus nur eine Randfigur. „Sie war weit mehr als die zweite Ehefrau von Walter Gropius und Sekretärin der berühmten Architektur- und Designschule”, so die Schriftstellerin. „Als Journalistin und Autorin bestimmte Ise Frank den emanzipatorischen Kurs des Bauhauses entscheidend mit.”

Als Jana Revedin den Verlag davon in Kenntnis setzte, ihr Bauhaus-Buch anlässlich des 100. Geburtstages werde kein Sachbuch, sondern ein Roman: „Das wird ein Reinfall.“ Die Lebensgeschichte von Ise Frank, deren Name praktisch vergessen war, würde nicht interessieren. Doch die Schriftstellerin ließ sich von der frauenfeindlichen Haltung seitens des Verlags nicht beeindrucken. Das Buch basiere auf historischen Fakten und Quellen, sei sorgfältigst recherchiert, erscheine nicht als Sachbuch, sondern biografischer Roman.

Nach seinem Erscheinen überschlug sich das Medieninteresse in Deutschland und in der Schweiz, war doch der Zugang zum Bauhaus ein völlig neuer. Es gab Lesungen auf der Frankfurter Buchmesse, der Züricher Literaturmesse – unglaublicher Anfangserfolg. Mitentscheidend dafür waren neue historische Quellen, denn Walter Gropius und Ise Frank flüchteten vor den Nazis noch rechtzeitig nach England und von dort später in die USA.

1983 starb Ise Frank in Lincoln, Massachusetts. Sie hatte ihren Mann Walter Gropius um 14 Jahre überlebt. Gropius und seine mit ihm geflüchteten Bauhaus-Kollegen revolutionierten in den USA die dortige Architekturlehre an den Universitäten.

„Der Bauhaus-Lehrkörper ist eine Judenbande“, wollte die NSDAP in Dessau das Bauhaus schließen lassen. 1927 stand es vor dem Bankrott und die Nazis ließen es dann 1930 auch auflösen. Im Jahr 1924 fädelte Ise Frank, die Frau von Walter Gropius, in Köln von Konrad Adenauer eine neue Ansiedlung des in Dessau (Weimar) bankrott gewordenen Bauhaus ein. Sie, die in deutschen Archivquellen keine wirkliche Beachtung fand, schreibt euphorisch an ihren Mann: „Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus.“

Revedins Bücher-Trilogie über starke Frauen in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg basiert auf Handlungen und Fakten. „Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus“ ist der Titel des ersten Buches, „Margherita“ des zweiten Buches. Seit 1991 ist Jana Revedin mit Antonio Revedin, dem Hafendirektor Venedigs und Enkel von Margherita Revedin, verheiratet. „Margherita“ handelt ebenfalls von einer starken Frau. Diese trägt in ihrer Heimatstadt Treviso Zeitungen aus, heiratet einen Revedin und wird damit zur „First Lady“ in Venedig. Das dritte Buch „Flucht nach Patagonien“ ist 2021 erschienen.

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