Wer hätte WAC als Meister gebraucht?

Der Dreikampf um den Meistertitel zwischen Sturm, WAC und Austria Wien brachte tatsächlich Spannung bis zur letzten Spielminute. Für die heimischen Fans und die Medien. Aber außerhalb Österreichs Grenzen, schon in der Nachbarschaft bei den Slowaken, den Ungarn oder in Slowenien, registriert das niemand. So viel zum internationalen Echo.
Die Frage „Wer hätte WAC als Meister gebraucht?“ klingt dumm, naiv oder sogar arrogant. Natürlich hätten alle Sympathisanten, die hinter den Wolfsbergern stehen, ihr Herzblut und möglicherweise sogar Geld dort investieren, darüber gejubelt. Und von einem denkwürdigen Tag gesprochen. Dass ein kleiner, österreichischer Klub aus einer 25.000-Einwohner-Stadt dann sogar das Double – Cup-Sieger und Meister – geschafft hat. Und damit bewiesen hätte, dass viele Millionen Euro mehr, die in einem Profi-Team stecken, nicht immer mehr Tore schießen. Und für zahllose, kleine Amateurklubs im Lande wäre es eine zusätzliche Motivation gewesen, mit noch mehr Engagement, Leidenschaft, Teamwork und was sonst noch alles dazu im Wörterbuch steht, daran zu glauben, es ganz nach oben zu schaffen. Damit sogar die berühmten „Berge versetzt“ zu haben.

In kleinen Ländern, wie Österreich es ist, hat der WAC mit seinem Cup-Sieg sich einen Traum bereits erfüllt. Für Hartberg, das im Finale verlor, hätte das schon einen Lotto-6er bedeutet. Ganz ähnlich wie in Österreich ist auch die Situation bei unseren südlichen Nachbarn in Slowenien mit seinen knapp mehr als zwei Millionen Einwohnern. Mit dem Fußballverein NK Celje schied ein Team erst im Halbfinale gegen AC Fiorentina aus – und da noch dazu im 11er-Schießen. Der Klub NK Maribor spielte bereits öfter in der Champions League als Sturm und das Nationalteam Sloweniens wurde auch für Österreich zu einem Stolperstein.
Und was soll das aber mit Sturm Graz, dem nun fünffachen österreichischen Meister zu tun haben? Nach zehn Meistertiteln in Folge strauchelten die Bullen aus Salzburg im Vorjahr das erste Mal und auch heuer gegen Sturm. Es zeigt, dass es im Sport immer wieder sogenannte Außenseiter gibt, die zum Zeitpunkt X etwas Außergewöhnliches schaffen.
Ein Blick ins Nachbarland Deutschland zeigt, dass dort so etwas nie und nimmer passieren kann. Weil die Qualität der Spitzenklubs bis in die Zweite Bundesliga mit der bei uns in Österreich nicht zu vergleichen ist. Ohne die TV-Live-Übertragungen der Zweiten Bundesliga in Österreich – mit 1.000 bis 5.000 Zusehern im Schnitt in der jeweiligen Dorf-Arena – würde kaum jemand registrieren, dass in Stripfing, Horn, Lafnitz oder sonst wo überhaupt Fußball um eine Meisterschaft gespielt wird. Zu später oder mitternächtlicher Stunde gibt es dann sogar Wiederholungen dieser „Geisterspiele“. Über die Einschaltquoten und gewaltigen Kosten einer derartigen Strategie schweigt der ORF. Das Niveau des heimischen Fußballs in der zweiten Profi-Liga ist damit nicht besser geworden. Wiewohl die ORF-Sportkommentator:innen von ihrem Können und Potential dort bestens eingesetzt und so voll ausgelastet sind. Eine spezielle Art der Arbeitsplatzsicherung.
Eines ist unleugbar: Ob auf der untersten Ebene oder im internationalen Fußball-Zirkus – die Aufmerksamkeit erfährt der populärste Sport in Europa nur durch die Fernseh-Millionen, die jeweils den Spielbetrieb finanzieren. Diese sind der Auslöser für die Euphorie. Nur das Fernsehen bringt hohen Einschaltquoten und lockt gleichzeitig Fans in die Stadien.

Ein Spiel des WAC gegen Arsenal oder AS Roma hätte nur die Chance, ein regionaler Aufreger zu sein. Auch im heimischen TV. Mehr erwarten sich da die Fans schon von einem Auftritt Red Bull Salzburgs oder von Sturm Graz auf der europäischen Fußball-Bühne.
Allein die Milliarden aus der Fernsehwerbung sind die „Währung“, dass die Menschen in Europa und weltweit den Fußball huldigen und wir fasziniert Stunden und Stunden vor der Flimmerkiste den Ball-Akrobaten am Spielfeld in professionell aufbereiteter Zirkus-Atmosphäre zujubeln.
Und wie man aus der Geschichte weiß, gab es schon im Römischen Reich Arenen für Brot und Spiele. Der Circus Maximus war schon damals ein ultimativer Ort für das Volk.
JL
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