Ein Sieg ohne Zukunft

Nach Herbert Kickls historischem NR-Wahl-Triumph

Er hat sie alle eingesackt – die Prostestwähler. Allen voran jene aus der Corona-Zeit. Die haben aus unterschiedlichen Gründen ein langes Gedächtnis und vergessen nicht. Nicht nur jene, die zu den Verschwörungs-Anhängern zählen, sondern auch Bürger, die das Vorgehen der Politik nicht wie Schafe und Lämmer hingenommen haben.

Man erinnere sich an die Aussage von Alt-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. Dieser klopfte sich selbstherrlich auf die Brust, schon zu Beginn von Corona eine Impfpflicht gefordert zu haben. Unvergesslich auch seine untragbare Aussage, dass sich „Ungeimpfte schäbig verhalten“.

Die Rechnung bekam die ÖVP nun am 29. September serviert. So blau (im mehrfachen Sinn des Wortes) war die Steiermark noch nie in der Geschichte der Zweiten Republik. Noch vor Corona gab es in allen Bezirken eine ÖVP-Mehrheit, jetzt ist es, bis auf eine Ausnahme, umgekehrt. Für sich hat Schützenhöfer den richtigen Zeitpunkt für seinen Rückzug im Juli 2022 geschafft. Seiner Partei und seinem Nachfolger Christopher Drexler hat er damit einen Bärendienst erwiesen.

Aber zum Trost: Herbert Kickls Wahltriumph ist ein Sieg ohne Zukunft für ihn und die FPÖ. Niemand will mit ihm und den Kunaseks in den Bundesländern wirklich eine Koalition für die Zukunft. Das ist vernünftig, mit dem „Festung-Österreich-Fetischisten“ keinen politischen Pakt zu schließen. Und in fünf Jahren wird die politische Grundstimmung auf ein normales Niveau zurückgegangen sein. Weil: Herbert Kickl geht es als Politiker nur um sich selbst. Ihm fehlt jedes Charisma. Er war ein Mann, der lieber im Hintergrund mit seinen Fähigkeiten der Partei diente. Kickls Mastermind war der verstorbene „Gott Sei bei uns“ und Lebemann Jörg Haider. Einmal so populär zu sein wie dieser, war nach dessen Tod im Jahr 2008 sein Ziel. Doch dazu fehlt ihm das Charisma, wenn man so will, aber auch die Schlitzohrigkeit, mit seinem Gegenüber Vertrauen aufzubauen.

Deutlich zeigte sich das beim Finanzskandal der FPÖ in Graz, als die blauen Kameraden in Graz knapp zwei Millionen Euro Steuermittel veruntreuten, missbräuchlich verwendeten. Mit Hilfe seines steirischen Statthalters Mario Kunasek feierte und lobte er nicht jene langjährigen FPÖ-Funktionäre, die sich ehrlich und offen für die völlige, schonungslose Aufklärung des Skandals einsetzten und einsetzen. Im Gegenteil. Er schloss diese (!!!) – nur, weil sie ohne Wenn und Weber die Wahrheit ans Tageslicht bringen wollten – aus der Partei über Nacht aus. Ein völlig undemokratischer Akt, der seinem Wahlslogan Lügen straft: „Ihr seid der Chef, ich euer Werkzeug.“

Mehr Entlarvung geht nicht. Die Grazer Wähler bewiesen ihr gutes Bauchgefühl: Mit nur 19,6 % landete die FPÖ nur an dritter Stelle.

JL


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