„Man kann das als Stimmenkauf sehen“

ÖVP-Stadtrat Günter Riegler wegen Direktzahlungen von KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr in den Amtsräumen.

Bis zum Wahldebakel am 24. September 2021 war es die Grazer ÖVP von Siegfried Nagl, die im Rathaus mit absoluter Mehrheit regierte. Nagl ist Geschichte. Heute sitzen Kurt Hohensinner, der neue ÖVP-Chef, und Stadtrat Günter Riegler auf der ungewohnten Oppositionsbank. „Ein Absturz, den niemand vorausgesehen hat“, so Günter Riegler, einst mächtiger Finanzstadtrat. Die ÖVP muss sich neu erfinden.

Nicht erfunden ist der Auszug aus einem KLIPP-Gespräch mit Günter Riegler im Jahr 2018, also vor vier Jahren. Riegler auf die Frage: „Was halten Sie von der KPÖ?“ „Also ich finde die Kommunisten im Rathaus authentisch und sympathisch.“ (Sein Pressesprecher erschrickt) Und Günter Rieglers Erklärung dafür: „Die Kommunisten kümmern sich um Benachteiligte und ihr Engagement ist echt.“ Darauf gab es heftige Kritik in seiner ÖVP und vom damaligen Koalitionspartner FPÖ.

Daher die Frage an ihn im Mai 2022: Ist das noch so?

Riegler kurz und bündig: „Zu diesem Satz stehe ich nach wie vor.“ Dann folgt aber ein erklärendes, einschränkendes ABER: Die KPÖ habe mit Elke Kahr zu Nagls Zeiten in der Stadtregierung, aber auch im Gemeinderat, aus einer Logik der Unzufriedenheit-Schaffung gegen alles gestimmt. Sogar auch dort, wo es um mehr Geld für die Ressorts und Mittel der KPÖ gegangen ist.

„Und wenn die KPÖ Geld-Geschenke in Amtsräumen abwickelt, dann ist das politisch hoch problematisch und abzulehnen.“ In Österreich gäbe es, so Riegler, „für Benachteiligte von der Mindestsicherung bis zur Gratis-Kinderbetreuung und besonderen sozialen Hilfen ein vorzeigbares soziales Netzwerk. Was ich nie gut gefunden habe, wenn die Kommunisten damit Politik machen, dass sie Hunderter verschenken an Leute, aus ihrem privaten Gehalt.“

Frage: Sie spenden ja auch selbst privat aus humanitären Gründen.

Riegler: „Der feine Unterschied ist der: Wenn ich aus meinem Einkommen der Caritas, dem Kinderdorf oder wem immer etwas spende, dann mache ich das als Günter Riegler, überweise das und verbinde das überhaupt nicht mit meinem Amt. Der Unterschied ist aber hier, dass die Kommunisten die Leute zu sich ins Rathaus einladen, früher ins Büro von der Frau Stadträtin Kahr, jetzt ins Büro der Bürgermeisterin Kahr. Und was sie zugeben, aber auch öffentlich kundtun. Das weiß jeder in Graz. Wenn er irgendeine finanzielle Notlage hat, geht er zur Frau Kahr und holt sich dort ein Geld. Und das ist hoch problematisch, weil damit eine Verknüpfung zwischen einer politischen Funktion und der Zahlung entsteht. Wir erinnern uns alle an die Fotos, wo der Haider den Müttern und kleinen Kindern Geld in die Hand gegeben hat.“

Und jetzt wird er unmissverständlich: „Man könnte es auch als Stimmenkauf sehen, wenn man als Amtsträger in seinen Amtsräumen Geld verteilt.“

Spenden müsse eine Privatsache sein, wenn es vom eigenen Einkommen geschieht. Und das sei gut und richtig so. Aber nicht unter dem Aspekt: „Ich helfe Ihnen, kommen’s zu mir.“ Um dann auch noch öffentlichkeitswirksam zu sagen: „Kommt’s zu uns, wir sind die Einzigen, die euch helfen.“

Auszug aus dem Gespräch mit Günter Riegler (Audio):

Tut er sich jetzt schwerer mit Elke Kahr als Bürgermeisterin als früher?

Riegler: „Ich kenne die Elke Kahr seit 2004, weil ich war damals Rechnungshofdirektor und sie war damals Gemeinderätin. Ich kenne sie also seit ewigen Zeiten. Und mein Bild von ihr hat sich nicht verändert. Ich freue mich, wenn ich sie sehe. Wir grüßen uns freundlich.“

Was aber Riegler allerdings immer öfters erlebt - bei für ihn und die ÖVP wichtigen Themen: Elke Kahr sagt dann: „Wenn‘s nach mir geht, gern, aber ich muss erst die anderen fragen.“ Und einige Tage später heißt es dann: „Leider, die Grünen haben nein gesagt.“ Riegler glaubt: „Ich merke, dass sie sehr geschickt dieses Spiel spielt. Sie selbst bleibt die Nette und Freundliche.“

Riegler, von der Ausbildung Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, hat natürlich als Ex-Finanzstadtrat seine Bedenken, was die künftige wirtschaftliche Entwicklung der Stadt angeht. „Eine gute Standortpolitik für die Entwicklung von Graz setzt sich ja aus Entscheidungen zusammen, die über Jahre hinweg getroffen werden müssen. Dass man Geld herein bekommt für wichtige Infrastrukturprojekte. Der gesamte MedUni-Campus ist ein Beispiel dafür. „Meine Sorge ist, dass Graz in fünf, sechs, sieben Jahren schlechter dasteht.“

Und wie sieht Riegler die Chancen, die ÖVP wieder in Regierungsverantwortung im Grazer Rathaus zu bringen? „Ich bin zuversichtlich, dass wir wieder bei der nächsten Wahl zur Nummer 1 werden. Natürlich gibt es dazu auch einen Plan
und nicht nur den Wunsch. Wir müssen eine glaubwürdige Rückholaktion für jene Wähler schaffen, die im Vorjahr bei der letzten Wahl nicht zur Wahl gegangen sind.“

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