Sie bieten Kickl, Kunasek und Co. die Stirn

Der Korruptionsfreie Gemeinderatsklub in Graz, Ex-Langzeitfunktionäre der FPÖ Claudia Schönbacher, Alexis Pascuttini und ihr Team erlebten es – nichts davon ist wahr: „Euer Wille geschehe“ „Er ist der Einzige auf Eurer Seite“

KLIPP trifft Claudia Schönbacher, die ehemalige Obfrau der Grazer FPÖ und nunmehrige Chefin des Korruptionsfreien Gemeinderatsklubs in Graz, in ihrem Stadtrat-Büro im Rathaus. Sie sitzt seit dem Wahlsieg von KPÖ-Chefin Elke Kahr im September 2021 dort, wo die heutige Bürgermeisterin über Jahre arbeitete. Man gelangt durch den Rathaus-Innenhof, am Gastgarten des Café Sacher vorbei, über eine Hinterstiege dorthin. Grundsätzlich kein schlechtes Omen für ein längeres, politisches Überleben also.

Das, was Claudia Schönbacher in den letzten zweieinhalb Jahren in der sogenannten freiheitlichen Partei, sanktioniert von Landesparteichef Mario Kunsek und Bundesparteiobmann Herbert Kickl sanktioniert, mit parteiinternen Kritikern umgehen. Nach dem überstürzten Rücktritt ihres Vorgängers Mario Eustacchio im Herbst 2021 aufgrund der Enthüllungen über den Missbrauchsverdacht von 1,8 Millionen Euro Klubgeldern – also Steuermittel – wurde Claudia Schönbacher auf einem Ordentlichen Parteitag zur Nachfolgerin gewählt. Mit einer soliden Mehrheit als Rückendeckung.

Sie und der neue Klubobmann Alexis Pascuttini mussten beide rasch erfahren, dass Kickls nunmehriges Wahlversprechen „Euer Wille geschehe“, salopp gesagt, eine Lüge ist. Als die blauen Rebellen Schönbacher und Pascuttini mit ihrem Team eine transparente, lückenlose Aufklärung forderten, auch parteiintern davon nicht abrückten – wohlgemerkt als FPÖ-Mandatare und -Funktionäre –, schloss die Landesparteileitung (Vorstand) sämtliche blaue Rebellen blitzartig aus der Partei aus. Und auch Bundesparteiobmann Herbert Kickl unterschrieb das Vorgehen der Steirer-FPÖ.

Der Auslöser: Der Korruptionsfreie Gemeinderatsklub (KFG) widersetzte sich dem Ansinnen von Mario Kunasek und seinen Getreuen, den erst kürzlich verurteilten ehemaligen Gemeinderat Roland Lohr – „er war ein Mitwisser“ (KFG) der alten Garde – in ihren neuen Klub aufzunehmen. Ex-Gemeinderat L., der sonderbarerweise vor Monaten seinen Platz für eine Wiederkehr von Mario Eustacchio in den Gemeinderat freimachte (warum auch immer), erhielt kürzlich wegen Kindesmissbrauchsmaterials eine bedingte Haftstrafe von sechs Monaten (noch nicht rechtskräftig).

Claudia Schönbacher: „Wir fühlen uns bestätigt in unserer Haltung, obwohl es sehr traurig ist, welche Dinge da aufkommen. Man kennt die Menschen über Jahre und denkt vorerst positiv über sie. Und es war für uns in den letzten Monaten frustrierend, wenn man an der Wahrheit arbeitet und man das Gefühl hat, es interessiert gar niemanden. Auch die politischen Mitbewerber nicht. Es gab mit dem Ex-Kollegen mehrere Gespräche, in denen dieser andeutete, mit seinem Wissen und den Verweis auf die Landes-FPÖ könnten auch noch andere Köpfe rollen.“

Mario Kunasek, sein Statthalter Stefan Hermann und der Ex-Funktionär und Geschäftsführer der Grazer FPÖ Axel Kassegger beschworen sie vergeblich, Lohr müsse in der blauen Familie bleiben. Das war der Auftrag an Claudia Schönbacher und ihre engsten Mitarbeiter. Sie: „Ich war 15 Jahre lang in der FPÖ, hab’ so manchen Kompromiss mitgetragen. Man gewinnt ja auch Freunde. Es war sehr schlimm.“

Im Frühjahr 2022 erhöhte die Landespartei den Druck noch einmal. „Man wollte mich nervlich fertig machen, bis ich die Sache hinwerfe und aufgebe.“ Als Parteiobfrau hatte sie im November 2021 auch die Kontrolle über die Finanzen mit übernommen. Durch mehrmalige Anträge ihres Geschäftsführers (einem Anhänger von Eustacchio, Kunasek und Co.) wollte man ihr die Finanzen aus der Hand nehmen. „Ich halte ja auch den Kopf hin“, argumentierte Schönbacher und konnte so die Mehrheit der Funktionäre auf ihre Seite bringen.

Als die Landespartei merkte, sie stießen bei Schönbacher und Pascuttini mit ihren Forderungen auf Granit, folgte, wie bereits erwähnt, dann der Ausschluss. Das war Ende September 2022. „Mir ging es klarerweise nicht sehr gut aufgrund dieses gewaltigen Drucks“, gibt sie zu. Man habe auch gegen den Parteiausschluss keine Rechtsmittel gesetzt – wissend, dass dies nur wiederum viel Energie gekostet hätte und bei der Arbeit draußen bei den Wählern nicht gut gewesen wäre. „Wir spüren durch unsere Aktivitäten in den Bezirken“ – Schönbacher ist auch für den Tierschutz in der Stadt verantwortlich – „viel Interesse. Die Menschen kommen auf uns zu und ich denke, sie spüren, dass wir glaubwürdig ihre Anliegen entgegennehmen und auch versuchen, für sie Dinge zu erreichen.“

„Wir sind eine neue Bürgerliste und unsere Möglichkeiten sind sehr begrenzt“, bleibt Claudia Schönbacher am Boden. „Es geht uns um Graz, um die Grazer:innen. Daher hätte es keinen Sinn gemacht, bei den Nationalratswahlen am 29. September mitmischen zu wollen. Aber: Bei der Landtagswahl am 24. November werden wir in Graz und Graz-Umgebung als Bürgerliste antreten und hoffen, dort ein Grundmandat zu schaffen.“

Die „Euer Wille geschehe“-Partei von Herbert Kickl dürfte dem blauen Wähler-Willen in Graz bei der Landtagswahl mit Sorge entgegen sehen.