Weil es auch in diesem Jahr im Kalender keinen 29. Februar gibt - das nächste Schaltjahr steht 2024 bevor -, muss Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer heute am 1. März seinen 70. Geburtstag feiern. Denn sein Geburtsdatum ist bekanntlich der 29. Februar 1952. Aufgrund von Corona mussten die offiziellen Feierlichkeiten, angesetzt im großen Festsaal der Arbeiterkammer in Graz, mehrmals verschoben werden - nun auf Anfang Mai. Und damit auch Schützenhöfers Ankündigung, zu welchem Zeitpunkt er zurücktreten wird. Beobachter gehen davon aus, dass er dies bereits anlässlich der offiziellen Geburtstagsfeier tun wird und noch in diesem Jahr der Landtag Christopher Drexler zu seinem Nachfolger wählen wird.
Es war der 2. Oktober 2005. An diesem Tag wurde der steirische Landtag gewählt. Spitzenkandidatin für die ÖVP: Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic. Sie hatte fünf Jahre zuvor - im Jahr 2000 - einen fulminanten Wahlsieg für die ÖVP gelandet und war damit die erste Landeshauptfrau der Steiermark. Selbst legte sie aber Wert auf die seltsam klingende Anrede "Frau Landeshauptmann". Nur wenige Wochen später, am 27. Oktober 2005, stand ihr 60. Geburtstag an. Das Land und die ÖVP wollten sie als neuerliche Wahlsiegerin groß feiern. Doch daraus wurde nichts. Waltraud Klasnic erlebte am 2. Oktober 2005 bei der Wahl den ganz tiefen Fall. Der Wahlsonntag wurde für sie und die steirische ÖVP zum Debakel. Erstmals verlor die steirische Volkspartei die Mehrheit in der Steiermark und damit auch den Landeshauptmann. Zu ihrem Nachfolger wählten die Steirer Franz Voves. Er kam als erster Sozialdemokrat in das Amt des steirischen Landeshauptmannes. Klasnic musste damit unfreiwillig in die Polit-Pension.
Die erfolgsverwöhnte steirische ÖVP war in Schockstarre. Hermann Schützenhöfer durfte gleichsam als Notlösung die ÖVP übernehmen und wurde zum Landeshauptmann-Stellvertreter gewählt. Fünf Jahre hindurch bekämpfte Hermann Schützenhöfer mit Christopher Drexler als Klubobmann an seiner Seite, mit aller Vehemenz Franz Voves und die steirische SPÖ. Die Auseinandersetzungen waren knallhart. Die ÖVP drohte Franz Voves wegen dubioser Förderungsgelder für die obersteirische Gemeinde Fohnsdorf und deren Thermenbau sogar mit einer Anklage bei der Staatsanwaltschaft.
Schützenhöfer verlor mit der ÖVP auch die Landtagswahl im Jahr 2010 gegen Franz Voves und seine SPÖ. Und über Nacht dann der Knalleffekt: Bei mehreren Glas Wein einigten einander die erbitterten Kontrahenten auf eine Reformpartnerschaft. Damit war die SPÖ-Voves-ÖVP-Schützenhöfer-Koalition beschlossen. In den Jahren darauf kam es zur großen Gemeindezusammenlegung in der Steiermark von knapp 600 auf 286. Die Koalition feierte die Gemeindefusion als großen politischen Erfolg. Die steirischen Wähler sahen das nicht so:
Franz Voves und Hermann Schützenhöfer verloren bei der Wahl am 31. Mai 2015 gehörig an Stimmen. Dennoch blieb Voves knapp vor seinem Koalitionspartner Hermann Schützenhöfer der Gewinner der Wahl. Alle Beobachter rechneten mit einer Fortführung der Koalition in der Reihenfolge mit Franz Voves als Landeshauptmann und Hermann Schützenhöfer als Landeshauptmann-Stellvertreter. Doch dann wohl ein bisher einmaliger und einsamer Schritt von Franz Voves. Diesen "Verrat" hat ihm seine Partei bis heute nicht verziehen. Er überließ praktisch kampflos seinem zum Freund gewordenen Hermann Schützenhöfer das Amt des Landeshauptmannes und begab sich in die Polit-Pension. Ohne dieses "Geschenk" an Schützenhöfer wäre dieser als steirischer ÖVP-Parteichef wahrscheinlich Geschichte gewesen. Bei mehreren Auftritten anlässlich seines Abschieds umarmten einander Schützenhöfer und Voves innig und unter Tränen.
Anstelle von Franz Voves übernahm dessen früherer Sekretär Michael Schickhofer die steirische SPÖ und wurde auch zum 1. Landeshauptmann-Stellvertreter gewählt. Wiewohl die SPÖ noch immer stimmenstärkste Partei war, verlor sie ihre führende Rolle. Schickhofer, politisch nahezu unerfahren, wurde vom Routinier Hermann Schützenhöfer - bei allen Beteuerungen auf die tolle Koalition - politisch an die Wand gespielt. Trotz Handschlag - "es gibt keine Vorverlegung der Wahl ohne deine Zustimmung" - entschied sich Schützenhöfer dafür. Und damit gegen Schickhofer. Schützenhöfer nützte den Sog der Wahlerfolge von Sebastian Kurz und verlegte die Wahl auf den 24. November 2019.
All die Jahrzehnte davor konnte Schützenhöfer bei keiner einzigen Wahl als Sieger hervorgehen, bei der er Spitzenkandidat gewesen war. Nur am 24. November 2019 durfte er strahlen: Die ÖVP konnte mit ihm den Landeshauptmann bei Wahlen wieder zurück gewinnen. Niemand hat zu diesem Zeitpunkt noch geahnt, dass Corona im März 2020 die große Zeitenwende brachte. Die Landtagswahl hätte ursprünglich erst im Mai 2020 über die Bühne gehen sollen ...
Mit Christopher Drexler steht jetzt Schützenhöfers Nachfolger praktisch schon fest. Da bis zum Mai die Pandemie keine wirkliche Rolle mehr spielen wird, dürfte es für Schützenhöfer ein Leichtes sein, den Kommandostand in der Grazer Burg und seine Funktion als Parteiobmann an den 51-jährigen Christopher Drexler zu übergeben. Dieser ist im Schlepptau von Schützenhöfer und mit dessen Förderung ihm auf der Karriereleiter im ÖAAB von Stufe zu Stufe gefolgt. Drexler hat damit sein Wunschziel erreicht. Er wird künftig beweisen müssen, dass er "nicht nur Landeshauptmann", sondern auch steirische Wähler überzeugen kann.
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